Entscheidungsstichwort (Thema)

Maßgebliche Verjährungsfrist für vorsätzlich vorenthaltene Sozialversicherungsbeiträge

 

Orientierungssatz

1. Nach § 25 Abs. 1 S. 2 SGB 4 verjähren Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge in dreißig Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Dies gilt auch dann, wenn der Vorsatz zur Vorenthaltung der Beiträge bei deren Fälligkeit noch nicht vorlag, jedoch bis zum Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist eingetreten ist (BSG Urteil vom 30. 3. 2000, B 12 KR 14/99 R). Bedingter Vorsatz ist ausgeschlossen.

2. Damit unterliegen vorenthaltene Beiträge der dreißigjährigen Verjährungsfrist, wenn der Beitragsschuldner vor Eintritt der vierjährigen Verjährung Kenntnis von der Scheinselbständigkeit der von ihm eingesetzten Arbeitnehmer erlangt.

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 19.12.2013 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 135.068,62 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die zulässige Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht Düsseldorf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vom 5.9.2013 gegen den Beitragsbescheid vom 13.8.2013 abgelehnt. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts, denen er sich vollinhaltlich anschließt (vgl. § 142 Abs. 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).

Das Beschwerdevorbringen des Antragstellers rechtfertigt keine andere Beurteilung. Auf eine Verjährung des überwiegenden Teils der Beitragsforderung kann er sich nicht berufen.

Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Nach § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV verjähren Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge in dreißig Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Diese Vorschrift kommt auch dann zum Tragen, wenn der Vorsatz zur Vorenthaltung der Beiträge bei ihrer Fälligkeit noch nicht vorlag, jedoch bis zum Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist eingetreten ist (vgl. Senat, Beschluss vom 7.11.2012, L 8 R 699/12 B ER, juris; BSG, Urteil v. 30.3.2000, B 12 KR 14/99 R, SozR 3-2400 § 25 Nr. 7), wobei bedingter Vorsatz ausreicht (BSG, Urteil v. 26.1.2005, B 12 KR 3/04 R, SozR 4-2400 § 14 Nr. 7). Bedingt vorsätzlich hat der Beitragsschuldner gehandelt, der seine Beitragspflicht für möglich gehalten und die Nichtabführung der Beiträge billigend in Kauf genommen hat. Diese Voraussetzungen müssen konkret festgestellt, d.h. anhand der Umstände des Einzelfalles und bezogen auf den betroffenen Beitragsschuldner durch Sachverhaltsaufklärung individuell ermittelt werden. Die objektive Beweislast trifft im Zweifel den Versicherungsträger, der sich auf die für ihn günstige längere Verjährungsfrist beruft (BSG, Urteil v. 30.3.2000, B 12 KR 14/99 R, SozR 3-2400 § 25 Nr. 7; Urteil v. 26.1.2005, B 12 KR 3/04 R, SozR 4-2400 § 14 Nr. 7; jeweils m.w.N.).

Danach ist überwiegend wahrscheinlich, dass die vom Antragsteller vorenthaltenen Beiträge auch für die Jahre von 2004 bis 2008 der 30-jährigen Verjährungsfrist unterliegen, die ersichtlich noch nicht abgelaufen ist. Denn der Antragsteller hat vor Eintritt der 4-jährigen Verjährung für die in den Jahren von 2004 bis 2008 fällig gewordenen Beiträge Kenntnis von der Scheinselbständigkeit der von ihm eingesetzten Arbeitnehmer erlangt. Nach eigenem Vorbringen ist er im Juli 2008 über die Problematik der Scheinselbständigkeit durch anwaltliche Beratung aufgeklärt worden und hat danach auf eine rechtmäßige Organisation des Einsatzes von Personal nicht mehr vertraut, sodass seitdem mindestens bedingter Vorsatz beim Antragsteller vorgelegen hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung. Die Festsetzung des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren folgt aus § 197a SGG i.V.m. §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 4 Gerichtskostengesetz und berücksichtigt, dass im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Beitragsangelegenheiten betreffen, regelmäßig nur ein Viertel des Wertes der Hauptsache, einschließlich Säumniszuschlägen als Streitwert anzusetzen ist.

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).

 

Fundstellen

Dokument-Index HI14892528

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