Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. objektive Klagehäufung. teilweise Privilegierung nach § 183 SGG. getrennte Kostenentscheidung für kostenprivilegierte und nicht kostenprivilegierte Streitgegenstände. Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens. Einbeziehung eines möglichen Amtshaftungsanspruchs in Überlegungen zu sozialgerichtlichem Vergleich

 

Orientierungssatz

1. Wenn in Fällen objektiver Klagehäufung die Hauptbeteiligten hinsichtlich des einen Streitgegenstandes nicht kostenprivilegiert sind, wohl aber zumindest einer der Hauptbeteiligten hinsichtlich des anderen, besteht kein Grund, zu einer Kostenprivilegierung für beide Streitgegenstände zu gelangen, obwohl eine Trennung möglich ist. Vielmehr ist dann zwischen den Streitgegenständen zu differenzieren (vgl BSG vom 26.9.2006 - B 1 KR 1/06 R = BSGE 97, 112 = SozR 4-2500 § 31 Nr 5).

2. Der Umstand, dass Überlegungen hinsichtlich eines evtl Amtshaftungsanspruchs auch maßgeblich für die Bestimmung der Höhe einer Vergleichssumme waren, führt nicht dazu, dass der Amtshaftungsanspruch Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens geworden wäre.

 

Tenor

Die Beschwerde des Bevollmächtigten der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 28.11.2014 wird zurückgewiesen.

Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Der Bevollmächtigte der Klägerin wendet sich gegen die Ablehnung der Festsetzung eines Gegenstandswerts der anwaltlichen Tätigkeit.

Im Klageverfahren S 19 AS 2163/11 vor dem Sozialgericht Düsseldorf hat die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verurteilen, eine beantragte Umschulungsförderung zu bewilligen. Nachdem die Klägerin die Umschulung erfolgreich beendet hatte, haben die Beteiligten nach einem Erörterungstermin einen schriftlichen Vergleich folgenden Inhalts geschlossen:

"Der Beklagte zahlt zur Beendigung des Rechtsstreits zur Abgeltung sämtlicher im Zusammenhang mit der Maßnahme bei der Touristikfachschule H. stehenden Ansprüche an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 6.000,- EUR. Der Beklagte trägt die notwendigen, angemessenen Verfahrenskosten zu ¼."

Mit Schriftsatz vom 09.07.2013 hatte die Klägerin hinsichtlich der Festlegung der Höhe des vom Beklagten zu zahlenden Betrags ausgeführt, ohne einen Vergleich würde sich die Frage nach dem Bestehen eines Amtshaftungsanspruchs stellen, da die angefochtenen Bescheide rechtswidrig seien und der Klägerin ein Schaden entstanden sei.

Am 14.10.2014 hat der Bevollmächtigte der Klägerin beantragt, "den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit für den Abschluss des Mehrvergleichs auf einen Betrag in Höhe von 12076,00 Euro festzusetzen". Er hat ausgeführt, der Vergleich beziehe auch Amtshaftungsansprüche ein, für die ein Gegenstandswert in der geltend gemachten Höhe festzusetzen sei.

Mit Beschluss vom 28.11.2014 hat das Sozialgericht den Antrag abgelehnt. Amtshaftungsansprüche seien nicht Gegenstand des sozialgerichtlichen Verfahrens gewesen. Unberührt hiervon bleibe die Frage, ob der "Mehrvergleich" ggfs. bei der Festsetzung der Rahmengebühr berücksichtigt werden könne.

Gegen den am 01.12.2014 zugestellten Beschluss hat der Bevollmächtigte der Klägerin am 30.12.2014 Beschwerde eingelegt. Gerade weil der Amtshaftungsanspruch nicht Gegenstand eines sozialgerichtlichen Verfahrens sein könne, sei er nicht von der Gebührenfreiheit und den Betragsrahmengebühren umfasst und müsse für ihn, wenn er in einem sozialgerichtlichen Vergleich berücksichtigt wird, ein Gegenstandswert festgesetzt werden.

II.

Die statthafte (§ 33 Abs. 8 RVG) Beschwerde ist unbegründet. Das Sozialgericht hat den Antrag des Bevollmächtigten zu Recht abgelehnt. Der Bevollmächtigte hat keinen Anspruch auf Festsetzung eines Werts des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit nach § 33 Abs. 1 RVG.

In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das GKG nicht anzuwenden ist, entstehen nach § 3 Abs. 1 Satz 1 RVG Betragsrahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten (vgl. § 14 RVG). Für einen Antrag gemäß § 33 Abs. 1 RVG auf Festsetzung des Gegenstandswerts ist dann kein Raum.

Bei dem vorliegenden Verfahren handelt es sich um ein Verfahren, in dem das GKG nicht anzuwenden ist (§§ 183, 197a SGG). Nach der Rechtsprechung des BSG gilt grundsätzlich entweder das System für kostenrechtlich privilegierte Beteiligte (§ 183 Satz 1, §§ 184 bis 195 SGG) oder das System für die sonstigen Beteiligten (§ 197a SGG). Wenn allerdings in Fällen objektiver Klagehäufung (§ 56 SGG) die Hauptbeteiligten hinsichtlich des einen Streitgegenstands nicht kostenprivilegiert sind, wohl aber zumindest einer der Hauptbeteiligten hinsichtlich des anderen, besteht kein Grund, zu einer Kostenprivilegierung für beide Streitgegenstände zu gelangen, obwohl eine Trennung möglich ist. Vielmehr ist dann zwischen den Streitgegenständen zu differenzieren. Dabei ist es ohne Belang, ob die objektive Klagehäufung kumulativ ist oder im Rahmen einer Eventualklage erfolgt, über die zu entscheiden is...

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