rechtskräftig

 

Verfahrensgang

SG Düsseldorf (Entscheidung vom 13.10.1999; Aktenzeichen S 34 P 194/96)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 13.10.1999 abgeändert. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten. Kosten für das Beschwerdeverfahren sind gleichermaßen nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Streitig war, ob beim vormaligen Kläger die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen nach der Pflegestufe III vorlagen. Die Beklagte hatte einen entsprechenden Antrag negativ beschieden. Auf den erfolglosen Widerspruch hat der Kläger das Sozialgericht Düsseldorf angerufen. Während des Verfahrens ist er am 09.02.1997 verstorben. Seine Ehefrau sowie seine Kinder haben den Rechtsstreit fortgesetzt.

Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 28.07.1999 erklärt, es könne davon ausgegangen werden, daß sich der Gesundheitszustand des verstorbenen Ehemannes der Klägerin fortlaufend verschlechtert habe. Da die rückwirkende Bestimmung der Hilfebedarfs nur schwerlich möglich sei, sei sie zu einer vergleichsweisen Beendigung des Rechtsstreits auf der Grundlage bereit, daß der streitbefangene Zeitraum vom 01.04.1995 bis Februar 1997 geteilt und vom 01.03.1996 an Leitungen nach Pflegestufe III gewährt werden. Eine Übernahme der außergerichtlichen Kosten komme angesichts der Unsicherheiten bei Einstufung in die Pflegestufe III nicht in Betracht.

In der nichtöffentlichen Sitzung des Sozialgerichts am 07.10.1999 haben die Beteiligten folgenden Vergleich geschlossen:

1. Die Beklagte erklärt sich unter Abänderung des Bescheides vom 01.12.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.09.1996 bereit, an die klagenden Ehefrau des Klägers als Rechtsnachfolgerin Pflegegeld gemäß § 37 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 SGB XI ab 01.03.1996 zu zahlen.

2. Die Beteiligten sind sich einig, dass das Gericht über die Erstattung der außergerichtlichen Kosten an die Klägerin durch Beschluss entscheiden soll.

3. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin ist hiermit einverstanden und nimmt die Klage im übrigen zurück.

Mit Beschluss vom 13.10.1999 hat das Sozialgericht der Beklagten gem. § 193 Abs. 1 SGG die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 1) auferlegt. Die Vorschrift des § 195 SGG stehe dem nicht entgegen, denn die Beteiligten hätten deren Geltung ausgeschlossen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beklagten. Sie macht geltend, der Rechtsstreit sei durch Vergleich vom 07.10.1999 beendet worden. Die Beteiligten hätten keine sachliche Bestimmung über die Kosten getroffen, so daß jeder Beteiligte seine Kosten zu tragen habe. Die Vorschrift des § 195 SGG könne nicht abbedungen werden.

Die Klägerin ist dem entgegengetreten. Sie bezieht sich auf den Inhalt des angefochtenen Beschlusses.

Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet.

Der Beschluss des Sozialgerichts vom 13.10.1999 ist aufzuheben, weil er gegen § 195 SGG verstößt. Eine gerichtliche Kostenentscheidung durfte nicht ergehen.

Die Beteiligten haben das Streitverfahren wirksam durch Vergleich (§ 101 Abs. 1 SGG) vom 07.10.1999 erledigt. Damit gilt für die Kostentragung die Vorschrift des § 195 SGG, weil die Beteiligten keine sachliche Bestimmung über die Kosten getroffen haben.

In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, ob die von der Beklagten gerügte Verfahrensweise des Sozialgerichts zulässig ist. Einerseits wird die Auffassung vertreten, der § 98 der Zivilprozeßordnung (ZPO) nachgebildete § 195 SGG lasse eine Bestimmung der Parteien über die Kosten in der Weise zu, daß darüber das Gericht entscheiden solle (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 6. Auflage, § 195 Anmerkung 3a; Peters-Sautter-Wolff, SGG, § 195 mwN; Kummer, Das sozialgerichtliche Verfahren, 1996, Rdn. 387; vgl. auch Bergerfurth NJW 1972, 1840; Baumbach / Lauterbach / Albers / Hartmann, ZPO, 56. Auflage, § 98 Rdn. 30; Thomas-Putzo, ZPO, 18. Auflage, § 98 Rdn. 4; einschränkend: Zöller, ZPO, 20. Auflage, § 98 Rdn. 3; OLG Oldenburg vom 11.06.1992 in NJW-RR 1992, 1466). Andererseits wird die Auffassung vertreten, die Rechtsfolge des § 195 SGG trete zwingend ein, sofern die Beteiligten keine positive abweichende Kostenregelung treffen (vgl. Zeihe, SGG, § 195 Anmerkung 5a mwN; LSG NRW in den Beschlüssen vom 16.01.1985 - L 11 S 30/84 -, vom 13.11.1985 - L 11 S 19/85 - und vom 14.10.1987 - L 11 S (Ka) 2/89 -; BayLSG in Breith 1956, 92; im Ergebnis auch LSG NRW vom 26.01.1982 - L 12 S 19/81 - in Breith 1982, 544 ff; für § 98 ZPO vgl. OLG Bamberg vom 10.08.1979 in MDR 1980, 60; OLG Hamburg MDR 1973, 1030; OLG Nürnberg MDR 1979, 1029 ).

Die erste Meinung führt zur Begründung im wesentlichen an, den Beteiligten stehe es frei, wegen der Hauptsache eine Entscheidung des Gerichts herbeizuführen oder sich zu vergleichen. Dies müsse auch für die Kosten des Verfahrens gelten. Sofern darüber keine Einigung zu erzielen sei, handele es sich lediglich um einen Teilvergleich. Es sei kein Grund ersichtlich, den Beteiligten die starre Kostenregelung ...

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