Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. freie Vollverpflegung bei Krankenhausaufenthalt. keine Kürzung der Regelleistung. keine Einkommensberücksichtigung. keine sonstige Hilfe eines anderen Sozialleistungsträgers. kein Leistungsausschluss bei häufigen und längeren Aufenthalten. keine Zusammenrechnung der Aufenthaltszeiten

 

Orientierungssatz

1. Die während eines stationären Aufenthaltes in einem Krankenhaus gewährte Vollverpflegung kann weder bedarfsmindernd noch als Einkommen berücksichtigt werden.

2. Hält sich der Hilfebedürftige aufgrund seiner Grunderkrankung sehr häufig und nicht nur für wenige Tage, jedoch weniger als 6 Monate im Krankenhaus auf, so bleibt er nach § 7 Abs 4 S 3 Nr 1 SGB 2 uneingeschränkt leistungsberechtigt, solange die Erkrankung nicht die Erwerbsfähigkeit iS des § 8 Abs 1 SGB 2 entfallen lässt.

3. Dabei ist entscheidend, dass es sich um einen einheitlichen, durch ein und dasselbe Krankheitsereignis ausgelösten Krankenhausaufenthalt handelt; das Zusammenrechnen mehrerer Aufenthalte, die zwar wegen derselben Grunderkrankung, jedoch aufgrund jeweils erneuter akuter Erkrankungen stets neu einen eigenen Krankenhausaufenthalt von jeweils unter 6 Monaten erforderlich machen, ist nicht zulässig.

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Detmold vom 07.12.2006 sowie die Bescheide der Beklagten vom 18.02., 21.03., 29.03. und 30.05.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.07.2005 aufgehoben. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers für beide Rechtszüge. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten, ob die Beklagte bei den Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) die Regelleistung des Klägers wegen eines stationären Krankenhausaufenthalts um 35 % kürzen durfte.

Mit Bescheid vom 06.12.2004 bewilligte die Arbeitsgemeinschaft Alg II C dem Kläger Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum Januar bis Juni 2005 in monatlicher Höhe von 615,88 EUR. Darin enthalten waren eine monatliche Regelleistung von 345,00 EUR und Kosten für Unterkunft und Heizung von 270,88 EUR.

Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein mit der Begründung, seine Unterkunftskosten seien nicht vollständig übernommen und seine Aufwendungen für die Hausrat- und Haftpflichtversicherung seien nicht berücksichtigt worden. Die Beklagte teilte dem Kläger mit, er habe im Leistungsantrag eine Grundmiete von 170,88 EUR, Betriebskosten von 55,00 EUR und Heizkosten von 45,00 EUR angegeben. Um die Höhe der Kosten prüfen zu können, möge er eine Mietbescheinigung von seinem Vermieter ausfüllen lassen und die Abschlagsrechnung der Stadtwerke für die Heizkosten vorlegen. Ferner möge er mitteilen, ob seine Warmwasseraufbereitung mit Strom oder mit Gas erfolge. Der Kläger teilte mit, die Warmwasserbereitung erfolge über eine Gasetagenheizung. Er legte eine Rechnung der Stadtwerke C vom 20.10.2004 vor, der zufolge er für Gaslieferungen ab November 2004 einen monatlichen Abschlag für Gaslieferungen i.H.v. 32,00 EUR zahlen musste. Laut einer Vermieterbescheinigung vom 31.03.2005 beträgt die Miete 170,88 EUR und die Betriebskostenvorauszahlung 55,00 EUR; insgesamt seien ab 01.03.2005 225,88 EUR zu zahlen. Mit Widerspruchsbescheid vom 12.04.2005 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 06.12.2004 wegen der Höhe der Unterkunfts- und Heizkosten zurück. Auf den Widerspruchsbescheid wird Bezug genommen.

Vom 13.12.2004 bis 06.01.2005 sowie vom 17.01. bis 17.02. 2005 befand sich der Kläger in stationärer und vom 18.02. bis 18.03.2005 in teilstationärer Behandlung in den Krankenanstalten H in C.

Schon vor Erteilung des Widerspruchsbescheides vom 12.04.2005 bewilligte die Beklagte mit Änderungsbescheid vom 18.02.2005 für Januar 2005 Leistungen von 531,25 EUR und für Februar bis Juni 2005 von monatlich 495,13 EUR; bisherige Entscheidungen würden insoweit aufgehoben. Bei unveränderten Leistungen für Unterkunft und Heizung wurde für Januar von der Regelleistung von 345,00 EUR ein Betrag von 84,63 EUR, für Februar bis Juni jeweils von 120,75 EUR als "sonstiges Einkommen" in Abzug gebracht.

Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein mit der Begründung, telefonisch habe er erfahren, Grundlage der erfolgten Leistungskürzung sei eine häusliche Ersparnis wegen seiner Krankenhausaufenthalte. Die Höhe seiner Leistungen müsse sich jedoch nach dem Bescheid vom 06.12.2004 richten, der bis zum 30.06.2005 Gültigkeit besitze.

Mit Änderungsbescheid vom 21.03.2005 bewilligte die Beklagte für Januar 2005 Leistungen von 533,98 EUR, für Februar 2005 von 495,13 EUR, für März 2005 von 545,77 EUR und für April bis Juni 2005 von monatlich 615,88 EUR. Bei unveränderter Leistung für Unterkunft und Heizung wurde für Januar von der Regelleistung von 345,00 EUR ein Betrag von 81,90 EUR, für Februar von 120,75 EUR und für März von 70,11 EUR als "sonstiges Einkommen" in Abzug gebracht. Mit weiterem Änderungsbescheid vom...

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