Entscheidungsstichwort (Thema)

Übergangsleistung. Beginn. Ende. keine Verlängerung. Erziehungsurlaub. Fünfjahresfrist. Verfassungsmäßigkeit

 

Orientierungssatz

Die Fünfjahresfrist des § 3 Abs 2 S 2 BKVO endet spätestens an dem Tag, der dem Tag der Einstellung der gefährdenden Tätigkeit entspricht. Die Fünfjahresfrist verlängert sich nicht durch Zeiträume, in denen der Versicherte mangels eines Minderverdienstes keinen Anspruch auf eine Übergangsleistung hat. Der Fünfjahreszeitraum, der stets kalendermäßig abläuft und nicht durch Zeiten des Bezuges von Erziehungsgeld und Zeiten des Erziehungsurlaubs zu verlängern ist, verstößt nicht gegen Art 6 GG.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 22.05.1997; Aktenzeichen 2 BU 84/97)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin Anspruch auf eine Übergangsleistung nach § 3 Abs. 2 Berufskrankheiten-Verordnung (BKVO) hat. Als Übergangsleistung wird ein einmaliger Betrag bis zur Höhe der Jahresvollrente oder eine monatlich wiederkehrende Zahlung bis zur Höhe der Vollrente, längstens für die Dauer von fünf Jahren, gewährt.

Die 1962 geborene Klägerin hatte den Beruf der Floristin erlernt und war in diesem Beruf - zuletzt als Floristikmeisterin - bis zum 8. Oktober 1992 tätig. Sie bezieht wegen der Folgen einer Berufskrankheit (BK) nach Nr. 4301 der Anlage 1 zur BKVO (durch allergisierende Stoffe verursachte Atemwegserkrankung) seit dem 4. Juni 1993 Verletztenrente in Höhe von 20 vH der Vollrente. Mit Bescheid vom 26. August 1994 lehnte die Beklagte eine Übergangsleistung nach § 3 Abs. 2 BKVO ab und führte - nach einer allgemeinen Erläuterung der vorgenannten Vorschrift - zur Begründung im wesentlichen aus:

Am 8.10.92 waren Sie letztmalig im Unternehmen von Frau S. gefährdend tätig. Das Arbeitsentgelt wurde bis zum 19.11.92 weitergezahlt. Im Anschluß daran erhielten sie bis einschließlich 3.6.93 von Ihrer Krankenkasse Krankengeld und vom 4.6.-19.9.93 Mutterschaftsgeld. Darüber hinaus haben Sie ab 25.7.93 Anspruch auf Erziehungsgeld unter Anrechnung des gezahlten Mutterschaftsgeldes.

Aus diesem Grunde können wir Ihnen für die Zeit vom 9.10.92 bis 19.9.93 eine Übergangsleistung nicht gewähren. Auch für die Zeit ab 20.9.93 kommt ein Minderverdienstausgleich nicht in Betracht. Durch die Erziehung Ihres am 25.7.93 geborenen Kindes stehen Sie dem freien Arbeitsmarkt gegenwärtig nicht zur Verfügung (Ihre Angaben vom 10.8.94).

Wir stellen Ihnen daher anheim, sich zu gegebener Zeit beim Arbeitsamt arbeitssuchend zu melden und uns zu benachrichtigen. Wir werden dann prüfen, ob Ihnen unter Umständen noch bis zum Ende des Fünfjahreszeitraumes (Beginn 9.10.92 Ende 8.10.97) eine Übergangsleistung zu gewähren ist. Wir weisen allerdings schon jetzt darauf hin, daß der Gesetzgeber eine Verlängerung des genannten Zeitraumes infolge der Gewährung von Mutterschafts- und Erziehungsgeld nicht vorgesehen hat.

Mit dem dagegen gerichteten Widerspruch machte die Klägerin geltend, die Dauer ihres Erziehungsurlaubes - dieser ende (nach der Geburt ihres zweiten Kindes) voraussichtlich Ende Februar 1998 - sei auf den Fünfjahreszeitraum der Erbringung von Übergangsleistungen nicht anzurechnen. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 29. Dezember 1994 zurück.

Dagegen richtet sich die rechtzeitig vor dem Sozialgericht (SG) Hannover erhobene Klage. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 11. März 1996 abgewiesen: Übergangsleistungen seien nur bis zum Ablauf von fünf Jahren seit der Aufgabe der gefährdenden Beschäftigung oder Tätigkeit vorgesehen; eine Verlängerung dieses Zeitraumes sei nicht möglich. Sinn und Zweck der zeitlichen Begrenzung liege auch darin, dem Versicherungsträger Planungen hinsichtlich der von ihm aufzubringenden Kosten durch festabgegrenzte Leistungszeiten zu ermöglichen. Diese gesetzliche Regelung verstoße nicht gegen grundgesetzlich geschützte Positionen der Klägerin.

Gegen dieses ihr am 29. April 1996 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 23. Mai 1996 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, die Geburt ihres Sohnes am 25. Juli 1993 sei für die Aufgabe ihrer Berufstätigkeit nicht ursächlich geworden. Auch danach sei sie bereit gewesen, einer Beschäftigung nachzugehen und hierzu auch in der Lage, da das Kind von der Mutter der Klägerin betreut worden wäre. Entscheidend dafür, daß sie keine Beschäftigung mehr aufgenommen habe, sei mithin die BK und nicht die Kindeserziehung. Soweit die Klägerin Erziehungsurlaub in Anspruch genommen habe, sei dieser bei der Fristbemessung nicht zu berücksichtigen. § 3 Abs. 2 BKVO könne durchaus in dem Sinn ausgelegt werden, daß der Fünfjahreszeitraum - hier durch Zeiten eines Erziehungsurlaubes - unterbrochen werde.

Die Klägerin beantragt,

1. das Urteil des SG Hannover vom 11. März 1996 und den Bescheid der Beklagten vom 26. August 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Dezember 1994 aufzuheben,

2. die Beklagte zu verurteilen, ihr eine Übergangsleistung nach § 3 Abs. 2 BKVO zu erbringen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung de...

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