Entscheidungsstichwort (Thema)

Höhe der vom Rechtsanwalt in einem erstinstanzlichen sozialgerichtlichen Verfahren verdienten Gebühr

 

Orientierungssatz

1. Bei der Bestimmung der Höhe der Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG ist von der Mittelgebühr auszugehen, die bei einem Durchschnittsfall als billige Gebühr zugrunde zu legen ist.

2. Ist der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit im Klageverfahren als durchschnittlich zu bewerten, gilt dies in gleicher Weise für die Schwierigkeit der Tätigkeit und ist allenfalls die Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger als leicht überdurchschnittlich zu bewerten, so ist bei dessen unterdurchschnittlichen Einkommensverhältnissen die Mittelgebühr angemessen.

3. Mit der Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG wird nur die Tätigkeit des Rechtsanwalts während eines gerichtlichen Termins abgegolten. Die durchschnittliche Terminsdauer vor den Sozialgerichten beträgt 30 bis 50 Minuten. Bei einer Terminsdauer von 17,5 Minuten ist die Höhe der halben Mittelgebühr angemessen.

4. Bei Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs ist die Erledigungsgebühr nach Nr. 1006, 1002 VV RVG angefallen. Handelt es sich nach der Gesamtbetrachtung um einen unterdurchschnittlichen Fall, so ist der Ansatz der Einigungs- bzw. Erledigungsgebühr in Höhe von 3/4 der Mittelgebühr angemessen.

 

Normenkette

RVG § 14 Abs. 1, §§ 55, 45 Abs. 1 S. 1, § 48 Abs. 1 S. 1; VV RVG Nrn. 3106, 3102, 1006; VV RVG Nr. 1002

 

Tenor

Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 04.08.2015 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der aus der Staatskasse zu erstattenden Vergütung streitig.

Der Kläger nutzte zusammen mit seiner Ehefrau eine Wohnung, deren Bruttowarmmiete 581,00 EUR betrug. Der Kläger bezog eine Erwerbsminderungsrente, seine Ehefrau erzielte Erwerbseinkommen.

Mit Bescheid vom 10.01.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.03.2011 bewilligte der Beklagte dem Ehepaar aufstockend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts i.H.v. insgesamt 365,10 EUR mtl. für die Zeit vom 01.02.2011 bis zum 31.07.2011. Bei der Bedarfsberechnung legte er nicht die tatsächlichen, sondern abgesenkte Kosten für Unterkunft und Heizung i.H.v. insgesamt 495,69 EUR zugrunde.

Hiergegen erhob der Kläger am 20.04.2011 Klage (S 14 AS 1706/11). Mit Schriftsatz vom 16.05.2011 bestellte sich der Beschwerdeführer als Prozessbevollmächtigter. Er machte geltend, dass dem Kläger wegen gesundheitlicher Beeinträchtigungen ein Wohnungswechsel unzumutbar sei. Ein angemessener Wohnraum werde zu den vom Beklagten in Ansatz gebrachten Preisen auf dem örtlichen Wohnungsmarkt nicht angeboten. Seine Wohnungssuche sei fehlgeschlagen.

Durch Beschluss vom 12.07.2011 bewilligte das Sozialgericht Dortmund dem Kläger Prozesskostenhilfe und ordnete den Beschwerdeführer bei.

Mit Bescheiden vom 11.07.2011 und vom 26.08.2011, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.09.2011, bewilligte der Beklagte dem Ehepaar aufstockend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 01.08.2011 bis zum 31.01.2012. Bei der Bedarfsberechnung legte er erneut nicht die tatsächlichen, sondern abgesenkte Kosten für Unterkunft und Heizung zugrunde.

Hiergegen erhob der Kläger, vertreten durch den Beschwerdeführer, ebenfalls Klage (S 14 AS 4448/11).

Am 10.12.2012 fand ein Erörterungstermin in beiden Streitsachen statt. Der Erörterungstermin dauerte von 13.05 bis 13.40 Uhr. Die Beteiligten schlossen einen Vergleich, in dem der Beklagte sich verpflichtete, an den Kläger einen Betrag i.H.v. 456,87 EUR zu zahlen und die Beteiligten die Verfahren S 14 AS 1706/11 und S 14 AS 448/11 übereinstimmend für erledigt erklärten. Die Kosten des Verfahrens wurden gegeneinander aufgehoben.

Der Beschwerdeführer hat anschließend beantragt, seine Vergütung im Verfahren S 14 AS 1706/11 aus der Staatskasse auf 1.023,40 EUR festzusetzen und zwar in Höhe von:

Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG 350,00 EUR

Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 300,00 EUR

Einigungsgebühr Nr. 1006 VV RVG 190,00 EUR

Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR

19 % MwSt. Nr. 7008 VV RVG 163,40 EUR.

Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat die Vergütung am 08.01.2013 auf 648,55 EUR festgesetzt in Höhe von:

Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG 300,00 EUR

Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 150,00 EUR

Einigungsgebühr Nr. 1006 VV RVG 95,00 EUR

Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR

19 % MwSt. Nr. 7008 VV RVG 103,55 EUR.

Sie hat u.a. ausgeführt, die Terminsgebühr sei auf 150,00 EUR festzusetzen. Der Termin, der für zwei Verfahren gleichzeitig stattgefunden habe, habe eine Dauer von 35 Minuten gehabt. Für das einzelne Verfahren ergäbe sich hieraus eine unterdurchschnittliche anwaltliche Tätigkeit, die Mittelgebühr sei auf ¾ zu kürzen gewesen. Als Einigungsgebühr sei eine halbe Mittelgebühr festzusetzen. Der Vergleich sei gleichzeitig für ein weiteres Verfahren geschlossen wurden.

Hiergegen hat der Beschwerdeführer Erinnerung eingelegt. Er hat vorgetragen, dass der Ansatz einer Verfah...

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