Entscheidungsstichwort (Thema)

Berufskrankheit. Eintritt des Versicherungsfalles. Stichtagsregelung. hinreichende Wahrscheinlichkeit der haftungsausfüllenden Kausalität. Nachweis. Obstruktion. bestehende chronische Bronchitis. medizinisch-diagnostisches Hilfsmittel. Konsensuspapier. Lungenemphysem

 

Orientierungssatz

Zum Vorliegen des Tatbestandsmerkmals "Eintritt des Versicherungsfalles nach dem 31.12.1992" gem BKV § 6 Abs 1 iVm BKV Anl Nr 4111, wenn nur Anhaltspunkte (Husten, Atemnot, ...) für einen früheren Zeitpunkt des Versicherungsfalles sprechen (vgl LSG Essen vom 12.10.2000 - L 2 KN 204/99 U).

 

Tatbestand

Streitig ist die Zahlung von Verletztenrente wegen einer Berufskrankheit (BK) nach Nr. 4111 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV vom 31.10.1997, BGBl. I S. 2623).

Die Klägerinnen sind Töchter und Erbinnen des .... 1916 geborenen und .... 1999 verstorbenen Andreas R (Versicherter) und seiner .... 1923 geborenen, im Zeitpunkt seines Todes allein mit ihm zusammenlebenden und .... 1999 gestorbenen Ehegattin Maria R. Der Versicherte leistete zur Zeit seines Todes weder den Klägerinnen noch Dritten Unterhalt. Der Versicherte war von 1930 bis 1971 auf Schacht N und Schacht VI zunächst zwei Jahre über Tage, danach unter Tage Bergjungmann, Knappe und Hauer, unterbrochen von Reichsarbeitsdienst, Kriegsdienst und Gefangenschaft (1938-1945). Bei der Tätigkeit im Steinkohlenbergbau war er insgesamt zumindest einer Belastung von 194 Feinstaubjahren im Sinne der BK Nr. 4111 ausgesetzt (Technischer Aufsichtsdienst der Beklagten (TAD), 13.08.1996). Von 1971 bis 1974 war der Versicherte Pförtner bei der Firma R-K. Seit 1974 arbeitete er nicht mehr. Bei einer Begutachtung wegen der Folgen der BK Nr. 4101 (Sozialgericht (SG) Duisburg S 4 BU 120/95, 28.06.1996) gab der Versicherte dem Sachverständigen Prof. Dr. W an, er werde seit vielen Jahren wegen Bronchitis behandelt und nehme laufend bronchienerweiternde und schleimlösende Medikamente. Ab dem 26. Lebensjahr habe er bis zu zehn Zigaretten täglich geraucht.

Seit einem halben Jahr rauche er nicht mehr. Er leide an Atemnot bereits in Ruhe, Husten und festsitzendem Auswurf. Prof. Dr. W ging von eben leichtgradigen Staublungenveränderungen aus. Er sah keine Entschädigungspflicht für die BK Nr. 4101. Er zeigte aber den Verdacht einer BK Nr. 4111 wegen leichter obstruktiver Ventilationsstörungen an. Der Versicherte gab an (8/96), schon vor dem 10.07.1986 an Husten, Auswurf und Luftnot gelitten zu haben. Die Beklagte zog bei Unterlagen über die Arbeitsunfähigkeitszeiten von der Bundesknappschaft und Berichte von D (16.08.1996), Dr. H (16.08.1996) sowie von Dr. P (Befund vom 30.05.1990). In einem Gutachten gelangte Dr. K (10.10.1996) zum Ergebnis, ab 03.08.1995 bestünden ein Emphysem und eine chronische obstruktive Bronchitis mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 v.H. Der beratende Arzt Dr. Sch (03.11.1996) meinte, die geringe Ausprägung der Obstruktion rechtfertige dies nicht, wohl aber eine weitere Aufklärung. Die Landesanstalt für Arbeitsschutz hielt Maßnahmen nach § 7 Abs. 2 BKVO nicht für erforderlich (Prof. Dr. E, 08.11.1996). Prof. Dr. R (02.12.1996) sah in den Befunden keine Rechtfertigung des Leistungsfalls. Die Beklagte lehnte eine Entschädigung ab (Bescheid vom 27.12.1996; zurückweisender Widerspruchsbescheid vom 11.06.1997).

Zur Begründung seiner Klage zum SG Duisburg hat der Versicherte vorgetragen, Prof. Dr. W und Dr. K sei zu folgen. Die Beklagte hat sich auf eine Stellungnahme von Dr. Sch (09.03.1998) berufen.

Das Gericht hat Beweis durch den Sachverständigen Prof. Dr. S erhoben (07.10.1997). Er hat ausgeführt, die Befunde rechtfertigten eine MdE von 20 v.H. ab 28.06.1996. Das SG hat die Beklagte antragsgemäß unter Aufhebung der entgegenstehenden Verwaltungsentscheidung verurteilt, ab 28.06.1996 Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. zu zahlen (Urteil vom 12.08.1998).

Zur Begründung ihrer Berufung trägt die Beklagte vor, bei Würdigung der Medikamentation mit Berodual, wie es Dr. H dokumentiert habe, sowie den Einschätzungen und Befunden von Dr. D (07.06.1990 und 03.08.1995) sei mit Dr. Sch (09.02.1999) und der neueren Auffassung von Prof. Dr. S von einem Versicherungsfall am 26.03. oder 28.04.1992 auszugehen. Abweichendes sei eine realitätsferne Einschätzung (Dr. Sch, 21.08.2000).

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 12.08.1998 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerinnen beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie halten die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Das Gericht hat Beweis durch die Sachverständigen Prof. Dr. S und Prof. Dr. P erhoben. Prof. Dr. S hat in Kenntnis der hausärztlichen Verordnungen ausgeführt (05.05.1999), eine chronische obstruktive Bronchitis sei spätestens ab 26.03.1992 nachgewiesen. Nach Eingang eines Berichts des St. Barbara- Hospitals D (14.05.1999) hat Prof. Dr. P gemeint (14.07.2000), erst am 28.06.1996 sei der Versicherungsfall eingetreten. Bei der Erläuterung...

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