Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. einstweiliger Rechtsschutz. Anordnung der aufschiebenden Wirkung. vertragsärztliche Versorgung. Verlängerung der Genehmigung einer Nebenbetriebsstätte zur Dialysebehandlung. Drittanfechtungsbefugnis

 

Orientierungssatz

Zur Drittanfechtungsbefugnis eines Vertragsarztes oder einer Berufsausübungsgemeinschaft gegen die Verlängerung der Genehmigung einer Nebenbetriebstätte nach Abs 3 Anh 9.1.5 zur Anl 9.1 BMV-Ä/EKV.

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 27.05.2016; Aktenzeichen 1 BvR 1890/15)

 

Tenor

Die Anträge der Antragsteller werden insgesamt zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens, einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1).

 

Gründe

I.

Die Antragsteller begehren im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 12.07.2011 über die Genehmigung einer Nebenbetriebsstätte der Beigeladenen zu 1) in N., der durch die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 09.07.2012 für sofort vollziehbar erklärt worden ist.

Die Antragsteller zu 1) bis 4) sind als Fachärzte für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Nephrologie zur vertragsärztlichen Versorgung zu- und niedergelassen; die Antragsteller zu 1) bis 3) haben sich zu einer Berufsausübungsgemeinschaft, dem Antragsteller zu 5), zusammengeschlossen.

Der Beigeladene zu 1) betreibt ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) ebenfalls mit dem Schwerpunkt Nephrologie in S. und verfügt über eine Nebenbetriebsstätte in N., in der Leistungen der zentralisierten Heimdialyse erbracht werden.

Mit Bescheid vom 12.07.2011 verlängerte die Antragsgegnerin der Beigeladenen zu 1) die Genehmigung zum weiteren Betrieb der Nebenbetriebsstätte in N. bis zum 30.06.2022, wobei die zuvor bestehende Genehmigung der früheren Gemeinschaftspraxis Dres. Ha. und Kollegen, die seit dem 01.04.2007 bei der Beigeladenen zu 1) angestellt sind, erteilt worden und auf den Beigeladenen zu 1) übertragen worden war. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, die Genehmigung sei über den Juni 2012 zu verlängern gewesen, da durch die ausgelagerte Betriebsstätte die wohnortnahe Versorgung der dort behandelten Patienten gewährleistet werde.

Die sofortige Vollziehung dieses Bescheides wurde durch die Antragsgegnerin am 09.07.2012 angeordnet. Zur Begründung dieser Anordnung wurde im Wesentlichen ausgeführt, neben dem Umstand, dass der streitgegenständliche Bescheid offensichtlich rechtmäßig sei, spreche für den Vorrang des öffentlichen Interesses am Sofortvollzug, dass im anderen Fall die bislang behandelten schwerkranken und lückenlos behandlungsbedürftigen Patienten aufgrund der aufschiebenden Wirkung des Drittwiderspruchs unverzüglich den Arzt wechseln müssten. Dies sei den Patienten nicht zuzumuten und im Übrigen auch nicht mit dem obliegenden Sicherstellungsauftrag vereinbar.

Gegen den Bescheid vom 12.07.2011 erhoben die Antragsteller am 09.10.2012 Widerspruch, den die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 07.03.2013, zugestellt am 13.03.2013, als unzulässig zurückwies.

Nachdem die Antragsteller zunächst am 07.02.2013 eine Untätigkeitsklage vor dem Sozialgericht für das Saarland (SG) erhoben hatten, haben sie diese am 08.04.2013 im Rahmen einer Klageänderung in eine Anfechtungsklage umgestellt.

Das SG hat dieser Klage mit Urteil vom 19.02.2014 stattgegeben und den Bescheid der Beklagten vom 12.07.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.03.2013 aufgehoben. Zur Begründung hat das SG u.a. ausgeführt, für die Anerkennung einer Drittanfechtungsbefugnis müssten der Kläger und der Konkurrent im selben räumlichen Bereich die gleichen Leistungen anbieten, dem Konkurrenten müsse die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung eröffnet oder erweitert werden und der dem Konkurrenten eingeräumte Status müsse gegenüber demjenigen des Anfechtenden nachrangig sein. Diese Voraussetzungen seien erfüllt. Eine Genehmigung hätte nur erteilt werden können, wenn dadurch die wohnortnahe Versorgung gewährleistet werde. Aus der hohen Anzahl der bei der Kammer in der Vergangenheit bereits geführten Verfahren nephrologischer Drittanfechtungen sei dieser bekannt, dass in und um N. eine Vielzahl weiterer Dialysepraxen und Dialyseeinrichtungen vorhanden seien. Allein eine Verknappung und Einschränkung des Blickes auf freie Kapazitäten in der klägerischen Dialysepraxis in N. sei dabei verkürzt, da auch die weiteren in der Versorgungsregion in und um N. vorhandenen Dialyseeinrichtungen und -praxen zu berücksichtigen gewesen wären. Sofern die Beklagte vorgetragen habe, dass die klägerische Praxis im Quartal 2/2011 136 Patienten behandelt habe, so dass sie nicht in der Lage gewesen wäre, die 31 durch die Beigeladenen zu 1) behandelten Patienten zu übernehmen, verkenne sie, dass zum entscheidungsrelevanten Stichtag die Klägerin über vier Versorgungsaufträge verfügt habe. Die Entscheidung des Beklagten über die Aufhebung des vierten Versorgungsauftrages sei erst am 30.01....

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