Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verwaltungsverfahren. Staatliche Versicherung der ehemaligen DDR. Verwaltungsakt. Bestandskraft

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Entscheidung der Staatlichen Versicherung der ehemaligen DDR über die Zahlung einer Ausgleichssumme unterliegt nicht der Bindungswirkung des Art 19 S 1 des Einigungsvertrages.

 

Orientierungssatz

Bei der Staatlichen Versicherung der ehemaligen DDR ist nur dann von einer Sozialversicherung auszugehen, wenn in dem Verwaltungsakt der Staatlichen Versicherung zusätzlich noch die "Abt Sozialversicherung" eingedruckt ist. Anderenfalls ist die Staatliche Versicherung der DDR einer privaten Versicherung gleichzusetzen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung streitig.

Die am 19. Dezember 1921 geborene Klägerin erlitt gemäß einer Unfallmeldung ihres damaligen Arbeitgebers, dem VEB Volkswerft S vom 24. November 1980, am 21. November 1980 auf dem Weg zur Arbeitsstelle einen Unfall. In dieser Meldung heißt es u.a., daß sich die Klägerin beim Einsteigen in den Bus der Linie 1, Haltestelle K-West in S, den Fuß durch das Fehlen eines Bodenbleches verletzt habe. Die Klägerin wurde vom 21. November 1980 bis zum 14. Dezember 1980 ambulant in der chirurgischen Poliklinik der Volkswerft S (durch die Betriebsärztin Dr. W) wegen einer Distorsion des linken Sprunggelenkes sowie einer Schwellung und eines Druckschmerzes über der lateralen Fußwurzel behandelt. Die Klägerin war bis zum 07. Dezember 1980 aufgrund dieses Unfalles arbeitsunfähig.

Die Klägerin erhielt durch die damalige Staatliche Versicherung der ehemaligen DDR einen einmaligen Ausgleichsbetrag in Höhe von 900,- Mark. In den Folgejahren wurden durch die Staatliche Versicherung der ehemaligen DDR bzw. durch den FDGB-Kreisvorstand S ärztliche Gutachten hinsichtlich der Feststellung des Körperschadens infolge dieses Arbeitsunfalles der Klägerin eingeholt. In einem Gutachten vom 16. Juni 1982 kamen die Fachärzte für Chirurgie der chirurgischen Abteilung des Medizinischen Zentrums S - Diplom-Mediziner F und Oberarzt Dr. D - nach einer ambulanten Untersuchung der Klägerin zu dem Ergebnis, daß es sich bei der Verletzung der Klägerin lediglich um eine Distorsion des linken Sprunggelenkes und Unterschenkels gehandelt habe. Röntgenologisch habe kein Anhalt für eine Fraktur bestanden. Es fänden sich keine Umfangsdifferenzen; die Beweglichkeit des rechten und linken Sprunggelenkes sei gleich und entspreche ungefähr den Normwerten. Eine leichte Sensibilitätsstörung könne um den Außenknöchel und proximal zum Wadenbein nachgewiesen werden. Bei extremer Supination und Dorsalflexion beständen stärkere Schmerzen am Außenknöchel. Den auf den Unfall zurückzuführenden Körperschaden schätzten die Gutachter mit 5 % ein. Die Kreisgutachterin G Fachärztin für Allgemeinmedizin, stimmte dem Gutachten zu. Ein Obergutachten, das im Auftrage der Staatlichen Versicherung der DDR am 19. Juli 1983 erstattet wurde, diagnostizierte als Unfallfolgen einen Zustand nach Sprunggelenksverrenkung und Mittelfußverstauchung mit Restbeschwerden in Form von einer gewissen Gehunsicherheit und Schmerzen. Der Grad des Körperschadens wurde ebenfalls mit 5 % angegeben. Aufgrund einer Eingabe der Klägerin beim Staatsrat der DDR erstattete der Chefarzt der Chirurgischen Klinik des Bezirkskrankenhauses S, OMR Dr. M; unter dem Datum vom 18. April 1986 ein weiteres ärztliches Gutachten. Er diagnostizierte bei der Klägerin einen Zustand nach Distorsion des linken Sprunggelenkes mit belastungsabhängigen Restbeschwerden in Form von Geh- und Stehbehinderungen mit beginnenden degenerativen Veränderungen in Sprung- und Mittelfußgelenken. Gegenüber dem Gutachten vom 19. Juli 1983 sei eine geringgradige Verschlechterung durch eine vermehrte Sprunggelenks- und Mittelfußabnutzung eingetreten. Der gesamte unfallbedingte Körperschaden belaufe sich auf 10 % Die Kreisgutachterin G stimmte diesem Gutachten wiederum zu.

Am 08. April 1991 beantragte die Klägerin die Zahlung einer Unfallrente zunächst bei der Nordwestlichen Eisen- und Stahl-Berufsgenossenschaft. Sie trug vor, daß sie darüber informiert sei, daß es schon ab "5 %" eine Unfallrente gebe. Zudem sei ihr "Schaden" weitaus höher als "10 %". Sie habe tägliche Schmerzen, zudem liege eine Sehnenverletzung vor. Sie sei damals nach dem Unfall nicht richtig behandelt worden, insbesondere von den Ärzten der Poliklinik Stralsund. Sie habe kein Vertrauen zu den hiesigen Ärzten. Sie reichte u.a. ein Schreiben der Deutschen Versicherungs-Aktiengesellschaft (Allianz) vom 03. Dezember 1990 zu den Akten. Darin wurde der Klägerin mitgeteilt, daß ihr Anspruch auf eine monatliche Rentenzahlung in Höhe von 40,- Mark nicht anerkannt werde. Im Urteil des Kreisgerichtes Stralsund vom 07. November 1985 sei eine diesbezügliche Klage der Klägerin abgewiesen worden. Eine Möglichkeit, weitere Schadensersatzansprüche anzuerkennen, bestehe nicht. Zudem reichte die Klägerin ...

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