Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld. Erstattungspflicht des Arbeitgebers. Beschäftigungsverhältnis beim Arbeitgeber iS § 128 Abs 1 S 1 AFG. GmbH-Geschäftsführer. Aufhebungsvertrag. besondere Verantwortung des Arbeitgebers. Befreiungstatbestand. anderweitiger Sozialleistungsanspruch. Anspruch aus befreiender Lebensversicherung

 

Orientierungssatz

1. Ein alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer einer GmbH mit monatlich festem Gehalt neben einer Beteiligung am Rentabilitätsüberschuß stand in einem Beschäftigungsverhältnis bei einem Arbeitgeber iS von § 128 Abs 1 S 1 AFG, wenn er am Kapital der Gesellschaft nicht beteiligt war, keinen maßgeblichen Einfluß auf die Geschäftspolitik der GmbH und kein Unternehmerrisiko zu tragen hatte, seine festen Gehaltsbestandteile so hoch waren, daß eine überwiegend erfolgsabhängige Arbeit nicht ausgeführt wurde, und aufgrund des Anstellungsvertrags Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge abgeführt wurden.

2. Auch wenn das Ende des Arbeitsverhältnisses durch Aufhebungsvereinbarung vor den ursprünglich durch Kündigung bestimmten Endzeitpunkt verlegt worden ist, ist darin keine rechtsmißbräuchliche Gestaltung zu Lasten der Bundesanstalt für Arbeit zu sehen (vgl BSG vom 14.7.1994 - 7 RAr 104/93 = SozR 3-4100 § 117 Nr 11).

3. Die Leistung aus einer befreienden Lebensversicherung ist keine der Altersrente ähnliche Leistung öffentlich-rechtlicher Art iS von § 118 Abs 1 S 1 Nr 4 AFG, weil sie nicht von einem öffentlich-rechtlichen Träger, sondern von einer privaten Versicherungsgesellschaft erbracht wird (vgl BSG vom 9.11.1983 - 7 RAr 58/82 = SozR 4100 § 118 Nr 12).

4. Auch wenn das BVerfG bei der Beurteilung der besonderen Verantwortungsbeziehung als Voraussetzung der Erstattungspflicht nach § 128 AFG den langjährigen Beitrag des Arbeitgeber zur sozialen Sicherung des Arbeitnehmers nicht außer Acht gelassen hat (vgl BVerfG vom 23.1.1990 - 1 BvL 44/86 = SozR 3-4100 § 128 Nr 1) und die vom Arbeitgeber geleisteten Zuschüsse zu den Aufwendungen des Arbeitnehmers für eine befreiende Lebensversicherung dem sonst zu erbringenden Arbeitgeberbeitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung gleichzustellen sind, entfällt die Erstattungspflicht nach § 128 Abs 1 S 2 Alt 2 AFG nur, wenn der Arbeitnehmer die Voraussetzungen für eine andere Sozialleistung erfüllt, die zum Ruhen oder Entfallen des Arbeitslosengeldanspruchs führt. Dies ist bei Zuerkennung von Leistungen aus einer befreienden Lebensversicherung nicht der Fall.

5. Die vom BSG zu § 2 Abs 2 VRG entwickelten Grundsätze (vgl BSG vom 31.10.1991 - 7 RAr 84/90 = SozR 3-7825 § 5 Nr 2) können nicht auf die Regelung nach § 128 Abs 1 S 2 Alt 2 AFG übertragen werden.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 22.03.2001; Aktenzeichen B 11 AL 70/00 R)

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zur Erstattung von Arbeitslosengeld sowie Kranken- und Rentenversicherungsbeiträgen in Höhe von insgesamt 71.971,67 DM, welche die Beklagte für den früheren Geschäftsführer ... S ... der G & Co. Organisationsgesellschaft mbH B, die inzwischen unter der Firma G-Konzern B GmbH geführt wird, aufgewendet hat.

Der im Dezember 1931 geborene S. war seit Mitte 1957 bei der Klägerin stellvertretender Geschäftsführer und ab Ende 1979 alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer ohne Kapitalbeteiligung. Ihm wurde zunächst durch Schreiben vom 22.12.1992 fristgerecht (gemäß Nachtrag vom 23.09.1983 zum Anstellungsvertrag) zum 31.12.1994 gekündigt. Mit Wirkung zum 31.12.1992 widerrief die Arbeitgeberin die Bestellung des S. zum Geschäftsführer und entband ihn von seinen Dienstleistungspflichten. Am 22.01.1993 schlossen S. und seine Arbeitgeberin einen Aufhebungsvertrag. Danach endete das Dienstverhältnis zum 31.12.1992 gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von 550.000 DM brutto. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Vertrages Bezug genommen. S. bezog für die Zeit vom 25.06.1993 bis zum 31.12.1994 Arbeitslosengeld (Leistungssatz wöchentlich 681,60 DM bis 31.12.1993 und 666 DM bis 31.12.1994; Arbeitsentgelt 2000 DM wöchentlich, Leistungsgruppe C, Kindermerkmal 0). Für den Monat Januar 1995 erhielt S. Altersrente für langjährig Versicherte gemäß § 36 SGB VI (Zahlbetrag monatlich 1.158,51 DM) sowie eine Betriebsrente von der Versorgungskasse des G-Konzerns (monatlich 9.450 DM brutto). Der Rentenversicherungsträger stellte die Rentenzahlung mit Ablauf des 31.01.1995 ein, nachdem S. den Rentenantrag zurückgenommen hatte. In der Folgezeit bewilligte die Beklagte ihm erneut Arbeitslosengeld bis zur Erschöpfung des Anspruchs am 29.12.1995. S., der seit 1968 von der Rentenversicherungspflicht befreit war, hatte eine sog. befreiende Lebensversicherung bei der G-Konzern Lebensversicherungs AG abgeschlossen. Der Kapitalbetrag der Versicherung war in der Zeit bis zum 31.12.1994 nicht fällig.

Die Beklagte verlangte, nachdem sie zunächst gegen andere Konzerngesellschaften im Jahre 1994 erteilte Erstattungsbescheide aufgehoben hatte, von der Klägerin erstmals mit sog. Grun...

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