Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilfe. Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Unterkunft und Heizung. nachträglicher Mietvertrag unter Verwandten. rechtlicher Bindungswille. Aufteilung der Unterkunftskosten nach Kopfzahl. Wohnungserstausstattung iS von § 31 Abs 1 Nr 1 SGB 12

 

Orientierungssatz

1. Mündlich abgeschlossene Vereinbarungen unter Verwandten über die Überlassung von Wohnraum können Rechtsgrundlage dafür sein, dass der Grundsicherungsträger tatsächliche Aufwendungen für Unterkunft und Heizung zu übernehmen hat, wenn ein entsprechender rechtlicher Bindungswille der Vertragsparteien besteht (vgl BSG vom 7.5.2009 - B 14 AS 31/07 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 21).

2. Die für Unterkunft und Heizung in dem auch von einem Sozialhilfeempfänger bewohnten Haus erforderlichen Aufwendungen gem § 42 S 1 Nr 2 SGB 12 iVm § 29 Abs 1 und 3 SGB 12 sind anteilmäßig auf alle Bewohner des Hauses zu verteilen, sodass unabhängig von der (vertraglichen) Zahlungsverpflichtung auf jeden Bewohner ein (im Regelfall gleicher) Kostenanteil entfällt. Mit den "tatsächlichen Aufwendungen" in den genannten Vorschriften sind nicht nur die den Leistungsempfänger direkt treffenden Verpflichtungen, sondern die auf das Wohnobjekt entfallenden Kosten gemeint (vgl LSG Celle-Bremen vom 27.8.2009 - L 8/13 SO 15/07).

3. Leben nicht hilfebedürftige und hilfebedürftige Personen, die miteinander verwandt oder verschwägert sind, in Haushaltsgemeinschaft, bestehen die (angemessenen) Aufwendungen des Hilfebedürftigen für die Unterkunft in einem Teil der (angemessenen) Aufwendungen, die für die Wohnung der Haushaltsgemeinschaft zu entrichten sind (vgl BVerwG vom 21.1.1988 - 5 C 68/85 = BVerwGE 79, 17, BSG vom 31.10.2007 - B 14/11b AS 7/07 R und vom 23.11.2006 - B 11b AS 1/06 R = BSGE 97, 265 = SozR 4-4200 § 20 Nr 3).

4. Ist ein Sozialhilfeempfänger bereits im Besitz eines Bettes, handelt es sich bei dem von ihm neu angeschafften Bett nicht um eine Erstausstattung iS von § 31 Abs 1 Nr 1 SGB 12, sondern um eine nicht von dieser Vorschrift erfassten Ersatzbeschaffung.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 25.08.2011; Aktenzeichen B 8 SO 29/10 R)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Stade vom 13. Dezember 2007 aufgehoben.

Der Bescheid der Stadt Langen vom 11. Mai 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 31. August 2005 wird aufgehoben.

Der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger unter Abänderung des Bescheides der Stadt Langen vom 3. Januar 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. März 2005 für den Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Dezember 2005 Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der Hälfte der für das Haus G., 27607 Langen anfallenden, angemessenen Unterkunfts- und Heizkosten zu bewilligen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Beklagte hat dem Kläger die Hälfte seiner außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Die Revision wird zugelassen, soweit Leistungen für Unterkunft und Heizung streitig sind.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt von dem Beklagten Leistungen nach dem SGB XII für Unterkunft und Heizung für das Jahr 2005 in Höhe von 344,97 € monatlich sowie für eine Wohnungserstausstattung.

Der 1980 geborene Kläger leidet unter einem Down-Syndrom. Er ist schwerbehindert mit einem GdB von 100 und den Merkzeichen G, H und RF. Er lebt gemeinsam mit seinem Vater, der zu seinem Betreuer bestellt ist, in der Stadt L. in einem Reihenhaus. Der Vater ist Eigentümer des Hausgrundstücks und trägt die laufenden Kosten.

Die für den Beklagten handelnde Stadt L. gewährte dem Kläger ab 1. Januar 2003 laufende Grundsicherungsleistungen nach dem Grundsicherungsgesetz in Höhe von 194,77 €, wobei anteilige Unterkunftskosten in Höhe von 63,18 € monatlich und anteilige Heizkosten in Höhe von 24,00 € (abzgl. 5,03 € für Warmwasser) monatlich berücksichtigt wurden. Am 9. Juli 2003 und 9. Juni 2004 beantragte der Kläger durch seinen ihn betreuenden Vater die Weitergewährung der Grundsicherungsleistungen. Dabei gab der Vater jeweils an, dass der Kläger an ihn als Vermieter monatlich eine Grundmiete in Höhe von 300,00 €, Heizkosten in Höhe von 50,00 € und sonstige Nebenkosten in Höhe von 90,00 € monatlich zu zahlen habe. Für die Folgezeiträume bis 31. Dezember 2004 wurden dem Kläger weiterhin Grundsicherungsleistungen bewilligt, wobei - wie zuvor - jeweils 63,18 € monatlich anteilige Unterkunftskosten und 24,00 € Heizkosten (abzüglich 5,03 € für die Warmwasserbereitung), insgesamt 82,15 € monatlich, berücksichtigt wurden.

Die Stadt L. bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 3. Januar 2005 für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 2005 Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII ohne Berücksichtigung von Unterkunfts- und Heizkosten. Zur Begründung wurde unter anderem ausgeführt, bei der Bedarfsberechnung hätten die monatlichen Kosten der Unterkunft und Heizung nicht mehr berücksichtigt werden können, weil offensichtlich kein Mietvertrag zwischen dem Kläger und seinem Vater bestehe. Dagegen erho...

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