Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialversicherungspflicht bzw -freiheit. Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit bei einer in der Kundenakquisition für einen Handelsbetrieb Tätigen

 

Orientierungssatz

Ist eine in der Kundenakquisition für ein Leuchtenproduktions- und Handelsunternehmen Tätige in dessen Betrieb eingegliedert, ist ein wöchentliches bzw monatliches zeitliches Arbeitsvolumen bei freier Zeiteinteilung vorgegeben, erfolgt die Bezahlung nach einem vereinbarten Stundensatz und besteht eine teilweise Weisungsgebundenheit gegenüber dem Auftraggeber, so ist von dem Bestehen einer abhängigen Beschäftigung auszugehen.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird auf 5.000 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1. in der gesetzlichen Rentenversicherung, der gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung aufgrund von einer seit 2005 für die Klägerin ausgeübten Tätigkeit.

Die Klägerin betreibt in der Rechtsform der GmbH den Vertrieb, Handel, Import, die Produktion und Planung von LED-Leuchtsystemen und anderen Produkten sowie die Beratung von Unternehmen in Bezug auf energieeffiziente Beleuchtungssysteme.

Die Beigeladene zu 1. ist seit 2005 für die Klägerin im Bereich Kundenakquise tätig. Dabei nahm sie Kontakt zu potentiellen Kunden der Klägerin auf und vermittelte unter Nutzung eines Laptops der Klägerin mit Zugriff auf die firmeneigene Software Termine für eine Beratung. Teilweise geschieht dies nach den Vorgaben der Klägerin, teilweise in Eigeninitiative mit einer Internetrecherche. Ihre Tätigkeit übt die Beigeladene zu 1. in einem separaten Arbeitszimmer in ihrer Wohnung aus. Die Klägerin legt mit ihr einen Zeitrahmen pro Woche fest. Teilweise erfolgte die Absprache auch monatlich. Innerhalb dieses Zeitrahmens gestaltet die Beigeladene zu 1. ihre Arbeitszeiten für die Klägerin eigenständig. Die Beigeladene zu 1. erhält für ihre Tätigkeit einen festen Stundensatz, der regelmäßig an ihre steigenden Kosten angepasst wird. Nach einem Angebot vom 1. April 2011 belief sich der Stundensatz auf 28 €. Ein Nachweis über die abgerechneten Stunden wird nicht geführt, Urlaub und Krankheitszeiten werden nicht vergütet. Die Beigeladene zu 1. beschäftigt keine eigenen Mitarbeiter. Im streitgegenständlichen Zeitraum hatte die Beigeladene zu 1. nach ihren Angaben weitere Auftraggeber. Im Jahr 2011 schlossen die Beigeladene zu 1. und die Klägerin eine Haftungsvereinbarung. Hinsichtlich des Inhaltes wird auf Bl. 68 der Verwaltungsakte verwiesen.

Die Beklagte führte in der Zeit vom 11. Februar 2014 bis zum 25. Februar 2014 bei der Klägerin eine Betriebsprüfung für den Prüfzeitraum vom 1. Januar 2010 bis zum 31. Dezember 2013 durch und prüfte dabei das Vertragsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1. Sie leitete ein Statusfeststellungsverfahren ein.

Im Zuge der Ermittlungen stellte sich heraus, dass die Beigeladene zu 1. auf der Homepage der Klägerin für den Bereich Marketing aufgeführt wird. Ein Screenshot wurde von der Beklagten zur Akte genommen.

Die Beigeladene zu 1. füllte am 25. Juni 2014 einen von der Beklagten übersandten Fragebogen aus. Sie gab u.a. an, mit der Telefonakquise mit zugehöriger Korrespondenz betraut gewesen zu sein. Sie habe über den Verlauf der Gespräche informiert und Termine vereinbart, das unternehmerische Risiko ist von ihr mit „Null“ bewertet worden. Die Tätigkeit werde von ihr seit 2005 ausgeübt. Die Klägerin teilte im Rahmen der von der Beklagten durchgeführten Anhörung mit, dass die Tätigkeit ausschließlich von zu Hause aus im Rahmen eines Dienstleistungsverhältnisses ausgeübt werde. Die Beigeladene zu 1. sei ausschließlich mit der Suche nach Kunden und Terminvereinbarungen beauftragt gewesen, die weitere Auftragsbearbeitung sei die Sache von fest angestellten Mitarbeitern gewesen. Es habe keinen Gesprächsleitfaden oder anderweitige Vorgaben für die Tätigkeit gegeben. Ebenso wenig seien Zielvorgaben mit einer möglichen Anzahl von Anrufen oder Kundenkontakten gemacht worden. Die Eingaben der Termine seien in ein eigenes System der Klägerin erfolgt. Aus datenschutzrechtlichen Gründen habe die Klägerin der Beigeladenen zu 1. einen Laptop zur Verfügung gestellt. Des Weiteren seien Unterlagen über die verschiedenen Produkte ausgehändigt worden. Dass die Beigeladene zu 1. im Namen der Firma aufgetreten sei, sei auch bei Dienstleistungsverhältnissen üblich.

Mit Bescheid vom 30. Juni 2015 stellte die Beklagte fest, dass mit der Beigeladenen zu 1. seit 2005 ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis bestehe. Der Beigeladenen zu 1. seien für die Durchführung der Terminvereinbarungen und der Akquise technische Unterlagen und ein Laptop zur Verfügung gestell...

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