Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. Absetzbarkeit von Unterhaltszahlungen. keine Beschränkung auf laufende Unterhaltszahlungen

 

Orientierungssatz

§ 11 Abs 2 S 1 Nr 7 SGB 2 aF erfasst seinem Wortlaut nach alle tatsächlichen Unterhaltszahlungen, ohne dass sich die Absetzung auf lediglich laufende Unterhaltszahlungen begrenzt. Eine teleologische Reduktion in dem Sinne, dass Unterhaltsrückstände nicht erfasst sein sollten, weil es sich um Schulden handele, ist nicht gerechtfertigt.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 20.02.2014; Aktenzeichen B 14 AS 53/12 R)

 

Tenor

Das Urteil des Sozialgerichtes Schwerin vom 8. April 2009 und der Bescheid des Beklagten vom 11. Januar 2007 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 18. April 2007 und in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. April 2007 sowie die Bescheide vom 29. Mai 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juli 2007 werden abgeändert.

Der Beklagte hat der Klägerin zu 1. für Januar bis Mai 2007 monatlich weitere 59,98 €, für Juni 2007 weitere 60,88 €, für Juli 2007 bis August 2007 zusätzlich monatlich 60,96 € und für September 2007 weitere 52,32 € zu gewähren.

Dem Kläger zu 2. hat der Beklagte für Januar 2007 bis Mai 2007 weitere 48,81€, für Juni 2007 weitere 49,91€, für Juli bis August 2007 monatlich zusätzlich 49,99 € und für September 2007 weitere 41,35 € zu gewähren. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger für beide Rechtszüge.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Höhe der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für den Zeitraum vom 01. Dezember 2006 bis 30. November 2007; dabei ist zwischen den Beteiligten die Absetzung von Zahlungen auf Unterhaltsrückstände streitig.

Die in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden Kläger lebten im streitigen Zeitraum zusammen mit den Kindern der Klägerin zu 1., L. und Li. (vormals Kläger zu 3. und 4.) aus einer früheren Beziehung. Ihre Kosten der Unterkunft betrugen im streitigen Zeitraum monatlich 287,68 € Grundmiete zzgl. 100,84 € BK und 93,12 € HK (ab Juni 2007 85,18 €). Mit einem Bescheid vom 11. Januar 2007 bewilligte der Beklagte der Bedarfsgemeinschaft für Dezember 2006 526,77 € und vom 01. Januar 2007 bis 31. Mai 2007 mtl. 360,69 €. Mit dem am 29. Januar 2007 erhobenen Widerspruch begehrten die Kläger höhere Mehrbedarfe wegen kostenaufwendiger Ernährung, die Nichtberücksichtigung einer Lohnsteuerrückerstattung für 2005 in Höhe von 243,00 Euro, die Berücksichtigung weiterer geleisteter Unterhaltszahlungen sowie Absetzung von Versicherungsbeiträgen. Mit Änderungsbescheid vom 18. April 2007 bewilligte der Beklagte daraufhin für Dezember 2006 monatlich 556,77 € und vom 01. Januar 2007 bis 31. Mai 2007 monatlich 690,67 €, da die titulierten Unterhaltszahlungen zu berücksichtigen seien. Im Übrigen wies der Beklagte nach Erteilung des vorgenannten Änderungsbescheides den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 24. April 2007 als unbegründet zurück. Die Mehrbedarfe entsprächen den aktuell vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge empfohlenen Höchstwerten für die vorliegenden Erkrankungen Hyperlipidämie und Diabetes mellitus Typ I. Die Steuererstattung sei im Bewilligungszeitraum als zugeflossenes Einkommen anzurechnen, wobei eine Aufteilung auf mehrere Monate wegen des verbliebenen Restanspruches von 556,77 € im Dezember 2006 unangebracht sei. Die laufenden Unterhaltszahlungen würden berücksichtigt, während die Zahlungen auf den Rückstand nicht abzusetzen seien. Da die Kinder mit ihrem Einkommen ihren Bedarf selbst decken könnten, werde das übersteigende Einkommen aus Kindergeld (98,16 €) bei der Mutter als Einkommen angesetzt und um die Pauschale für angemessene private Versicherungen in Höhe von 30,00 € bereinigt.

Die Kläger haben am 23. Mai 2007 Klage beim Sozialgericht (SG) Schwerin erhoben (S 11 AS 498/07). Sie haben ihre Einwände aus dem Widerspruchsverfahren weiter verfolgt und zugleich vollumfängliche Erstattung ihrer notwendigen außergerichtlichen Kosten des Widerspruchsverfahrens begehrt anstelle der von dem Beklagten zugesprochenen Quote in Höhe von 4/10.

Mit weiterem Änderungsbescheid vom 29. Mai 2007 bewilligte der Beklagte für Mai 2007 monatlich 684,43 €; die Neuberechnung erfolge wegen Vorlage der Verdienstbescheinigung des Klägers zu 2. Mit weiterem Änderungsbescheid vom 29. Mai 2007 bewilligte der Beklagte der Bedarfsgemeinschaft für Juni 2007 monatlich 676,45 € und für die Zeit vom 01. Juli 2007 bis 30. November 2007 monatlich 678,45 €. Mit dem am 28. Juni 2007 eingegangen Widerspruch erhoben die Kläger dieselben Einwände wie gegenüber der Leistungsberechnung für den vorangegangenen Bewilligungszeitraum. Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Juli 2007 wies der Beklagte den Widerspruch ohne weitergehende Begründung zurück. Hiergegen haben die Kläger am 17. August 2007 Klage erhoben (S 11 AS 909/07), welche das Gericht mit dem bereit...

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