Entscheidungsstichwort (Thema)

Honorarverteilungsmaßstab. Beanstandung. Aufsichtsanordnung

 

Orientierungssatz

Eine Aufsichtsanordnung, die eine Regelung im Rahmen eines Honorarverteilungsmaßstabes beanstandet, wonach "ärztliche Leistungen, die vom einzelnen Vertragsarzt nicht kostendeckend erbracht werden können, nicht von ihm angeboten werden müssen", ist rechtmäßig.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 14.03.2001; Aktenzeichen B 6 KA 54/00 R)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Aufsichtsanordnung des Beklagten.

Am 30.11.1996 beschloß die Vertreterversammlung der Klägerin folgenden § 2 Abs. 2 Satz 2 ihres HVM: "Ärztliche Leistungen, die vom einzelnen Vertragsarzt nicht kostendeckend erbracht werden können, müssen von ihm nicht erbracht werden". Diese Fassung des HVM legte die Klägerin dem Beklagten im Dezember 1996 vor. Die Landesverbände der Krankenkassen, die Bundesknappschaft sowie der VdAK/AEV rügten in der Folgezeit, dass sie zu dieser Regelung nicht gehört worden seien und kein Benehmen hergestellt worden sei. Auf die Aufforderung des Beklagten, über die Interpretation des Beschlusses der Vertreterversammlung zu § 2 HVM zu berichten, räumte die Klägerin ein, dass das Benehmen nicht hergestellt worden sei und sich die Vertreterversammlung mit der Problematik nochmals befassen werde. Am 21.05.1997 beschloß die Vertreterversammlung § 2 Absatz 2 Satz 2 HVM in folgender Fassung: "Ärztliche Leistungen, die vom einzelnen Vertragsarzt nicht kostendeckend erbrachten werden können, müssen von ihm nicht angeboten werden". Der Beklagte wies die Klägerin darauf hin, dass diese Regelung rechtswidrig sei und das Benehmen nicht hergestellt worden sein dürfte. Die Klägerin vertrat demgegenüber die Auffassung, die Regelung sei nicht zu beanstanden. Es sei unstreitig, dass ein Arzt nicht sämtliche Leistungen seines Fachgebietes anbieten müsse. Das Benehmen sei zwar zunächst nicht hergestellt gewesen, für den Beschluss vom 21.05.1997 seien die Einwände der Krankenkassen jedoch berücksichtigt worden. Im Hinblick darauf habe man den Wortlaut der Vorschrift geändert. Es sei nun nicht mehr die einzelfallbezogene ärztliche Leistung gemeint, sondern das grundsätzlich zu verstehende Angebot des Vertragsarztes. Am 12.09.1997 erging ein Beratungsschreiben des Beklagten gegenüber der Klägerin. Der Beschluss sei nichtig, weil das Benehmen weder vor der Beschlussfassung noch nachträglich hergestellt worden sei. Außerdem verstoße § 2 Abs. 2 Satz 2 HVM gegen den Sicherstellungsauftrag und sei rechtswidrig. Die Klägerin teilte mit, der Vorstand sehe keine Möglichkeit, die in Zweifel gezogene Vorschrift als nichtig anzusehen. Nunmehr erließ der Beklagte unter dem 28.01.1998 die angefochtene Aufsichtsanordnung. Sie ordnete gleichzeitig die sofortige Vollziehung an, weil nur so erreicht werden könnte, dass die ärztliche Versorgung sichergestellt werde. Ansonsten bestehe die Gefahr, dass Vertragsärzte rechtswidrig Leistungen aus der gesetzlichen Krankenversicherung ausgrenzen würden. Die Formulierung des § 2 Abs. 2 Satz 2 HVM sei geeignet, Vertragsärzte zu der rechtsirrigen Auffassung zu verleiten, bestimmte vertragsärztliche Leistungen bräuchten im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung nicht mehr erbracht werden. Die Regelung sei überdies rechtswidrig, weil sie nicht von der Ermächtigungsnorm des § 85 Abs. 4 SGB V gedeckt sei. Der hiergegen gerichtete Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung war in zwei Instanzen erfolglos.

Zur Begründung der Klage hat die Klägerin im wesentlichen geltend gemacht, es sei entgegen der Auffassung des Beklagten das Benehmen mit den Krankenkasse hergestellt worden. Die Regelung sei auch materiell nicht zu beanstanden. Im Hinblick auf die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei die Regelung in dem ab 01.01.1999 geltenden HVM nicht mehr enthalten.

Die Klägerin hat beantragt,

die Aufsichtverfügung des Beklagten vom 28.01.1998 bezüglich § 2 Abs. 2 Satz 2 HVM in der bis 31.12.1998 geltenden Fassung aufzuheben.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 24.02.1999 die Klage abgewiesen. Es hat sich zur Begründung die Ausführungen im Beschluss des LSG vom 21.10.1998 im Verfahren über den Sofortvollzug -- L 11 B 35/98 KA -- zu eigen gemacht. § 2 Abs. 2 Satz 2 HVM finde keine Stütze in § 85 Abs. 4 SGB V, weil kein Zusammenhang mit der Verteilung der Gesamtvergütung bestehe. Anknüpfend an die individuelle Einkommensituation könne nach dieser HVM-Regelung der einzelne Arzt den Umfang seiner vertragsärztlichen Leistungen festlegen. Der Vertragsarzt habe aber keinen Anspruch auf Vergütung seiner Leistungen in einer bestimmten Höhe. Die mangelnde Rentabilität einer einzelnen Praxis lasse keine Rückschlüsse auf die generelle Angemessenheit der Honorierung vertragsärztlicher Leistungen zu. Die Rentabilität sei im Einzelfall vielmehr von zahlreichen Faktoren abhängig wie z.B. der Praxisorganisation, der Auslastung von Geräten und ähnlichen Umstände...

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