Entscheidungsstichwort (Thema)

§ 7 Abs. 3 Nr. 3b SGB 2 verfassungsgemäß. Eheähnliche Gemeinschaft. Einkommensanrechnung. Verfassungsgemäßheit der Einkommensberücksichtung in eheähnlicher Gemeinschaft

 

Leitsatz (amtlich)

Die Regelung, dass die Person, die mit dem Hilfebedürftigen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt, zur Bedarfsgemeinschaft gehört, ist nicht verfassungswidrig (gegen SG Düsseldorf, Beschl. vom 16.2.2005 – S 35 SO 28/05 ER).

 

Normenkette

SGB II § 7 Abs. 3b, § 9 Abs. 2 S. 1, § 11 Abs. 2; GG Art. 3 Abs. 1

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts vom 9. März 2005 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

 

Gründe

Die statthafte und zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte Beschwerde (§§ 172 und 173 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG –), der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat (§ 174 SGG), ist nicht begründet.

Das Sozialgericht hat zu Recht abgelehnt, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem Sozialgesetzbuch, 2. Buch, Grundsicherung für Arbeitssuchende – SGB II – zu gewähren.

Der Antragsteller hat jedenfalls nicht, was Voraussetzung wäre, glaubhaft machen können, einen Anspruch auf die begehrten Leistungen zu besitzen (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 Zivilprozessordnung – ZPO –). Dem Antrag kann unter Beachtung des Gebotes eines effektiven Rechtsschutzes und der erforderlichen Berücksichtigung der Interessen des Antragstellers und ihrer Abwägung mit dem öffentlichen Interesse nicht stattgegeben werden. Für diese Abwägung ist – insbesondere wenn wie hier durch die einstweilige Anordnung faktisch die Hauptsacheentscheidung vorweggenommen wird – in erster Linie entscheidend, ob der Antragsteller mit der für die Vorwegnahme der Hauptsache erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit mit einem Erfolg im Hauptsacheverfahren rechnen kann. Dieses ist nicht der Fall, denn der Antragsteller ist unter Berücksichtigung des Einkommens seiner Partnerin Frau A…, mit der und deren Tochter er eine Bedarfsgemeinschaft bildet (§§ 7 Abs. 3 Nr. 3b, Nr. 4 SGB II), nicht hilfebedürftig im Sinne von § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II, wie das Sozialgericht im angefochtenen Beschluss zutreffend ausgeführt hat. Auf die diesbezüglichen Ausführungen kann verwiesen werden (§ 153 Abs. 2 SGG analog), zumal der Antragsteller seine Behauptung, es bestehe keine eheähnliche Gemeinschaft zwischen ihm und Frau A… offensichtlich nicht mehr aufrechterhalten will. Denn er führt in der Beschwerdeschrift nur noch aus, dass er die Leistungen der Antragsgegnerin benötige, weil ”…wir mit Frau A…'s Gehalt nicht meine Krankenversicherung bezahlen können…”.

Der Antragsteller trägt zur Begründung seiner Beschwerde zum einen vor, dass das Einkommen seiner Partnerin zur Deckung seines Unterhalts nicht ausreiche, insbesondere könnten daraus die Beiträge für seine freiwillige Krankenversicherung nicht beglichen werden. Das Einkommen von Frau A… decke gerade deren eigenen sowie den Bedarf ihrer minderjährigen Tochter, da sie noch einen Kredit für den von ihr beruflich benötigten PKW abzuzahlen habe. Zum anderen ist der Antragsteller unter Bezugnahme auf die Ausführungen des SG Düsseldorf im Beschluss vom 16.2.2005 – S 35 SO 28/05 ER – (NJW 2005, 845 ff.) der Auffassung, dass § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II wegen Verstoßes gegen Art. 3 Grundgesetz – GG – verfassungswidrig sei. Beide Einwendungen verhelfen seiner Beschwerde nicht zum Erfolg.

Zwar hat der Antragsteller die vorgetragene Kredittilgung glaubhaft gemacht (vgl. die in der Sachakte befindlichen Unterlagen), jedoch handelt es sich dabei nicht um vom Einkommen seiner Partnerin abzusetzende Beträge gemäß § 11 Abs. 2 SGB II. Diese Norm ist aufgrund ihres abschließenden Charakters einer erweiternden Auslegung nicht zugänglich. Ergänzend ist allein anzumerken, dass die vom Antragsteller vorgelegte Berechnung nicht vollständig ist. Denn die Unterkunftskosten sind nicht in voller Höhe von der Bedarfsgemeinschaft zu tragen. An diesen hat sich auch der zwar nicht zur Bedarfsgemeinschaft, aber zur Haushaltsgemeinschaft zählende volljährige Sohn seiner Partnerin mit einem Viertel zu beteiligen.

Vorliegend stellt sich auch nicht die Frage, ob die Tragung von Beiträgen zur freiwilligen gesetzlichen oder privaten Kranken- und/oder Pflegeversicherung zu einer Hilfebedürftigkeit des Antragstellers führt, denn dieser hat auf Nachfrage des Senats erklärt, sich nicht versichert zu haben.

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Regelung des § 7 Abs. 3 Buchstabe b SGB II bestehen nach summarischer Prüfung nicht. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liegt entgegen der vom SG Düsseldorf vertretenen Auffassung, auf die sich der Antragsteller bezieht, nicht darin, dass durch §§ 7 Abs. 3 Buchstabe b, 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II eine Einkommens- und Vermögensberücksichtigung des Partners nur bei eheähnlichen Gemeinschaften ebenso wie bei nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten...

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