Entscheidungsstichwort (Thema)

Heranziehung zum Kostenersatz für gezahlte Sozialhilfe

 

Orientierungssatz

1. Zum Ersatz der Kosten der Sozialhilfe ist derjenige verpflichtet, der durch grob fahrlässiges Verhalten die Voraussetzungen für die gewährten Leistungen der Sozialhilfe herbeiführt. Hierzu zählt auch derjenige, der als leistungsberechtigte Person oder als deren Vertreter die Rechtswidrigkeit des der Leistung zugrunde liegenden Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.

2. Die Voraussetzungen für die Gewährung der Sozialhilfe müssen objektiv sozialwidrig herbeigeführt worden sein. Hierzu ist ein Verhalten erforderlich, das aus Sicht der Gemeinschaft zu missbilligen ist.

3. Leistungen der Sozialhilfe führt derjenige grob fahrlässig herbei, der durch eine unterlassene Meldung bei der Arbeitsagentur einen Säumniszeit- und Aufhebungsbescheid hinsichtlich der Bewilligung von Arbeitslosengeld zunächst hervorruft und dann das Ruhen des Leistungsanspruchs nicht dadurch beendet, dass er sich erneut bei der Arbeitsagentur persönlich meldet.

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 03.09.2008 wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

 

Gründe

Die zulässige Beschwerde des Klägers vom 09.10.2008 gegen den ihm am 09.09.2008 zugestellten Beschluss des Sozialgerichts ist unbegründet.

Das Sozialgericht hat es im Ergebnis zu Recht abgelehnt, dem Kläger Prozesskostenhilfe für das gegen die Heranziehung zum Kostenersatz gemäß § 103 Sozialgesetzbuch 12. Buch (SGB XII) gerichtete Klageverfahren zu gewähren.

Nach der gebotenen summarischen Prüfung hat die Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne der §§ 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. 114 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO). Der Senat geht vielmehr davon aus, dass die Beklagte den Kläger zu Recht gemäß § 103 SGB XII zum Kostenersatz heranzieht. Nach § 103 Abs. 1 Satz 1 SGB XII ist zum Ersatz der Kosten der Sozialhilfe derjenige verpflichtet, der nach Vollendung des 18. Lebensjahres für sich oder andere durch vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten die Voraussetzungen für die Leistungen der Sozialhilfe herbeigeführt hat. Nach dem folgenden Satz 2 ist zum Kostenersatz auch derjenige verpflichtet, der als leistungsberechtigte Person oder als deren Vertreter die Rechtswidrigkeit des der Leistung zugrunde liegenden Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 103 Abs. 1 Satz 1 SGB XII liegen vor. Der Kläger hat durch grob fahrlässiges Verhalten die Voraussetzungen für die gewährten Leistungen der Sozialhilfe herbeigeführt.

Bei dem Anspruch nach § 103 SGB XII handelt es sich um einen quasi-deliktischen Anspruch, weil der Ersatzanspruch von einem schuldhaften Verhalten des Ersatzpflichtigen abhängt (so schon zur Vorgängervorschrift des § 92a BSHG: BVerwG, Urteil vom 30.08.1967 - BVerwG V C 192.66 = BVerwGE 27, 319, 321). Das Erfordernis des "vorsätzlichen oder grob fahrlässigen" Verhaltens in § 103 Abs. 1 Satz 1 SGB XII ist entsprechend der Rechtsprechung zu § 92a Abs. 1 Satz 1 BSHG mit der Maßgabe zu lesen, dass die Voraussetzungen für die Gewährung von Sozialhilfe objektiv "sozialwidrig" herbeigeführt sein müssen. Schuldhaft (vorsätzlich oder grob fahrlässig) verhält sich ferner nur, wer sich der Sozialwidrigkeit seines Verhaltens bewusst oder grob fahrlässig nicht bewusst (BVerwG, Urteil vom 24. Juni 1976 - V C 41.74 = BVerwGE 51, 61) ist. Ein Tun oder Unterlassen begründet einen Anspruch auf Kostenersatz des Trägers der Sozialhilfe (auch) dann, wenn es aus der Sicht der Gemeinschaft, die - was die Sicherstellung von Mitteln für eine Hilfeleistung in Notlagen angeht - eine Solidargemeinschaft bildet, zu missbilligen ist (vgl. Schoenfeld in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 2. Auflage 2008, § 103 Rnr. 6 unter Verweis auf BVerwGE, 109, 331).

Unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls hat der Kläger die Leistungen der Sozialhilfe dadurch grob fahrlässig herbeigeführt, dass er durch die unterlassene Meldung beim Arbeitsamt X zunächst den Säumniszeit- und Aufhebungsbescheid hinsichtlich der Bewilligung von Arbeitslosengeld mit Wirkung vom 03.08.2002 hervorgerufen und sodann das Ruhen des Leistungsanspruchs nicht dadurch beendet hat, dass er sich erneut persönlich beim Arbeitsamt meldete. Soweit der Kläger sich darauf beruft, er habe nicht gewusst, dass er durch eine erneute Vorsprache beim Arbeitsamt X in den Genuss von Leistungen des Arbeitslosengeldes habe gelangen können, ist dies nicht nachvollziehbar. Der Bescheid des Arbeitsamtes X vom 02.10.2002 führt ausdrücklich aus, dass der Leistungsanspruch ruhe, " bis Sie sich persönlich beim Arbeitsamt melden, mindestens jedoch für sechs Wochen". Nach Aktenlage bestehen keinerlei Zweifel daran, dass der Kläger den Sinngehalt dieser Ausführungen erfassen konnte. Das Unterlassen der Meldung beim Arbeitsamt mit der Konsequenz des Ruhens des dortig...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge