Entscheidungsstichwort (Thema)

Unzulässigkeit einer Klage, die auf lediglich einen verwaltungsinternen Vorgang einer Behörde beschränkt ist

 

Orientierungssatz

1. Für eine Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage bzw. eine kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage nach § 54 SGG fehlt es an der erforderlichen Klagebefugnis, wenn dem Kläger das geltend gemachte Recht unter keinem Gesichtspunkt zustehen kann.

2. Dies gilt in gleicher Weise für eine Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 5 SGG. Die Verurteilung zu einer Leistung setzt dabei voraus, dass ein Rechtsanspruch auf die Leistung besteht. Wendet sich der Kläger mit seinem Klageanspruch gegen das Anlegen und die Art und Weise der Führung von Verwaltungsakten, so handelt es sich um einen verwaltungsinternen Vorgang, den der Kläger gegenüber dem Beklagten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt als Anspruch geltend machen kann.

3. Ebenso ist eine Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 SGG unzulässig. Eine Feststellungsklage ist nur zulässig, wenn konkrete Rechte in Anspruch genommen oder bestritten werden.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 24.11.2021; Aktenzeichen B 9 V 2/21 BH)

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Frage der Vollständigkeit der (Verwaltungs-)Akten des Beklagten.

Der 1963 geborene Kläger begehrte mit dem am 23. August 2011 bei dem Beklagten gestellten Erstantrag nach dem SED-Unrechtsbereinigungsgesetz die Anerkennung zahlreicher Gesundheitsstörungen als Folge einer durch Beschluss des Landgerichts Neubrandenburg vom 17. Januar 1994 rehabilitierten Freiheitsentziehung vom 15. August 1982 bis 11. Mai 1983.

Mit Bescheid vom 28. November 2013 versagte der Beklagte gemäß § 66 SGB I die geltend gemachten Leistungen wegen fehlender Mitwirkung des Klägers bei der Sachaufklärung. Drei Gutachtenaufträge an psychiatrische Sachverständige seien wegen des Misstrauens und übertriebener Forderungen des Klägers gescheitert. Hiergegen legte der Kläger am 18. Dezember 2013 Widerspruch ein.

Mit der am 20. August 2014 bei dem Sozialgericht Stralsund erhobenen Klage - S 10 VE 9/14 - hat der Kläger die Feststellung der Nichtigkeit des Bescheides vom 28. November 2013 geltend gemacht. Zur Begründung hat der Kläger ausgeführt, dass die Verwaltungsakten des Beklagten stark manipuliert seien und er nicht gegen seine Mitwirkungspflichten verstoßen habe. Mit Beschluss vom 3. März 2015 hat das Sozialgericht den in diesem Verfahren gestellten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Auf die hiergegen von dem Kläger am 9. März 2015 eingelegte Beschwerde wurde bei dem Senat das Beschwerdeverfahren - L 3 VE 5/15 B PKH - geführt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 22. August 2014 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Versagungsbescheid vom 28. November 2013 zurück. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger auf seine nach Akteneinsicht erfolgte Mitteilung, diesen bislang nicht erhalten zu haben, am 20. März 2015 zugestellt. Hiergegen hat der Kläger am 9. April 2015 bei dem Sozialgericht Stralsund Klage - S 10 VE 7/15 - erhoben, das am 28. Dezember 2015 das Ruhen des Verfahrens in Hinblick auf das Verfahren - S 10 VE 9/14 - angeordnet hat.

Am 29. November 2016 hat der Kläger die vorliegende Klage bei dem Sozialgericht Neubrandenburg erhoben und zugleich ein einstweiliges Rechtsschutzverfahren - S 5 VE 7/16 ER = L 3 VE 2/17 B ER - anhängig gemacht, das in beiden Instanzen erfolglos geblieben ist. Zur Klagebegründung hat der Kläger ausgeführt, dass mannigfache Urkundenfälschungen und -unterdrückungen vorlägen. Die Klage werde erhoben, da dies für die Fortführung der Verfahren - S 10 VE 9/14, L 3 VE 5/15 B PKH sowie S 10 VE 7/15 - zwingend notwendig sei. Die Klage werde als Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 Nr. 4 SGG erhoben, um mehrere Akten des Beklagten für nichtig erklären zu lassen. Im Rahmen des Verwaltungsverfahrens habe der Beklagte zwei notwendige und eine völlig überflüssige (Verwaltungs-)Akte angefertigt. Diese bestehe aus vorder- und rückseitig durcheinander kopierte Kopien anderer Akten und sei als Band II der grauen Antragsakte hinzugefügt worden. Im Übrigen fehle in der orangenen Widerspruchsakte das Original der 179-seitigen Widerspruchsbegründung des Klägers vom 27. Juli 2014. Am 29. Januar 2016 habe der Beklagte dem Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern in dem Verfahren - L 3 VE 5/15 B PKH - mitgeteilt, dass die Widerspruchsbegründung des Klägers vom 27. Juli 2014 im Original übersandt werde. Dabei handele es sich um eine Lüge, da nur Kopien der ersten 6 Seiten der Widerspruchsbegründung übersandt worden seien. Gemäß § 104 SGG seien die Verwaltungsakten bei Gericht als Original oder beglaubigte Kopie einzureichen.

Der Kläger hat beantragt:

1. Ich beantrage festzustellen, dass die graue Akte Band II von Blatt 249 bis Blatt 425 eine vollkommen überflüssige Akte ist.

2. Die Nichtigkeit der Widerspruchsakte ist festzustellen, weil sie unvolls...

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