nicht rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Operative Brustkorrektur als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Krankenkasse schuldet eine operative Brustkorrektur nicht als Krankenbehandlung, wenn keine körperlichen Entstellungen von Krankheitswert vorliegen, die eine operative Versorgung notwendig machen. Solche sind i.d.R. nur dann anzunehmen, wenn die körperlichen Veränderungen ständig dem Blick der Allgemeinheit ausgesetzt sein können und infolgedessen eine Teilhabe am Leben in der Gesellschaft erschwert oder unmöglich gemacht wird.

2. Zahlreiche Menschen weisen größere Narben nach Operationen auf. Solche Erscheinungen können nicht als Besonderheiten gewertet werden, die eine (kosmetische) Nachbehandlung regelmäßig erforderlich machen.

 

Normenkette

SGB III

 

Verfahrensgang

SG Düsseldorf (Entscheidung vom 14.04.2004; Aktenzeichen S 8 KR 79/03)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 14. April 2004 wird zurückgewiesen. Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Gewährung einer operativen Brustkorrektur sowie Durchführung einer Bauchdeckenplastik zur Behebung von Operationsnarben. Bei der 1976 geborenen Klägerin wurde infolge eines Morbus Crohn eine Laparotomie durchgeführt. Infolgedessen verblieb eine längliche hypertrophe Narbe im Bauchbereich. Zur plastischen Versorgung dieser Narbe sowie einer Korrektur der linken Brust stellte sich die Klägerin bei dem Chefarzt der Klinik für Plastische Chirurgie der L Diakonie, Prof. Dr. P, vor und beantragte bei der Beklagten die Übernahme der Kosten. Prof. Dr. P bescheinigte der Klägerin eine tubuläre Brustfehlbildung beiderseits sowie hypertrophe Narben im Bereich der Bauchdecke, weswegen die Einlage von Silikon-Gel-Prothesen beidseits bei möglicherweise zusätzlicher Einlage einer Expander-Prothese links und zusätzlich einer angleichenden periareoläre Pexie links geplant sei. Mit Bescheid vom 26.07.2002 lehnte die Beklagte den Antrag ab, weil es sich um kosmetische Eingriffe handele. Auf den Widerspruch der Klägerin veranlasste die Beklagte ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) - Dr. P1 -, der ebenfalls zu dem Ergebnis gelangte, dass es sich um eine kosmetische Operation handele, wobei allerdings zu berücksichtigen sei, dass die Klägerin psychisch unter der Entstellung ihres Abdomens durch ausgedehnte Narbenbildung leide und selbst anführe, dass sie an der linken Brust ein Polster zur Stützung tragen müsse. Die Klägerin trat dem mit einem Attest der Allgemeinmedizinerin Dr. U vom 23.01.2003 entgegen, wonach die Klägerin unter einer ausgeprägten Dystrophie der linken Brust mit erheblicher Unterentwicklung des Brustdrüsengewebes der beiden Quadranten leide. Infolge dieses Mangels leide sie an schwersten Minderwertigkeitskomplexen und psychischen Störungen mit ausgeprägten Beziehungsstörungen. Mit Widerspruchsbescheid vom 19.03.2003 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.

Die Klägerin hat am 28.04.2003 vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf Klage erhoben. Sie hat geltend gemacht, sie leide unter einer ausgeprägten Dystrophie der linken Brust mit erheblicher Unterentwicklung des Brustdrüsengewebes der beiden Quadranten, so dass eine Korrektur medizinisch indiziert sei. Letzteres gelte auch für die Beseitigung der Operationsnarben.

Das SG, das der Klägerin mit Beschluss vom 14.04.2004 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Klagefrist gewährt hat, hat die Klage mit Urteil vom 14.04.2004 abgewiesen, weil weder aus der Brustbeschaffenheit noch aus den Narben pathologische Befunde i.S. einer körperlichen Funktionsbeeinträchtigung resultierten. Auch sei keine körperliche Anomalie mit Krankheitswert insoweit anzunehmen. Wegen der Gründe im Einzelnen wird auf das Urteil Bezug genommen.

Gegen das ihr am 21.04.2004 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 21.05.2004 Berufung eingelegt. Sie ist der Auffassung, auch Dr. P1 habe entsprechende körperliche Funktionsbeeinträchtigungen aufgrund ihrer Brustform festgestellt. Auch gehe von den Narben wie auch der Fehlbildung der Brust eine entstellende Wirkung aus, weil sie sich weder mit bauchfreier Kleidung, wie sie heute im Sommer üblicherweise getragen werde, noch in Badebekleidung zeigen könne.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des SG Düsseldorf vom 14.04.2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 26.07.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.03.2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten einer Bauchdeckenplastikoperation zur Beseitigung von Operationsnarben sowie einer operativen Brustkorrektur zu übernehmen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der Berat...

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