Entscheidungsstichwort (Thema)

Berufskrankheit Nr. 3101. Infektion mit Hepatitis B. Infektionsgefahr von Klärfacharbeitern. Gesetzliche Unfallversicherung. Berufskrankheit. Infektionskrankheit. vergleichbare Infektionsgefahr gem BKV Anl Nr 3101 Alt 4. Hepatitis-B-Infektion. Klärfacharbeiter

 

Leitsatz (amtlich)

Klärfacharbeiter sind bei ihrer Tätigkeit einer Infektionsgefahr hinsichtlich Hepatitis B nicht in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt wie die im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium Tätigen.

 

Normenkette

RVO § 551; BKV Anlage Nr. 3101

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts für das Saarland vom 22.11.2005 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Anerkennung seiner Hepatitis B-Infektion als Berufskrankheit (BK) nach Nr. 3101 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (Anl BKV).

Der 1948 geborene Kläger ist von Beruf Klärfacharbeiter und seit 1979 beim Entsorgungsverband Sa. Bereich Abwasserwirtschaft tätig. Er war dort als Entwässerungsmaschinist der mobilen Schlammentwässerung eingesetzt. Der Arbeitsbereich umfasste im Wesentlichen Wartungs-, Instandhaltungs- und Reparaturarbeiten an sämtlichen Anlagenteilen der Maschinentechnik zur Schlammentwässerung auf der Kläranlage. Diese Tätigkeiten bedingten eine ständige Kontaktgefahr mit Klärschlamm (nass und entwässert) und Abwasser (Filtrat).

Der Kläger begab sich am 07.11.1996 in ärztliche Behandlung, nachdem er eine allgemeine Verschlechterung seines Allgemeinbefindens festgestellt hatte, welche sich in Abgeschlagenheit, Gliederschmerzen, Nachtschweiß und vermehrt dünne Stühle äußerte. Im Rahmen dieser Untersuchung wurde das Blut des Klägers positiv auf Hepatitis B-Viren getestet. Arbeitsunfähigkeit bestand vom 17.01.1997 bis 27.04.1997.

Der Kläger gab an, 1996 während der Arbeit Unfälle erlitten zu haben. Zum einen sei es am 28.05.1996 zu einer Stich- und Kratzwunde am rechten Handrücken gekommen, welche er sich bei Arbeiten am Rechencontainer durch eine Art Mistgabel zugezogen habe. Zum anderen sei ihm am 10.06.1996 bei der Reparatur eines Durchflussmessers beim Öffnen der verstopften Leitung Schlamm mit Fremdkörpern in den Mund gespritzt, wodurch er sich blutende Verletzungen an Oberlippe und Zahnfleisch zugezogen habe.

Die Beklagte holte dann zunächst ein Gutachten (vom 20.07.1998) bei Prof. Dr. L. ein. Dieser ging davon aus, dass bei dem Kläger im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit eine besondere berufliche Exposition anzunehmen sei und es im Rahmen der geschilderten Verletzungen zu Kontakt mit Blut, Speichel und anderen Körpersekreten gekommen sei.

In Ergänzung dazu wurde von der Beklagten ein weiteres Gutachten (vom 02.10.1998) bei Prof. Dr. Se. eingeholt. Dieser vertrat die Auffassung, dass der Kläger durch seine Tätigkeit als Klärfacharbeiter der Infektionsgefahr bezüglich einer Hepatitis B nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt gewesen sei wie Personen, die im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig seien.

Dieser Einschätzung schloss sich auch die Gewerbeärztin B.-K. in ihrem Gutachten vom 05.11.1998 an.

Mit Bescheid vom 24.02.1999 entschied die Beklagte, dass

1. die Hepatitis B-Infektion nach § 551 Abs.1 Reichsversicherungsordnung (RVO) in Verbindung mit Nummer 3101 der Anlage 1 zur BKV abgelehnt werde und

2. die Hepatitisinfektion als Folge eines Arbeitsunfalls abgelehnt werde.

Sie bezog sich dabei auf die Ausführungen von Prof. Dr. Se., wonach eine Virusübertragung der Hepatitis-B-Viren über den Stuhl nicht erfolgen könne, da diese bei der Darmpassage von Darmbakterien so verändert würden, dass sie nicht mehr infektionstüchtig seien. Auch der Urin von Virus B-Trägern sei wegen der allenfalls in sehr niedriger, nicht ansteckungsfähiger Menge vorkommender Viren als nicht infektiös zu bezeichnen. Bei der Einleitung von Blut in Abwässer gelte ebenfalls, dass Hepatitis B-Viren hier nicht überleben könnten und aus den gleichen Gründen denaturiert würden. Hinzu trete noch ein erheblicher Verdünnungseffekt. Die Annahme, dass fäkal verunreinigtes Abwasser als potentiell infektiös für eine Hepatitis B-Infektion angesehen werden müsse, sei falsch. Kanalarbeiter könnten nicht in eine Hochrisikostufe für die Hepatitis B, vergleichbar mit dem Krankenhauspersonal, eingestuft werden, so dass keine BK 3101 Anl BKV vorliege. Aus den genannten Gründen sei die Infektion auch nicht auf die Ereignisse vom 28.05. und 10.06.1996 zurückzuführen. Zudem lasse sich der Zeitpunkt der Infektion auf Grund der erhobenen Leberbefunde nicht hinreichend feststellen; es sei zwar möglich, dass die Infektion im Mai oder Juni 1996 erfolgt sei, jedoch nicht hinreichend wahrscheinlich.

Der dagegen erhobene Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 04.10.1999).

Der Kläger hat am 04.11.1999 beim Sozialgericht für das S...

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