Entscheidungsstichwort (Thema)

Berechnung des Streitwertes bei Klage und Widerklage

 

Orientierungssatz

1. Der Streitwert für das gerichtskostenpflichtige Verfahren richtet sich nach den Klageinteressen beider Beteiligter. Eine Festsetzung des Streitwertes für die Zeit des Aufeinandertreffens von Klage und Widerklage ist nicht auf den Wert der Klageforderung zu beschränken. Sind die Streitgegenstände beider Verfahrensteile nicht identisch, so sind die Streitgegenstände nach § 45 Abs. 1 S. 1 GKG zusammenzurechnen.

2. Für die Frage der Zusammenrechnung von Streitwerten ist nicht die Entscheidung des Urkundsbeamten, sondern die richterliche Festsetzung maßgebend.

3. Bei Änderungen der Streitgegenstände können vom GKG abweichende Berechnungsgrundsätze gelten. Es ist zulässig, den Streitgegenstand zeitabschnittsweise festzusetzen.

 

Tenor

Die Beschwerde der Beklagten gegen den Streitwertbeschluss des Sozialgerichts Köln vom 12. Februar 2008 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Streitwert für das Klageverfahren hinsichtlich der Zeiten vom 29.12.2006 bis zum 19.07.2007 sowie vom 04.08.2007 bis zum 23.01.2008 auf 11.067,43 Euro und im Übrigen hinsichtlich der Zeit vom 20.07.2007 bis zum 03.08.2007 auf 22.134,86 Euro festgesetzt wird. Dieser Beschluss ergeht gebührenfrei. Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I. Die Beklagte (d. Bekl.) wendet sich gegen einen Beschluss des Sozialgerichts (SG) Köln, mit welchem dieses den Streitwert für das Verfahren der Klage und der Widerklage auf jeweils 11.067,43 Euro festgesetzt hat.

Die Klägerin (d. Kl.) betreibt ein Krankenhaus (sog. Plankrankenhaus gemäß § 108 Nr. 2 des Fünften Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB V)) und ist mit d. Bekl. durch einen Versorgungsvertrag (Landesvertrag Nordrhein-Westfalen (NRW) vom 06.12.1996, §§ 109, 112 SGB V) verbunden.

In der Zeit von Juli 2002 bis Februar 2004 behandelte d. Kl. in ihrem Krankenhaus mehrere Versicherte d. Bekl. (die Patienten W., K., E., Th., B. und H.) stationär und stellte dafür insgesamt 15.289,04 Euro in Rechnung (Rechnungen vom 31.08.2002, 02.,03.,10. und 28.02.2004). Diese Forderungen waren der Höhe nach nicht bestritten. D. Bekl. zahlte auf diese Forderungen nur Teilbeträge und erklärte im Übrigen wegen eines Rückforderungsanspruchs (betreffend die stationäre Behandlung der Patientin W. vom 21.03.2003 bis zum 14.05.2003; Behandlungskosten laut Rechnung vom 20.05.2003 insgesamt in Höhe von 13.137,57 Euro; von d. Bekl. unter Vorbehalt an d. Kl. Ende Mai/Anfang Juni 2003 gezahlt) die Aufrechnung in Höhe von 11.067,43 Euro. Zur Begründung führte d. Bekl. an, nach einem Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) stehe d. Kl. lediglich ein Anspruch auf Behandlungskosten für acht Tage, nicht aber für 55 Tage zu (Rückzahlungsaufforderung vom 01.12.2003).

Da sich d. Bekl. auch in der Folgezeit weigerte, die für die Patienten W. bis H. aufgelaufenen Behandlungskosten in voller Höhe zu zahlen, erhob d. Kl. am 29.12.2006 Zahlungsklage in Höhe der noch ausstehenden Beträge in Höhe von 11.067,43 Euro. Dieser Klage trat d. Bekl. am 20.07.2007 mit dem Aufrechnungsbegehren entgegen und erhob gleichzeitig Widerklage wegen der Kosten, die anlässlich der Behandlung der Patientin W. von März bis Mai 2003 zu Unrecht an d. Bekl. ausgeglichen worden seien (11.067,43 Euro).

Nachdem d. Bekl. auf die Klageforderung, offenbar mit Rücksicht auf das in § 15 des Landesvertrags vom 06.12.1996 verankerte allgemeine Aufrechnungsverbot, am 24.07.2007 den geforderten Betrag gezahlt hatte, erklärte d. Kl. das Klageverfahren am 03.08.2007 für erledigt und beantragte, d. Bekl. die Verfahrenskosten aufzuerlegen. Dem ist d. Bekl. nicht entgegengetreten.

Sie führte lediglich das vom Sozialgericht abgetrennte Verfahren der Widerklage fort und wertete unter Hinzuziehung des MDK die Behandlungsakten für die Patientin W. aus. Nach Vorlage der Ergebnisse nahm sie am 23.01.2008 die Widerklage zurück. Das SG hat mit Beschluss vom 12.02.2008 die früheren Trennungsentscheidungen aufgehoben, d. Bekl. die Kosten für Klage und Widerklage auferlegt und mit weiterem Beschluss vom 12.02.2008 den Streitwert für Klage und Widerklage auf je 11.067,43 Euro festgesetzt.

Gegen den letztgenannten Streitwertbeschluss richtet sich die am 07.04.2008 eingelegte Beschwerde. Zur Begründung führt d. Bekl. unter Bezugnahme auf ein erfolgreiches Erinnerungsverfahren aus Mitte 2007 aus, die Streitwerte für Klage und Widerklage seien nicht gemäß § 39 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) zusammenzurechnen. Nach § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG müsse die Zusammenrechnung unterbleiben, weil Klage und Widerklage denselben Streitgegenstand beträfen.

Demgegenüber vertritt d. Kl. die Auffassung, das SG habe den Streitwert zutreffend festgesetzt. Sie, d. Kl., habe mit der ursprünglichen Klageforderung Behandlungskosten für mehrere Versicherte gefordert. Mit der Widerklage habe d. Bekl. einen angeblichen Rückforderungsanspruch aus einer anderen Angelegenheit geltend gemacht.

II. 1. Die St...

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