Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Wegeunfall. Unterbrechung des unmittelbaren Weges. sachlicher Zusammenhang. Handlungstendenz. eigenwirtschaftliche Tätigkeit. Brötchenkauf auf dem Heimweg. Abgrenzung: Nahrungsmittelkauf während der Arbeitspause

 

Orientierungssatz

1. Eine Arbeitnehmerin, die auf der zwecks Brötchenkauf unterbrochenen Heimfahrt auf dem Parkplatz des Supermarktes verunglückt, steht mangels sachlichen Zusammenhangs zur betrieblichen Tätigkeit nicht gem § 8 Abs 2 Nr 1 SGB 7 unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.

2. Davon abzugrenzen ist das Zurücklegen eines Weges durch einen Beschäftigten mit der Handlungstendenz, sich an einem vom Ort der Tätigkeit verschiedenen Ort Nahrungsmittel zu besorgen oder einzunehmen, da nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts dieser Weg unabhängig von dessen zwingender betrieblicher Notwendigkeit grundsätzlich versichert ist. Doch sind hiervon nur während einer Arbeitspause zurückgelegte Wege zur Nahrungsaufnahme oder zum Einkauf von Lebensmitteln für den alsbaldigen Verzehr am Arbeitsplatz erfasst.

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Neubrandenburg vom 11. Mai 2017 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Anerkennung eines Arbeitsunfalles.

Die 1954 geborene Klägerin arbeitete bis zum Eintritt in die Altersrente als angestellte Lehrerin in Vollzeit an der „Regionale Schule Nord“, A-Stadt. Neben dem für alle Lehrer zugänglichen Lehrerzimmer stand ihr in der Schule kein eigener Raum für Vor- und Nachbereitungen des Unterrichts zur Verfügung.

Am 13. Oktober 2014 verließ die Klägerin, nachdem ihr Unterricht um 12:15 Uhr geendet hatte, um 12:45 Uhr die Schule und begab sich mit ihrem Pkw auf den Weg zu ihrer Wohnung im S.-Weg in A-Stadt. Im L.-Ring fuhr sie auf den Parkplatz des Rewe-Marktes, um zwei Brötchen einzukaufen. Nach dem Verlassen des Marktes gegen 13:00 Uhr stolperte die Klägerin auf dem Parkplatz und fiel auf die linke Schulter.

Der Durchgangsarzt Hr. G. des Klinikums A-Stadt diagnostizierte nach durchgeführtem Röntgen eine Fraktur des Humeruskopfes und eine Glenoidfraktur.

Im Unfallbericht, der am 23. Oktober 2014 bei der Beklagten einging, gab die Klägerin an, dass ihr üblicher Arbeitsweg von ihrer Wohnung über die F.-Straße, den L.-Ring und die B 192 in den D.weg führt. Sie habe an dem fraglichen Tag tägliche Lebensmittel (Brötchen) eingekauft.

Mit Bescheid vom 17. November 2014 lehnte die Beklagte es ab, das Ereignis vom 13. Oktober 2014 als Arbeitsunfall anzuerkennen. Die zum Unfallzeitpunkt verrichtete Tätigkeit müsse in einem inneren Zusammenhang mit der üblicherweise zu verrichtenden Tätigkeit stehen. Daran fehle es hier, da der Kauf der Brötchen für den täglichen Bedarf nicht in einem sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit gestanden habe. Zur versicherten Tätigkeit rechne zwar auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges zum Ort der Tätigkeit und zurück. Diese Wege seien jedoch noch nicht Teil der eigentlich versicherten Tätigkeit und tatsächlich würden mit diesen Wegen häufig auch private Verrichtungen und Zwecke verbunden. Das Einkaufen der Brötchen stehe in keinem Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit.

Hiergegen legte die Klägerin am 27. November 2014 Widerspruch ein. Der Kauf der Brötchen im Rewe-Markt habe nur zu einer kurzen und geringfügigen Unterbrechung des Heimweges geführt. Auch sei der Heimweg in keiner Weise durch einen Umweg unterbrochen worden, da der Backstand unmittelbar am Heimweg liege. Sie habe lediglich 2 Brötchen gekauft, da sie zügig nach Hause kommen wollte, um weitere Unterrichtsvor- und -nachbereitungen durchführen zu können. Der Unfall habe sich daher im Rahmen eines Betriebs-/Arbeitsweges im Sinne von § 8 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) ereignet. Denn die Klägerin habe einen Ort einer versicherten Tätigkeit verlassen, um zu einem anderen Ort zu gelangen, an welchem sie eine weitere versicherte Tätigkeit verrichten wollte. Ein solcher Weg außerhalb der Betriebsstätte, der mit der versicherten Tätigkeit selbst in sachlichem Zusammenhang steht, unterliege denselben Grundsätzen wie nach § 8 Abs. 2 SGB VII versicherte Wege bei vergleichbaren Problemen. Auch Wege zur Nahrungsaufnahme oder zum Nahrungskauf in der Mittagspause seien versichert. Der Versicherungsschutz werde lediglich für die Dauer des Aufenthaltes in der Gaststätte bzw. im Supermarkt unterbrochen. Durch den Einkauf sei keine „Unterbrechung“ des Versicherungsschutzes eingetreten. Es habe sich hierbei vielmehr um den unter Versicherungsschutz stehenden Nahrungskauf während der Mittagspause gehandelt.

Auf Nachfrage der Beklagten teilte die Regionale Schule Nord mit Schreiben vom 11. Dezember 2014 unter anderem mit, dass Vor- und Nachbereitungen für den Unterricht von d...

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