Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit bei einem Dozenten

 

Orientierungssatz

1. Bei der Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit ist von Ersterer auszugehen, wenn die Tätigkeit in einem Arbeitsverhältnis unter einer Weisungsgebundenheit verrichtet wird und eine Eingliederung in einen fremden Betrieb vorliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit durch das eigene Unternehmerrisiko, eine eigene Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet.

2. Ein an einem beruflichen Rehabilitationszentrum tätiger Dozent, der seine Lehrtätigkeit in dessen Räumlichkeiten durchführt, hierbei sowohl hinsichtlich der äußeren Rahmenbedingungen als auch den Unterrichtsinhalten den Vorgaben der Schulleitung unterstellt ist, an die vereinbarten Unterrichtsstunden gebunden ist, eine Vergütung auf Stundenbasis erhält, ist in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zu seinem Auftraggeber tätig.

3. Dies gilt auch dann, wenn er in Ausnahmefällen nicht zur höchstpersönlichen Leistungserbringung verpflichtet ist, er hierzu aber der Genehmigung seines Auftraggebers hinsichtlich der erforderlichen Qualifikation des Stellvertreters bedarf.

4. Das Fehlen von Regelungen zu Ansprüchen auf Urlaubsentgelt bzw. Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall rechtfertigt demgegenüber noch nicht die Annahme eines unternehmerischen Risikos und damit die einer selbständigen Tätigkeit.

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 23.9.2013 geändert. Unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 6.3.2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 3.1.2013 in der Gestalt des Bescheides vom 25.9.2015 wird festgestellt, dass der Kläger aufgrund der für die Beigeladene zu 3) ausgeübten Tätigkeit als EDV-Dozent in der Zeit vom 1.3.2007 bis zum 31.12.2011 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlegen hat.

Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen. Der Beklagten werden Verschuldenskosten in Höhe von 500,00 Euro auferlegt. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens nach § 7a Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) darüber, ob die Tätigkeit des Klägers als EDV-Dozent für die Beigeladene zu 3) im Zeitraum vom 1.3.2007 bis zum 31.12.2011 der Versicherungspflicht in den verschiedenen Zweigen der Sozialversicherung unterlegen hat.

Bei der Beigeladenen zu 3), die im Handelsregister des Amtsgerichts (AG) I unter der Registernummer HRB 000 eingetragen ist, handelt es sich um ein berufliches Rehabilitationszentrum in katholischer Trägerschaft. Als zertifizierte Bildungsträgerin ist sie Hauptträgerin des Integrationsfachdienstes (IFD) der Stadt I. Sie bietet verschiedene Ausbildungen vorwiegend in der Rehabilitationsphase in kaufmännischen Bereichen, in der IT- und Elektroniktechnik, im Gesundheitswesen und in der Metalltechnik an. Die Auszubildenden werden ihr zum Großteil durch die Beigeladene zu 2) und die verschiedenen Rentenversicherungsträger zugewiesen. Die angebotenen Ausbildungszweige haben grundsätzlich das Erlangen eines staatlich anerkannten Abschlusses zum Ziel. Die Lerninhalte aller Ausbildungszweige sind im Wesentlichen bundesweit vorgegeben, die Abschlussprüfungen werden von der Industrie- und Handelskammer (IHK) durchgeführt. Im Rahmen dessen führte die Beigeladene zu 3) im streitigen Zeitraum unter anderem die zweijährige Ausbildung zum Bürokaufmann/Bürokauffrau durch. Diese baute auf der Verordnung über die Berufsausbildung zum Bürokaufmann/zur Bürokauffrau vom 13.2.1991 und dem auf dieser Basis durch die Beigeladene zu 3) erstellten Ausbildungskonzept "Bürokauffrau/Bürokaufmann" auf, auf welche Bezug genommen wird.

Die Beigeladene zu 3), vertreten durch den Zeugen T, schloss in diesem Zusammenhang mit dem Kläger, einem staatlich geprüften Lehrer der Textverarbeitung, einen auf den 1.3.2007 datierenden schriftlichen "Vertrag über freie Mitarbeit" (VfM). In diesem Vertrag, auf den im Übrigen Bezug genommen wird, heißt es wörtlich u.a.:

"§ 1 Vertragsgegenstand

1. Ab dem 01.03.2007 übernimmt der freie Mitarbeiter für den Auftraggeber folgende Tätigkeiten: EDV-Dozent.

2. Der Einsatz des freien Mitarbeiters erfolgt auf vorherige Absprache.

3. Der freie Mitarbeiter führt die Aufgaben selbst durch. Bei vorheriger schriftlicher Zustimmung des Auftraggebers ist es ihm gestattet, entsprechende Unteraufträge an ausreichend qualifizierte Vertreter zu erteilen.

§ 2 Weisungsfreiheit

1. Der freie Mitarbeiter unterliegt bei der Durchführung der ihm übertragenen Tätigkeiten keinen Weisungen des Auftraggebers; er ist in der Gestaltung seiner Tätigkeit hinsichtlich Zeit, ...

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