Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit bei einem Verkaufsberater

 

Orientierungssatz

1. Bei der Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit ist von Ersterer auszugehen, wenn die Tätigkeit in einem Arbeitsverhältnis unter einer Weisungsgebundenheit verrichtet wird und eine Eingliederung in einen fremden Betrieb vorliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit durch das eigene Unternehmerrisiko, eine eigene Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet.

2. Ist ein Verkaufsberater auf Abruf aus unbezahlter Freizeit gegen ein monatlich vereinbartes Pauschalhonorar tätig, ist er dabei den Weisungen seines Auftraggebers unterworfen, ist er in dessen Arbeitsorganisation eingegliedert, hat er seine Arbeit in einem vereinbarten Zeitraum höchstpersönlich zu leisten und unterliegt er keinem unternehmerischen Risiko, so ist von dem Bestehen einer abhängigen Beschäftigung auszugehen.

3. Demgegenüber begründet das Fehlen eines Entgeltfortzahlungsanspruchs im Krankheitsfall und eines Anspruchs auf bezahlten Urlaub nicht die Annahme einer selbständigen Tätigkeit, ebensowenig die Anmeldung eines Gewerbes durch den Betroffenen.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 30.01.2015 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten im Berufungsrechtszug mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 21.903,44 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Betriebsprüfungsbescheides der Beklagten, mit welchem diese von der Klägerin Beiträge zur Sozialversicherung i.H.v. 21.903,44 Euro nachfordert.

Die Klägerin, eine GmbH & Co. KG, betreibt ein Fachgeschäft für Braut- und Festmoden mit verschiedenen Filialen in Deutschland. Sie ist in das Handelsregister des Amtsgerichts (AG) Köln (HRA 000) eingetragen. Kommanditistin ist Frau F, Komplementärin die G Verwaltungs-GmbH (AG Köln, HRB 000), deren Geschäftsführerin ebenfalls Frau F ist. Die Klägerin wurde als übernehmender Rechtsträger Rechtsnachfolgerin im Wege der Umwandlung durch Ausgliederung des Vermögens des Einzelunternehmens D Braut- und Festmoden e.K. (AG Köln, HRA 000), welches am 25.8.2011 im Handelsregister gelöscht wurde.

Am 1.2.2008 schlossen die Rechtsvorgängerin der Klägerin und der Beigeladene zu 1), der als Typ- und Stilberater tätig ist, einen "Vertrag über freie Mitarbeit" (VfM), in dem es u.a. wie folgt heißt und auf den im Übrigen Bezug genommen wird:

"§ 1 Tätigkeit

Der freie Mitarbeiter wird ab dem 1.2.2007 die Aufgaben eines Verkaufsberaters mit folgenden Tätigkeiten übernehmen: Präsentation und Verkauf von Herrenmoden.

§ 2 Weisungsfreiheit

Der Mitarbeiter unterliegt bei der Durchführung der übertragenen Tätigkeiten keinen Weisungen des Auftraggebers. Gegenüber den anderen Angestellten der Firma hat der freie Mitarbeiter keine Weisungsbefugnis.

§ 3 Arbeitsaufwand/Betriebliche Anwesenheit

Art und Umfang der den freien Mitarbeiter nach § 1 übertragenen Aufgaben machen eine betriebliche Anwesenheit von 3 Tagen pro Woche erforderlich.

§ 4 Arbeitszeit/Konkurrenz/Verschwiegenheit

Im Übrigen unterliegt der freie Mitarbeiter in der Ausgestaltung seiner Arbeitszeit keinen Einschränkungen. Der freie Mitarbeiter darf auch für andere Auftraggeber tätig sein, mit der Ausnahme unmittelbarer Konkurrenzfirmen. [ ...].

§ 5 Vergütung

Als Vergütung wird ein monatliches Pauschalhonorar von Euro 864,- zuzüglich der jeweiligen gesetzlichen Mehrwertsteuer vereinbart. Grundlage für dieses Honorar ist ein durchschnittlicher Zeitaufwand von 96 Stunden im Monat. Wird dieser Zeitaufwand durch die Übernahme zusätzlicher Aufgaben nachweislich überschritten, erhält der freie Mitarbeiter für jede weitere Arbeitsstunde ein Honorar von Euro 9,- (zuzüglich jeweiliger gesetzlicher Mehrwertsteuer).

Zu dem vereinbarten Pauschalhonorar wird eine Verkaufsprovision, gemessen an dem Verkaufserfolg, ausgezahlt.

Der freie Mitarbeiter verpflichtet sich, zusätzlich geleistete Arbeitsstunden innerhalb von 1 Monat nach Anfall abzurechnen.

§ 6 Sonstige Ansprüche/Versteuerung

Mit der Zahlung der in § 5 vereinbarten Vergütung sind alle Ansprüche des freien Mitarbeiters gegen den Auftraggeber aus diesem Vertrag erfüllt. Für die Versteuerung der Vergütung hat der freie Mitarbeiter selbst zu sorgen.

§ 7 Fälligkeit

Das vereinbarte Pauschalhonorar wird jeweils zum Monatsende und nach Rechnungsstellung fällig. [ ...]

§ 8 Ausschlussklausel [ ...]

§ 9 Kündigung [ ...]

§ 10 Sonstiges

Von der Möglichkeit des Abschlusses eines Anstellungsvertrages ist in Anwendung des Grundsatzes der Vertragsfreiheit bewusst kein Gebrauch gemacht worden. Eine Umgehung arbeitsrechtlicher oder arbeitsgesetzlicher Schutzvorschriften ist nicht beabsichtigt. Dem freien Mitarbeiter soll vielmehr die...

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