Entscheidungsstichwort (Thema)

Einstweiliger Rechtsschutz gegen die Aufforderung des Grundsicherungsträgers gegenüber dem Leistungsberechtigten, eine Auskunft des Rentenversicherungsträgers über Beginn und Höhe einer Altersrente vorzulegen

 

Orientierungssatz

1. Soweit ein Bezieher von Grundsicherungsleistungen vom Grundsicherungsträger zur Vorlage einer Rentenauskunft aufgefordert wird und er dagegen einstweiligen Rechtsschutz beantragt, setzt die Glaubhaftmachung des hierzu erforderlichen Anordnungsanspruchs voraus, dass er vom Träger auf die Möglichkeit einer Leistungsversagung nach §§ 60, 66, 67 SGB 1 hingewiesen worden ist.

2. Beim Abverlangen über Angaben zu Beginn und Höhe des Anspruchs auf eine Altersrente handelt es sich um Tatsachen i. S. von § 60 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB 1. Nach Vollendung des 63. Lebensjahres muss eine Rente ausnahmsweise nicht vorzeitig in Anspruch genommen werden, wenn dies aufgrund der nach § 13 Abs. 2 SGB 2 erlassenen Unbilligkeitsverordnung unbillig wäre. Danach stellt die Pflicht zur zur Inanspruchnahme der vorzeitigen Altersrente den Grundsatz und die fehlende Pflicht bis zur Vollendung des 63. Lebensjahres bzw. bei Unbilligkeit die Ausnahme dar.

3. Maßgeblich dafür, ob der Grundsicherungsberechtigte gemäß § 12 a SGB 2 nach Vollendung des 63. Lebensjahres zur vorzeitigen Rentenantragstellung verpflichtet ist bzw. eine Antragstellung nach § 3 Unbilligkeitsverordnung unbillig ist, sind Beginn und Höhe des Anspruchs auf eine Altersrente. Unbillig ist die Inanspruchnahme einer vorzeitigen Altersrente, wenn der Hilfebedürftige in nächster Zukunft die Altersrente abschlagsfrei in Anspruch nehmen kann.

4. Der Grundsicherungsträger ist nicht berechtigt, bei Nichtvorlage der Rentenauskunft Leistungen zu versagen bzw. zu entziehen. Er kann den Hilfebedürftigen unter Fristsetzung zur Rentenantragstellung nach § 5 Abs. 3 S. 1 SGB 2 auffordern und bei Unterlassen der Antragstellung innerhalb der Frist selbst einen Antrag stellen.

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 10.12.20013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Der am 00.00.1951 geborene Antragsteller bezieht Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.

Mit maschinell erstelltem Schreiben vom 05.09.2013 legte der Antragsgegner dem Antragsteller auf, eine "aktuelle Rentenauskunft seines Rentenversicherungsträgers nach § 109 Abs. 1 S. 2 und 3 SGB VI über den Zeitpunkt des Beginns und der Höhe des Anspruchs auf eine geminderte/ungeminderte Altersrente" bis zum 10.10.2013 vorzulegen. Der Antragsteller sei nach § 12a S. 2 Nr. 1 SGB II verpflichtet, bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen mit Vollendung des 63. Lebensjahres eine Rente wegen Alters vorzeitig in Anspruch zu nehmen. Um feststellen zu können, ob und inwieweit ein Anspruch auf Leistungen für den Antragsteller bestehe, sei die Einreichung einer Rentenauskunft erforderlich. Für den Bezug von Leistungen sei es erforderlich, dass der Antragsteller alle Tatsachen angibt, die für den Leistungsanspruch entscheidend seien und die notwendigen Nachweise vorlege oder ihrer Vorlage zustimme (§ 60 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 SGB I). Dem Schreiben war der Hinweis beigefügt, dass Geldleistungen entzogen werden könnten, wenn der Antragsteller bis zum genannten Termin nicht reagiert oder die erforderlichen Unterlagen nicht eingereicht habe (§§ 60, 66, 67 SGB I). Dies bedeute, dass der Antragsteller dann keine Leistungen erhalte.

Am 30.09.2013 hat der Antragsteller einstweiligen Rechtsschutz gegen das Schreiben vom 05.09.2013 begehrt.

Durch Beschluss vom 10.12.2013 hat das Sozialgericht Duisburg den Antrag abgelehnt. Auf die Gründe wird Bezug genommen.

Gegen den am 13.12.2013 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 10.01.2014 Beschwerde eingelegt. Er macht geltend, der Antragsgegner sei nicht berechtigt, die Vorlage einer aktuellen Rentenauskunft zu fordern. Die Pflicht, vorrangige Sozialleistungen in Anspruch zu nehmen, sei nicht sanktionsbewehrt. Außerdem sei die Aufforderung nicht wirksam, da das Schreiben weder den Namen eines Verfassers noch eine Unterschrift trage.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Der Antrag ist im Wege des Meistbegünstigensgrundsatzes dahingehend auszulegen, dass der Antragsteller die vorläufige Feststellung begehrt, dass die Aufforderung des Antragstellers vom 05.09.2013 rechtswidrig ist. Denn aus den Einlassungen des Antragstellers ist erkennbar, dass er sich nicht nur - wie das Sozialgericht angenommen hat - gegen die Form des Schreibens - maschinelle Erstellung ohne Unterschrift -, sondern auch gegen dessen Inhalt wendet. Ein solcher Feststellungsantrag ist in einem einstweiligen Rechtschutzverfahren möglich (vgl. LSG Bayern Beschluss v. 22.04.2013 - L 16 AS 158/13 B m.w.N., siehe auch BSG Urteil vom 28.03.2013 - B 4 AS 42/12 R, Rn. 12 zur Zulässigkeit einer Feststellungsklage zur Klärung des Umfangs der Mitwirkungspflichten i.S...

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