nicht rechtskräftig

 

Verfahrensgang

SG Bremen (Entscheidung vom 12.05.1999; Aktenzeichen S 15 VS 78/95)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Bremen vom 12. Mai 1999 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat dem Kläger die außergericht- lichen Kosten auch des Berufungsverfahrens erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Streitig ist in der Berufung nur noch, ob die Beklagte durch einen während des Klageverfahrens erlassenen Bescheid zu Recht festgestellt hat, daß die Anerkennung einer Schädigungsfolge nach dem Häftlingshilfegesetz (HHG) in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) rechtswidrig war.

Der 1929 geborene Kläger war zwischen 1945 und 1951 in verschiedenen Gefängnissen bzw. Lagern in der früheren sowjetisch besetzten Zone und in der Sowjetunion inhaftiert. Erstmals im Februar 1989 beantragte er Versorgung bei der Beklagten wegen verschiedener Gesundheitsstörungen.

Mit Bescheid vom 10. Mai 1994 erkannte die Beklagte als Schädigungfolgen eine chronisch persistierende Hepatitis C und eine Pleuraverdickung im rechten Oberfeld nach Lungentuberkulose als Schädigungsfolge an. Die Gewährung einer Rente lehnte sie ab, weil hierdurch eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um mindestens 25 v.H. nicht erreicht werde. Die Feststellungen zur Hepatitis beruhten im wesentlichen auf einem internistischen Gutachten des Direktors der medizinischen Klinik F. Prof. Dr. G. vom 25. Februar 1994, der die MdE zwischen 20 und 30 eingeschätzt hatte, und auf einer versorgungsärztlichen Stellungnahme, die der Anerkennung als Schädigungsfolge zustimmte, aber die MdE mit 20 v.H. bewertete. Dabei wurde davon ausgegangen, daß der Kläger, bei dem anamnestisch während der Haft eine Gelbsucht aufgetreten war, sich die nunmehr laborchemisch nachweisbaren Infektionen mit einer (zwischenzeitlich ausgeheilten) Hepatitis B und einer floriden Hepatitis C während der Haftzeit zugezogen hatte.

Im Widerspruchsverfahren ließ die Beklagte ein gastroenterologisch-hepatologisches Gutachten des Chefarztes der II. Medizinischen Klinik H. Prof. Dr. I. vom 19. Dezember 1994 erstatten. Dieser stellte bei dem Kläger eine postentzündliche Leberzirrhose auf dem Boden einer chronisch-aktiven Hepatitis C fest und schätzte die MdE nunmehr auf 70 v.H. Hinsichtlich der Kausalität kam er zu dem Ergebnis, es sei unter Berücksichtigung des langen Zeitraums zwischen Gefangenschaft und Auftreten erhöhter Leberwerte und wegen fehlender Brückensymptome davon auszugehen, daß das Leiden nicht mit dem schädigenden Ereignis in Zusammenhang stehe, sondern die Hepatitis C nach 1967 (dem Zeitpunkt einer Gallenblasenoperation mit Erhebung verschiedener Laborbefunde) erworben worden sei, auch wenn anamnestisch kein Hinweis für eine Infektion nach 1967 vorliege.

Mit Widerspruchsbescheid vom 15. Februar 1995 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die anerkannten Schädigungen bedingten keine MdE um wenigstens 25 v.H. Nach der erneuten Überprüfung der Zusammenhangsfrage durch das weitere Gutachten sei es möglich, aber nicht ausreichend wahrscheinlich, daß der Kläger sich neben der ausgeheilten Hepatitis B während der Haft auch eine Hepatitis C zugezogen habe. Dagegen spreche aber der ungewöhnlich lange Verlauf und die Tatsache, daß während der klinischen Behandlung 1967 sich kein Hinweis auf eine akute oder chronische Hepatitis ergeben habe. Es sei deshalb wahrscheinlich, daß er sich die Hepatitis C, die jetzt in eine Leberzirrhose übergegangen sei, nach 1967 zugezogen habe. Es bestehe keine Wahrscheinlichkeit für den Ursachenzusammenhang zwischen Hafteinwirkung und dem anerkannten Leberleiden; eine Erweiterung des Tenors oder eine Erhöhung der MdE könnten daher nicht erfolgen.

Am 24. Februar 1995 hat der Kläger beim Sozialgericht Bremen Klage erhoben und eine Beschädigtenrente nach einer MdE um mindestens 25 v.H. begehrt. Er hat drei Krankenblätter vorgelegt, die ihm durch den jetzt ermöglichten Zugang zu seiner Stasi-Akte bekannt geworden seien. Darin ist eine Lazarettbehandlung wegen Hepatitis im Jahre 1950 dokumentiert. Neben der Anerkennung der Leberzirrhose hat der Kläger auch die Anerkennung seelischer Beeinträchtigungen als Schädigungsfolge geltend gemacht. Weiterhin hat er auf Beweiserleichterungen bei Haftschäden (entsprechend § 31 Abs. 2 Bundesentschädigungsgesetz für die Verfolgten des NS-Regims) verwiesen und vorgetragen, jedenfalls lägen die Voraussetzungen einer "Kann-Versorgung" vor.

Die Beklagte hat während des Klageverfahrens mit zwei Schreiben zur Anhörung nach § 24 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Verwaltungsverfahren - (SGB X) mit Datum vom 29. November 1995 und 26. April 1996 - ohne Nennung einer Ermächtigungsgrundlage - angekündigt, einen Verwaltungsakt zu erlassen, mit dem nur noch die Schädigungsfolge "Pleuraverdickung rechtes Oberfeld nach Lungentuberkulose" mit einer MdE (weiterhin) unter 25 v.H. anerkannt würde. Die mit Bescheid vom 10. Mai 1994 anerkannte Schädigungsfolge "chronisch persis...

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