Entscheidungsstichwort (Thema)

Beendigung der Arbeitslosenhilfe zum 1. 1. 2005

 

Orientierungssatz

1. Die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe zum 1. 1. 2005 ist verfassungsgemäß. Der Anspruch auf Arbeitslosenhilfe nach dem SGB 3 unterfiel nicht der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG, weil sie nicht auf eigener Beitragszahlung beruhte, sondern aus Steuermitteln finanziert wurde.

2. Die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe verstößt nicht gegen das Rückwirkungsverbot. Die Interessen des Leistungsempfängers am Fortbezug von Leistungen in Höhe der früheren Arbeitslosenhilfe haben keinen Vorrang vor den Belangen der Allgemeinheit. Der Betroffene hatte durch die Vorlaufzeit zwischen Verkündung des SGB 2 vom 24. 12. 2003 und dem Inkrafttreten am 1. 1. 2005 ausreichend Zeit, seine Lebensführung auf die neue Rechtslage einzustellen.

3. § 428 SGB 3 konnte allenfalls ein Vertrauen darauf erzeugen, bis zur Altersrente von der Leistungsvoraussetzung der Arbeitsbereitschaft entlastet zu werden. Eine Garantie unveränderter Leistungsfortzahlung nach Dauer und Höhe war damit nicht verbunden.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 18.11.2005 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt höhere Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum von Januar bis einschließlich Juni 2005.

Die Klägerin ist im September 1944 geboren. Sie erhielt bis zum 07.02.2002 Arbeitslosengeld und anschließend Arbeitslosenhilfe, zuletzt in Höhe von 181,58 EUR wöchentlich (entsprechend monatlich 786,85 EUR). Im Januar 2002 gab die Klägerin gegenüber der Bundesagentur für Arbeit die Erklärung ab, dass sie Arbeitslosenhilfe unter den erleichterten Voraussetzungen des § 428 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) beziehen wolle.

Die Klägerin beantragte im September 2004 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Diese bewilligte der Klägerin mit Bescheid vom 23.11.2004 für die Zeit vom 01.01.2005 bis zum 30.06.2005 Leistungen in Höhe von monatlich 534,41 EUR. Der Leistungsbetrag setzte sich aus der Regelleistung in Höhe von 345,00 EUR und den Kosten für Unterkunft und Heizung von insgesamt 189,41 EUR zusammen. Unter dem 15.01.2005 legte die Klägerin gegen diesen Bewilligungsbescheid Widerspruch ein. Zur Begründung trug sie vor, dass sie Leistungen der Arbeitslosenhilfe unter den erleichterten Voraussetzungen des § 428 SGB III bezogen habe. Es sei ihr von der Bundesagentur für Arbeit ausdrücklich zugesichert worden, dass sie Arbeitslosengeld/Arbeitslosenhilfe bis zum Bezug einer abschlagsfreien Altersrente beziehen könne. Durch die Einführung von Arbeitslosengeld II zum 01.01.2005 werde ihr diesbezügliches Vertrauen enttäuscht. Der neue Leistungsanspruch des Arbeitslosengeldes II liege unter der bisherigen Leistungshöhe der Arbeitslosenhilfe. Sie beantrage die Weitergewährung der ihr bis zum 31.12.2004 zugestandenen Leistungen. Die vom Gesetzgeber bewirkte Abschaffung der Arbeitslosenhilfe verletze den aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleiteten allgemeinen Vertrauensschutz (Artikel 20 Grundgesetz - GG -) sowie den Eigentumsschutz (Artikel 14 GG).

Die Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 02.08.2005 als unbegründet zurück.

Die Klägerin hat am 26.08.2005 Klage erhoben. Zur Begründung hat sie noch einmal ihre Auffassung vertieft, dass sie auf den Fortbestand der Regelung des § 428 SGB III vertraut habe. Da die Arbeitslosenhilfe am vorbezogenen Einkommen orientiert gewesen sei, habe sie der Sicherung der sozialen Stellung gedient, was durch das SGB II nicht mehr erreicht werden könne, da sich die Leistungen nicht am letzten Einkommen, sondern am Bedarf orientierten. Zudem handele es sich bei der gemäß § 428 SGB III getroffenen Vereinbarung um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag. An diesem müsse sich die Beklagte festhalten lassen.

Die Klägerin hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 23.11.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.08.2005 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab dem 01.01.2005 weiterhin Leistungen in Höhe der zuletzt bezogenen Arbeitslosenhilfe entsprechend den bis zum 31.12.2004 geltenden Vorschriften über den Bezug von Arbeitslosenhilfe zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat ihre Auffassung vertieft, dass der angefochtene Bescheid rechtmäßig sei, und zur Begründung auf die bis dahin ergangene sozialgerichtliche Rechtsprechung verwiesen, die ihre Auffassung stütze.

Mit Urteil vom 18.11.2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Entscheidung des Gesetzgebers, die Vorschriften über die Arbeitslosenhilfe aufzuheben, nicht bestünden. Der Wegfall der Arbeitslosenhilfe begegne auch im Hinblick auf den Eige...

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