Entscheidungsstichwort (Thema)

Unfallversicherungsschutz. stationäre Heilbehandlung. innerer Zusammenhang

 

Orientierungssatz

Allein ein gewünschter sozialer Kontakt im Rahmen einer psychosomatischen Behandlung ist nicht schon ausreichend für den Unfallversicherungsschutz. Wenn auch ein möglichst normales Verhalten des Patienten mit Kontaktaufnahme zu Mitpatienten der Behandlung förderlich sein mag, kann es allein den notwendigen inneren Zusammenhang mit der Heilbehandlung nicht begründen.

 

Tatbestand

Klägerin und Beklagte streiten um gegenseitige Erstattungsansprüche wegen bestimmter Aufwendungen, die ihnen infolge eines Unfalls des Beigeladenen entstanden sind.

Der Beigeladene befand sich seit dem 19. Dezember 1991 auf Kosten der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte in stationärer Heilbehandlung in der Fachklinik für psychosomatische Erkrankungen A. in I.-N. Nach Angaben dieser Klinik vom 25. Februar 1992 gegenüber der Klägerin sowie in der nachfolgenden Unfallanzeige vom 26. März 1992 war der Beigeladene am 20. Dezember 1991 um 16.00 Uhr in der Klinik auf der Treppe gestolpert und hatte sich dabei eine Verletzung des rechten Daumens (winzige Absprengungsfraktur) zugezogen. Das zur stationären Einweisung führende Grundleiden habe an der Entstehung des Unfalls nicht mitgewirkt; auch habe eine Einrichtung des Hauses oder die besondere Beschaffenheit der Unfallstelle nicht wesentlich zu Art oder Schwere der Verletzung beigetragen.

Nach Angaben des Beigeladenen habe er sich sofort nach dem Unfall an die Stationsärztin gewandt, die jedoch eine Röntgendiagnostik oder Ruhigstellung des Daumens im Gipsverband nicht veranlaßt habe. Wegen fortbestehender Beschwerden stellte er sich am 14. Januar 1992 beim Durchgangsarzt vor. Nachfolgend kam es zu weiteren Behandlungen und Zeiten der Arbeitsunfähigkeit.

Im Rahmen der Ermittlungen zu den Umständen der Entstehung des Unfalls teilte der Beigeladene zunächst unter dem 8. Mai 1992 der Klägerin mit, bedingt durch eine neue Brille habe er den ersten Tritt an der Treppe (aufwärts) falsch eingeschätzt, sei deshalb gestolpert und habe sich beim Abfangen auf einer Treppenstufe den rechten Daumen verletzt. Er habe sich zum Unfallzeitpunkt auf dem Weg von seinem Zimmer zum Aufenthaltsraum befunden. Auf Nachfrage der Klägerin vom 11. Juni 1992 ergänzte er, mit dem Aufenthaltsraum sei der Aufenthaltsbereich am Eingang des Hauses gemeint. Dort habe er sich mit Mitpatienten zu Gesprächen und zum Kennenlernen getroffen. Nachdem die Klägerin mit Anhörungsschreiben vom 8. Juli 1992 ihre Absicht mitgeteilt hatte, die Heilbehandlung zu ihren Lasten abzubrechen, weil sich der Unfall nicht bei einer versicherten, sondern eigenwirtschaftlichen Tätigkeit ereignet habe, gab der Beigeladene - zunächst in einem Telefonat vom 15. Juli 1992 und nachfolgend in einem Schreiben vom 20. Juli 1992 - an, daß sich der Unfall während der Therapiezeit (bis 18.00 Uhr) ereignet habe. Im Aufenthaltsraum habe ein Einführungsgespräch mit dem Chefarzt stattfinden sollen. Gespräche mit Mitpatienten hätten zur Therapie gehört, da es sich um eine psychosomatische Heilbehandlung gehandelt habe.

Die Klinik beantwortete die Frage der Klägerin, ob der Beigeladene angesichts der Einweisungsdiagnose nach seinem subjektiven Empfinden habe davon ausgehen können, daß die Betätigung dem Heilerfolg förderlich gewesen sei, mit folgendem Satz: "Sonst hätte er auf dem Zimmer sitzen bleiben müssen, das geht wohl schlecht".

Nachfolgend stellte die Klägerin die berufsgenossenschaftliche Heilbehandlung ein und lehnte mit bestandskräftigem Bescheid vom 20. April 1993 gegenüber dem Beigeladenen die Gewährung von Entschädigungsleistungen aus Anlaß des Ereignisses vom 20. Dezember 1991 mit der Begründung ab, daß ein Versicherungsfall der gesetzlichen Unfallversicherung nicht vorliege.

Die Klägerin meldete unter dem 8. Juli 1992 gegenüber der Beklagten Erstattungsansprüche dem Grunde nach an und forderte mit Schreiben vom 24. Juli 1992 Erstattung wegen von ihr entrichteter Krankenversicherungsbeiträge im Rahmen der Rehabilitation des Beigeladenen in Höhe von insgesamt 2.731,20 DM (Monate Februar - Juni 1992 = 5 x 546,24 DM). Nachdem diese den Anspruch abgelehnt hatte, hat die Klägerin am 20. Januar 1994 Klage beim Sozialgericht Hamburg und die Beklagte mit Schriftsatz vom 17. Februar 1994 Widerklage erhoben, mit der sie ihrerseits den bereits mit ihrer Unfallanzeige vom 2. April 1992 dem Grunde nach geltend gemachten Erstattungsanspruch gegen die Klägerin in Höhe von 56.822,32 DM (nachfolgend erhöht auf 57.745,78 DM) bezifferte (wegen Aufwendungen für den Beigeladenen in Form von Verletztengeld, Krankengeld, Kosten für stationäre Behandlung, Beiträgen zur Renten- und Arbeitslosenversicherung für bestimmte Zeiten ab dem 31. Januar 1992).

In einem Vermerk über ein am 31. Januar 1996 mit der Chefsekretärin der Fachklinik A. geführtes Telefonat hielt ein Mitarbeiter der Klägerin fest, daß Einführungsgespräche mit dem Chefarzt an jedem Freita...

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