Entscheidungsstichwort (Thema)

Untätigkeitsklage. Kostenentscheidung. Überschreiten der Frist des § 88 SGG

 

Orientierungssatz

1. Im Rahmen einer Kostenentscheidung nach § 102 S. 3 SGG oder § 193 Abs. 1 S. 3 SGG ist es in der Regel gerechtfertigt, dem Beteiligten die Kosten aufzuerlegen, der voraussichtlich ganz oder teilweise unterlegen wäre.

2. Für die Untätigkeitsklage gilt insoweit, dass die (Sperr-) Frist des § 88 SGG zugleich eine angemessene Frist für eine Sachentscheidung darstellt. Diese Frist ist jeweils um diejenigen Zeiträume zu verlängern, die im konkreten Fall für eine vom Normalfall abweichende Sachbehandlung erforderlich waren. Voraussetzung ist allerdings, dass der Versicherte noch nicht mit einer Entscheidung rechnen durfte, ihm also der Grund für die Untätigkeit bekannt oder mitgeteilt worden ist (Vergleiche LSG NRW, Beschluss vom 04. Januar 1993 - L 10 S 17/92 -).

 

Tenor

Die Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 05.09.2005 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat auch die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Beschwerdeverfahren zu erstatten.

 

Gründe

I. Die am 00.00.1932 geborene Klägerin ist bei der Beklagten krankenversichert. Am 26.11.2004 erlitt die Klägerin eine Fraktur des linken Oberschenkels. Sie wurde zur stationären Krankenbehandlung im T-Krankenhaus, I aufgenommen. Ab 14.12.2004 erfolgte eine geriatrische stationäre Weiterbehandlung im Krankenhaus A, C. Der dort die Klägerin behandelnde Arzt Dr. X beantragte am 27.12.2004 - zum 04.01.2005 - eine geriatrische Rehabilitation. In der darauf hin von der Beklagten eingeholten Stellungnahme vertrat der Sozialmedizinische Dienst (SMD) die Auffassung, nach Abschluss der stationären Krankenbehandlung sei eine ambulante Maßnahme zur physikalischen Therapie ausreichend (Stellungnahme vom 28.12.2004). Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 29.12.2004 die Durchführung der stationären geriatrischen Rehabilitation ab. Dagegen erhob die Klägerin am 31.12.2004 Widerspruch; eingegangen bei der Beklagten (spätestens) am 04.01.2005.

Am 06.01.2005 wurde die Klägerin in den stationären Rehabilitationsbereich des Krankenhauses A übernommen und von dort am 27.01.2005 entlassen. Am 14.02.2005 stellte das Krankenhaus der Klägerin für die Maßnahme insgesamt Euro 4.013,24 in Rechnung und machte - abzüglich des von der Klägerin geleisteten Vorschusses in Höhe von Euro 1.000 - die Zahlung von Euro 3.013,24 geltend. Die Zahlung wurde gestundet.

Am 01.02.2005 meldete sich für die Klägerin der nunmehrige Prozessbevollmächtigte und legte einen Bericht der Reha-Klinik vom 19.01.2005 und den Entlassungsbericht vom 27.01.2005 vor. Der SMD nahm darauf hin zu den übersandten Unterlagen am 17.02.2005 und am 04.03.2005 Stellung. Er vertrat die Auffassung, die stationäre geriatrische Rehabilitation sei sinnvoll gewesen, da ein zusätzlicher Mobilitätsverlust durch Zustand nach Oberschenkelbruch links bestanden habe (Stellungnahme vom 04.03.2005).

Die Beklagte wandte sich mit Schreiben vom 08.03.2005 wie folgt an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin:

"Sehr geehrter Herr C, bezugnehmend auf Ihren Schriftsatz vom 02.03.2005 teilen wir Ihnen mit, dass die Angelegenheit der Fachabteilung in der Hauptverwaltung in Bochum mit heutigem Datum zugeleitet wurde. Nach Überprüfung der Angelegenheit kommen wir unaufgefordert auf die Angelegenheit zurück."

Ebenfalls unter dem 08.03.2005 leitete die Verwaltungsstelle Bergheim den Verwaltungsvorgang an die Hauptverwaltung der Beklagten, mit der Bitte um Prüfung weiter, ob dem Widerspruch vom 31.12.2004 abgeholfen werden könne.

Mit der am 12.04.2005 erhoben Klage begehrte die Klägerin die Entscheidung über ihren Widerspruch sowie die Erstattung der ihr in Rechnung gestellten Kosten. Mit Bescheid vom 02.05.2005 half die Beklagte dem Widerspruch ab und übernahm die Kosten der stationären geriatrischen Rehabilitation. Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin erklärten darauf hin den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt und beantragten, der Beklagten die Kosten aufzuerlegen. Mit Beschluss vom 05.09.2005 hat das Sozialgericht der Beklagten die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu einem Drittel auferlegt. Das Gericht ist in der Begründung des Beschlusses davon ausgegangen, dass die gleichzeitig erhobene Verpflichtungsklage unzulässig gewesen und bei der Quotelung die größere Bedeutung der Verpflichtungsklage zu berücksichtigen sei. Der am 30.09.2005 erhobenen Beschwerde der Beklagten hat das Sozialgericht nicht abgeholfen (Beschluss vom 24.10.2005).

II. Die Beschwerde der Beklagten ist zulässig ( §§ 172 Abs. 1, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG)), jedoch nicht begründet.

Es kann unentschieden bleiben, ob die Kostenentscheidung hier auf § 102 Satz 3 SGG oder auf § 193 Abs. 1 Satz 3 SGG beruht, da nach beiden Vorschriften gerichtlich nach billigem Ermessen zu beurteilen ist, inwieweit die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Im Rahmen dieser unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstan...

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