Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschluss einer fiktiven Terminsgebühr im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes

 

Orientierungssatz

1. Allein der Umstand, dass ein Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz betrieben wird, rechtfertigt keine Kürzung der Verfahrensgebühr. Der kürzeren Verfahrensdauer steht die gedrängte Bearbeitung und die Dringlichkeit gegenüber. Bei einem unterdurchschnittlichen Umfang und einer unterdurchschnittlichen Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit ist eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG von 200.- €. angemessen.

2. Eine fiktive Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG fällt im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes nicht an. Ein Verfahren, das eine mündliche Verhandlung nicht zwingend erfordert und im Regelfall durch Beschluss entschieden wird, löst einen Anspruch auf die Terminsgebühr nicht aus. Die Beteiligten können eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nicht verhindern, sodass keine Notwendigkeit besteht, eine fiktive Terminsgebühr zu gewähren, um prozessökonomisches Verhalten des Rechtsanwalts nicht zu benachteiligen.

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 26.05.2009 geändert. Die dem Antragsteller aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen werden auf 476,00 Euro festgesetzt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Streitig ist die Höhe der erstattungsfähigen Rechtsanwaltsgebühren im Rahmen der durch das Sozialgericht (SG) Detmold für ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bewilligten Prozesskostenhilfe.

Mit Beschluss vom 05.08.2008 hat das SG den Antragstellern des Ausgangsverfahrens Prozesskostenhilfe für das einstweilige Anordnungsverfahren bewilligt und den Beschwerdeführer, Rechtsanwalt O aus M beigeordnet. Nach Beendigung des Verfahrens machte der Beschwerdeführer mit Kostenrechnung vom 10.09.2008 folgende Gebühren gegen die Staatskasse geltend:

Verfahrensgebühr für 3 weitere Auftraggeber Nr. 3102, 1008 VV RVG 475,00 Euro

Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 200,00 Euro

Post- und Telekommunikationspauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 Euro

19% Umsatzsteuer gemäß Nr. 7008 VV RVG 132,05 Euro

Summe 827,05 Euro

Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 23.09.2008 setzte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Sozialgerichts die Gebühren und Auslagen wie folgt fest:

Verfahrensgebühr für 3 weitere Auftraggeber 187,50 + 90 v.H. 356,25 Euro

Post- und Telekommunikation Nr. 7002 VV RVG 20,00 Euro

Nettobetrag 376,25 Euro

19% Umsatzsteuer 71,49 Euro

Gesamtbetrag 447,74 Euro

Zur Begründung führte er aus, die von dem Prozessbevollmächtigten der Antragsteller angesetzte Gebühr sei unbillig. Eine Minderung der Mittelgebühr um moderate 25 v.H. sei sachgerecht. Wegen Nr. 1008 VV RVG sei der geminderte Betrag von 187,50 Euro um 90 v.H. bei vier vertretenen Mandanten und entsprechenden Beiordnungen sachgerecht. Des Weiteren verneinte er die Voraussetzungen für die Entstehung einer fiktiven Terminsgebühr.

Hiergegen legte der Beschwerdeführer am 23.10.2008 Erinnerung ein und trug zur Begründung vor, dass die Verfahrensgebühr jedenfalls in Höhe der Mittelgebühr entstanden sei. Die Angelegenheit sei insgesamt von wenigstens durchschnittlicher Schwierigkeit gewesen. Zudem sei eine fiktive Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG entstanden, weil der Rechtsstreit durch die Annahme des Anerkenntnisses der Antragsgegnerin des Ausgangsverfahrens beendet worden sei.

Nachdem der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle der Erinnerung nicht abgeholfen hatte, hat das SG mit Beschluss vom 26.05.2009 die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 23.09.2008 zurückgewiesen und zur Begründung auf die Ausführungen im Kostenfestsetzungsbeschluss verwiesen.

Gegen den ihm am 09.06.2009 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 22.06.2009 Beschwerde eingelegt und seine Begründung aus dem Erinnerungsverfahren wiederholt.

Der Beschwerdegegner ist der Auffassung, dass die angefochtene Entscheidung nicht zu beanstanden sei. Ergänzend trägt er vor, dass eine fiktive Terminsgebühr im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht entstehe.

II.

Das Landessozialgericht entscheidet über die Beschwerde gemäß den §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 8 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) durch den Berichterstatter als Einzelrichter. Die Sache weist keine besonderen Schwierigkeiten rechtlicher oder tatsächlicher Art auf. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung (mehr), nachdem der Senat in der Besetzung mit drei Berufsrichtern im Beschluss vom 24.02.2011 (L 7 B 400/08 AS) das Entstehen einer fiktiven Terminsgebühr im einstweiligen Rechtsschutzverfahren verneint und seine bisherige gegenteilige Auffassung aufgegeben hat.

Das Rubrum war von Amts wegen zu korrigieren. Antragsteller und Beschwerdeführer ist in Verfahren, die die Höhe der Rechtsanwaltsvergütung bei gewährter Prozesskostenhilfe betreffen, der Rechtsanwalt selbst. Beschwerdegegner ist die Landeskasse, vertreten durch den Bezirksrevisor. Die durch die Prozesskostenhilfe begü...

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