Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Versorgung. Rahmen-Gesamt-Vertrag. Anpassung und Kündigung von Vertragsregelungen. Landesschiedsamt. rückwirkende Festsetzung der Gesamtvergütung bei Nichteinigung der Vertragsparteien. Verwirkung

 

Orientierungssatz

1. Paragraph 59 SGB 10 steht schriftlichen Vertragsregelungen über die Anpassung und Kündigung von Verträgen bei wesentlichen Änderungen der Vertragsgrundlage nicht entgegen (vgl BSG vom 25.6.1992 - 2 RU 24/91 = BSGE 71, 27 = SozR 3-2200 § 559 Nr 1).

2. Die Regelungen zum Schiedsamt sind weit auszulegen, um den sozialen Frieden zwischen Ärzten und Krankenkassen zu gewährleisten (vgl BSG vom 27.1.1987 - 6 RKa 28/86 = BSGE 61, 146 = SozR 2200 § 368h Nr 4).

3. Sind Verhandlungen der Vertragsparteien eines Rahmen-Gesamt-Vertrages hinsichtlich der rückwirkenden Anpassung der Gesamtvergütung ohne Ergebnis geblieben, hat das Landesschiedsamt eine Einigung der Vertragsparteien herbeizuführen bzw bei Nichteinigung den Inhalt der gesamten Vergütung festzusetzen. Einer solche, etwaig notwendig werdenden Festsetzung der Gesamtvergütung steht auch nicht entgegen, dass es grundsätzlich nicht zu den Aufgaben der Schiedsämter (hier Landesschiedsämter) gehört, in der Vergangenheit liegende Sachverhalt zu beurteilen.

4. Zur Verwirkung des Anspruchs auf rückwirkende Festsetzung der Gesamtvergütung.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 05.02.2003; Aktenzeichen B 6 KA 6/02 R)

 

Tatbestand

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob über den Inhalt der Gesamtvergütung des Jahres 1992 der Beklagte eine Einigung herbeizuführen bzw. bei Nichteinigung den Inhalt der gesamten Vergütung festzusetzen hat.

Der AOK Bundesverband, die Bundesverbände der Betriebskrankenkassen, Innungskrankenkassen und Landwirtschaftlichen Krankenkassen einerseits und die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) andererseits vereinbarten für die Bundesländer Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen im Rahmen eines zum 01. Januar 1991 in Kraft getretenen Rahmen-Gesamt-Vertrages (RG), der gemäß § 1 Satz 1 RG gelten sollte, wenn und soweit als Inhalt der Gesamtverträge zwischen den Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) und den Landesverbänden der Krankenkassen (KK) in den genannten Bundesländern nichts anderes vereinbart wurde, u.a.:

§ 3 Gesamtvergütung

Die an diesen Gesamtvergütungsvertrag beteiligten KK entrichten mit befreiender Wirkung eine Gesamtvergütung an die für ihren Kassensitz zuständige KV für eine Übergangszeit an die KBV oder -- bei einem über die Grenze des Landes sich erstreckenden Versichertenkreis -- an die jeweilige KV, die von der KBV mit dem Abschluss eines Gesamtvertrages beauftragt ist (§ 83 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Nachberechnungen in der Gesamtvergütung sind zulässig (Abs. 1).

Die Höhe der Gesamtvergütung berechnet sich für zugelassene Kassenärzte nach dem ab 01. Januar 1991 für die in § 1 genannten Bundesländer gültigen "Leistungsverzeichnis zur Abrechnung kassen- und vertragsärztlicher Leistungen nach dem einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM)" und den auf dieser Grundlage abgerechneten Leistungen sowie den in § 4 genannten Sonderregelungen. Dabei wird für die Punktzahlen des EBM(O) für das Jahr 1991 -- unbeschadet der Regelungen zur Anpassung der Vergütung in § 10 dieses Vertrages -- ein Mindestpunktwert von 6,1 Pfennigen zugrunde gelegt.

§ 10 Anpassung der Vergütung

"Die Partner dieses Vertrages prüfen unmittelbar nach Auswertung der Abrechnungsergebnisse des jeweiligen Abrechnungsquartals deren Auswirkungen auf die Vergütungssituation der zugelassenen und ermächtigten Ärzte und ärztlich geleiteten Einrichtungen sowie auf die Ausgabenbelastung der am Gesamtvertrag beteiligten KK. Auf der Grundlage dieser Überprüfung werden erforderlichenfalls auch innerhalb der Geltungsdauer dieses Vertrages Änderungen der vergütungsrechtlichen Vorschriften vereinbart, wobei für den Fall, dass die Höhe der Gesamtvergütung einen Anteil von 20 v. H. der um die Verwaltungskosten reduzierten Einnahmen der am Gesamtvertrag beteiligten KK nicht erreicht oder überschreitet, über eine Anpassung der Vergütungssätze zu verhandeln ist. Der Punktwert von 6,1 Pfennigen bleibt unberührt."

Für den Bereich der Ersatzkassen wurde eine entsprechende Regelung getroffen (Anlage 1 zum Anhang des Arzt-/Ersatzkassenvertrages).

Ausgehend von dem Startwertpunkt von 6,1 Pfennigen wurde die Gesamtvergütung in Mecklenburg-Vorpommern in der Folgezeit nach einem Punktwert von 7,0 Pfennigen (Anhebung zum 01. Juli 1991), 7,7 Pfennigen (Anhebung zum 01. Januar 1992) und 7,9 Pfennigen (Anhebung zum 01. Juli 1992) berechnet. Unter dem 19. November 1992 vereinbarten die Partner des RG eine Erhöhung der Gesamtvergütung für das IV. Quartal 1991 um einen Betrag von 2,75 DM je Krankenkassenmitglied im Bereich der jeweiligen KV.

Die Klägerin hat geltend gemacht, der Anteil der Ausgaben für die ambulante ärztliche Behandlung im Jahre 1992 habe sich auf 14 v.H. belaufen. Am 17. Dezember 1993 und 16. Februar 1994 verhandelten d...

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