Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. beigeordneter Rechtsanwalt. Erhebung einer aussichtslosen Klage gegen das erklärte Interesse des Auftraggebers. kein Vergütungsanspruch

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Prozessbevollmächtigter, der eine gegen das erklärte Interesse seines Auftraggebers gerichtete Klage einreicht, die zudem von Beginn an aussichtslos war, hat keinen Vergütungsanspruch nach dem RVG gegenüber seinem Auftraggeber und dementsprechend im Vergütungsfestsetzungsverfahren im Rahmen bewilligter Prozesskostenhilfe auch nicht gegenüber der Staatskasse.

 

Tenor

Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Erinnerungsbeschluss des Sozialgerichts Braunschweig vom 22. Juli 2020 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Höhe der Rechtsanwaltsvergütung nach dem Vergütungsverzeichnis zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV RVG) in einem Prozesskostenhilfeverfahren.

Der Beschwerdeführer wurde mit Beschluss des Sozialgerichts Braunschweig (SG) vom 16. April 2018 im Klageverfahren zum Aktenzeichen S 19 AS 1790/17 bzw. S 28 AS 1790/17 dem dortigen Kläger ab dem 22. Dezember 2017, dem Zeitpunkt der Einreichung der Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen, als Prozessbevollmächtigter beigeordnet.

In dem vom Beschwerdeführer am 27. Oktober 2017 anhängig gemachten Verfahren wandte sich der dortige Kläger „wegen Zahlungseinstellung“ gegen einen Widerspruchsbescheid des Jobcenters E. vom 28. September 2017, mit dem ein Widerspruch vom 13. Juni 2017 gegen eine mit Bescheid vom 23. Mai 2017 aufgrund einer telefonisch mitgeteilten Arbeitsaufnahme verfügte Einstellung von Grundsicherungsleistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zurückgewiesen worden war. Mit nachfolgendem Schriftsatz vom 10. Januar 2018 begründete der Beschwerdeführer die Klage damit, dass sich diese gegen einen Ablehnungsbescheid vom „23.05.2017“ bzgl. der begehrten Gewährung von Einstiegsgeld richte, weil der Grund für die Förderungsablehnung nicht ersichtlich sei. Auf nachfolgende umfangreiche schriftliche gerichtliche Hinweise dahin, dass eine Bescheidung eines Widerspruchs des Klägers gegen einen Bescheid vom 23. Mai 2017 bzgl. der Ablehnung eines beantragten Einstiegsgeldes für die am 23. Mai 2017 aufgenommene Tätigkeit bisher nicht ersichtlich sei, insbesondere nicht im mit der Klage angegriffenen Widerspruchsbescheid vom 28. September 2017, trug der Beschwerdeführer vor, das Jobcenter E. wisse doch selbst, welcher Sachverhalt dem Verfahren zugrunde liege.

Nach Stellungnahmen des Jobcenters E. vom April und Juli 2018, wonach sich die Klage nach dortigem Verständnis auf die Zahlungseinstellung beziehe und es zudem keinen weiteren Vorgang zum Einstiegsgeld gebe, bestimmte das SG zusammen mit drei weiteren Klageverfahren des dortigen Klägers einen insgesamt von 11:12 bis 11:50 Uhr dauernden Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 20. September 2018. In diesem erklärte das Jobcenter E., bisher den Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid vom 23. Mai 2017 bzgl. der begehrten Gewährung von Einstiegsgeld noch nicht beschieden zu haben und dies nachzuholen.

Gegen den entsprechend am 21. September 2018 erlassenen Widerspruchsbescheid reichte der Beschwerdeführer am 22. Oktober 2018 eine beim SG zunächst zum Aktenzeichen S 19 AS 1763/18 geführte gesonderte Klage ein. Auf erneute umfangreiche schriftliche gerichtliche Hinweise vertrat der Beschwerdeführer insoweit die Auffassung, dass der Widerspruchsbescheid vom 21. September 2018 nicht Gegenstand des anhängigen Verfahrens S 19 AS 1790/17 geworden sei, weil dortiger Gegenstand ein anderer Widerspruchsbescheid vom 28. September 2017 sei. Das Verfahren S 19 AS 1763/18 sei daher fortzuführen, das andere Verfahren nicht. Eine verfahrensbeendende Erklärung reichte der Beschwerdeführer jedoch nicht ein.

Nach einem im Januar 2019 erfolgten Übergang der Verfahren S 19 AS 1790/17 und S 19 AS 1763/18 in die 28. Kammer beim SG, einer mit Beschluss des SG vom 9. Mai 2019 erfolgten Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das nunmehr zum Aktenzeichen S 28 AS 1763/18 geführte Verfahren und einer Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 7. Juni 2019, wonach der Antrag auf Einstiegsgeld nicht vor Aufnahme der Tätigkeit gestellt werden müsse, bestimmte das SG einen gemeinsamen, insgesamt von 11:55 bis 12:35 Uhr dauernden Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 5. Dezember 2019. In diesem erklärte der Beschwerdeführer, dass er mit der Klage vom 27. Oktober 2017 zum Aktenzeichen S 28 AS 1790/17, wie sich aus dem Zusatz „wegen Zahlungseinstellung“ unter Bezugnahme auf den Widerspruchsbescheid vom 28. September 2017 „eindeutig ergebe“, nur diesen Punkt zum Streitgegenstand habe machen wollen und nicht die Frage, ob Einstiegsgeld bewilligt werden müsse. Gegen die vorläufige Leistungseinstellung wolle sich der Kläger auch gar nicht wehren. Ihm gehe es nur um das Einstiegsgeld...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge