nicht rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld. Nebeneinkünfte. Einkommensbegriff. Ansparabschreibung. Sonderabschreibung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Wegen der seit 1995 geltenden vollen Identität zwischen Steuer- und Sozialversicherungsrecht ist im Rahmen der „allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften” nach § 15 Abs. 1 S. 1 SGB IV auf die Begriffsbestimmungen des Steuerrechts zurückzugreifen.

2. Wegen der echten Drittbindungswirkung der steuerrechtlichen Bewertung von Arbeitseinkommen nach § 15 Abs. 1 S. 2 SGB IV sind spezifisch sozialversicherungsrechtliche Bewertungen unzulässig. Ist eine Rücklage wegen fehlender Investition in vollem Umfang nach § 7g Abs. 4 S. 2 EStG zwingend gewinnerhöhend aufzulösen, ist dies als Arbeitseinkommen zu berücksichtigen.

 

Normenkette

SGB III § 141; SGB X § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3, § 50; SGB IV § 15; EStG §§ 7, 2 Abs. 2

 

Verfahrensgang

SG Detmold (Entscheidung vom 12.11.2004; Aktenzeichen S 4 AL 36/04)

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 05.09.2006; Aktenzeichen B 7a AL 38/05 R)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Detmold vom 12.11.2004 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Tatbestand:

Angefochten ist die teilweise Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg).

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 29.11.2002 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 27.02.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.03.2004 hob die Beklagte ihre Entscheidung über die Bewilligung von Alg für die Zeit vom 07.02. bis 31.12.2001 teilweise auf. Der Kläger habe während dieser Zeit Nebeneinkünfte in Höhe von DM 18154,69 (Euro 9282,35) erzielt, die gemäß § 141 Drittes Buch Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung (SGB III) auf das Arbeitslosengeld anzurechnen seien. Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) werde die Bewilligung mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse insoweit aufgehoben. Die Erstattungspflicht ergebe sich aus § 50 Abs. 1 SGB X.

Mit seiner hiergegen am 23.03.2004 erhobenen Klage macht der Kläger, wie auch schon zuvor mit seinem Widerspruch vom 05.12.2002, geltend, die Beklagte dürfe nicht die in seinem Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2001 ausgewiesenen Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von insgesamt DM 28779,00 berücksichtigen. Dass der Einkommenssteuerbescheid Einkünfte in dieser Höhe und danach ein für die Berechnung der Einkommenssteuer maßgebliches Einkommen von DM 18495,00 aufweise, beruhe auf dem Umstand, dass er sich am 27.01.2002 dazu entschieden habe, eine im Jahr 1999 gebildete Ansparabschreibung in Höhe eines Betrages von DM 20.000,- sowie eine im Jahr 2000 gebildete Ansparabschreibung in Höhe eines Betrages von DM 5.000,-, mithin eines Gesamtbetrages an Sonderabschreibung von DM 25.000,-, aufzulösen. Diese Sonderabschreibungen dienten dazu, Steuervorteile zu erlangen, obwohl die Investitionen noch nicht getätigt worden seien. Für den Fall, dass diese nicht getätigt würden oder werden sollten, müsse die Ansparabschreibung wieder aufgelöst werden mit der Folge, dass der Betrag für die aufgelöste Ansparabschreibung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Einkommenssteuerbescheid auftauchten. Der Kläger habe vor Auflösung der Ansparabschreibung sich bei Herrn B im Arbeitsamt I am 13.12.2001 danach erkundigt, ob eine etwaige Auflösung der Ansparabschreibung zu Einbußen im Bezug auf seinen Arbeitslosenanspruch führen könnte. Dies habe der Sachbearbeiter B verneint.

Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 29.11.2002 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 27.02.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.03.2004 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat weiterhin an ihrer schon im Verwaltungsverfahren vertretenen Auffassung festgehalten, die eingereichte Einnahmen- Ausgaben- Rechnung für das Jahr 2001 weise einen Gewinn von DM 25557,85 (Euro 11553,65). Daraus ergebe sich ein Anrechnungsbetrag von insgesamt DM 18154,69 (Euro 9282,35) aus. In Höhe dieses Anrechnungsbetrages sei die Bewilligungsentscheidung aufzuheben gewesen.

Mit Gerichtsbescheid vom 12.01.2004 hat das Sozialgericht - nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 105 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) - die Klage abgewiesen. Die angefochtene Entscheidung sei rechtmäßig. Die Anrechnung von Nebeneinkommen erfasse gemäß § 141 Abs. 1 Satz 2 SGB III auch Einkommen aus selbständiger Tätigkeit. Dabei sei das Einkommen aus selbständiger Tätigkeit nach § 15 Viertes Buch Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV) zu bestimmen. Arbeitseinkommen sei danach der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommenssteuerrechtes ermittelte Gewinn aus einer selbständigen Tätigkeit oder aus einem Gewerbebetrieb. Die vom Kläger aufgelösten Ansparabschreibungen seien in der endgültigen Einnahmen- Ausgaben- R...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge