Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit bei dem Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH

 

Orientierungssatz

1. Bei der Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit ist von Ersterer auszugehen, wenn die Tätigkeit in einem Arbeitsverhältnis unter einer Weisungsgebundenheit verrichtet wird und eine Eingliederung in einen fremden Betrieb vorliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit durch das eigene Unternehmerrisiko, eine eigene Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet.

2. Ist der Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH an deren Stammkapital mit 10 % beteiligt, erhält er eine vereinbarte erfolgsunabhängige Vergütung bei einer vorgegebenen wöchentlichen Arbeitszeit und bezahlten Urlaub, ist er gegenüber der Gesellschafterversammlung weisungsgebunden und hat er ein unternehmerisches Risiko nicht zu tragen, so ist von dem Bestehen einer abhängigen Beschäftigung auszugehen.

3. Nach § 25 Abs. 1 S. 1 SGB 4 verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Einer durchgeführten Betriebsprüfung kommt keine Entlastungswirkung zu. Betriebsprüfungen sichern das Interesse der Versicherungsträger an der Beitragsentrichtung. Eine über diese Kontrollfunktion hinausgehende Bedeutung kommt einer Betriebsprüfung nicht zu.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 02.10.2018; Aktenzeichen B 12 R 33/18 B)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 25.11.2016 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die ihre Kosten selbst zu tragen haben.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 72.811,88 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Betriebsprüfungsbescheides (§ 28p Abs. 1 Satz 5 Sozialgesetzbuch Viertes Buch [SGB IV]) der Beklagten, mit dem diese die Klägerin auf Nachentrichtung von Pflichtbeiträgen zur Sozialversicherung aufgrund einer Tätigkeit der Beigeladenen zu 4) als Gesellschafter-Geschäftsführerin in Anspruch nimmt.

Bei der Klägerin handelt es sich um ein mit notariell beurkundetem Vertrag vom 30.11.1992 als Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) gegründetes und in dem Handelsregister des Amtsgerichts (AG) L (HRB 000), zuvor AG C (HRB 001), eingetragenes Unternehmen, dessen Gesellschaftszweck in der Herausgabe und dem Vertrieb von Büchern, insbesondere Reise-Bildbänden liegt. Gründungsgesellschafter der Klägerin ist der im Jahr 1932 geborene Vater der Beigeladenen zu 4), Herr I A, der über eine Ausbildung zum Fotograf verfügt.

Die am 00.00.1963 geborene Beigeladene zu 4) hat eine kaufmännische Ausbildung sowie ein Studium zur Medienbetriebswirtin absolviert. Sie war ab dem 1.9.1997 bei der Klägerin zunächst im kaufmännischen Bereich beschäftigt. Mit Wirkung zum 1.1.2004 wurde sie neben dem bereits zuvor hierzu bestellten Herrn I A zur weiteren Geschäftsführerin der Klägerin berufen. Seither ist die Beigeladene zu 4) auf privatversicherungsvertraglicher Grundlage krankenversichert (Versicherungsschein der T Krankenversicherung Nr. xxx v. 11.12.2003). In dem Zeitraum vom 1.9.1997 zum 31.12.2003 war sie freiwilliges Mitglied der Beigeladenen zu 1).

In dem zur Ausgestaltung des Anstellungsverhältnisses geschlossenen Geschäftsführervertrag vom 19.12.2003 (GFV) trafen die Klägerin sowie die seinerzeit nicht am Stammkapital der Gesellschaft beteiligte Beigeladene zu 4) auszugsweise folgende Vereinbarungen:

"Die Q Verlag GmbH mit Sitz in Bad N erneuert den Geschäftsführervertrag mit B A, wohnhaft in Bad N, im Rahmen der bereits bestehenden Zusammenarbeit mit Wirkung vom 01. Januar 2004 zur Geschäftsführerin mit den nachstehenden festgelegten Vertretungsbereichen und Verantwortlichkeiten, den Aufgaben und Pflichten. Die Grundsatzrichtlinien des ersten Geschäftsführers I A sind zu beachten:

§ 1 Aufgabenbereich

a) Hauptaufgabenbereich ist die Geschäftsführung im Vertriebs- und Verwaltungsbereich der Firma in unserer Betriebsstätte L (Verwaltung und Verlagsauslieferung, Herstellung und Produktion).

Hierbei obliegt ihr, bei tätiger Mitarbeit, die Personalführung in der Warenauslieferung, Fakturierung und Verwaltung, sowie die Vertriebsorganisation mit Werbemaßnahmen, Statistiken, Marketingstudium und Kontaktpflege zu den freien Vertretern, sowie die Umsatzkontrolle und Umsatzentwicklung mit evtl. notwendigen Änderungsmaßnahmen bzgl. der Zusammenarbeit mit den Vertretern, Einschaltung von Regional-Grossisten und Änderungen im Lieferprogramm.

Im Bereich der Verwaltung ist sie verantwortlich für die Finanz- und Lohnbuchhaltung, sowie die Überwachung der Bankkonten und den Zahlungsverkehr.

b) Der weitere Aufgabenbereich besteht aus der Mitwirkung in der Bildband-Produktion, Erstellung des...

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