Entscheidungsstichwort (Thema)

Private Pflegeversicherung. Kündigung. Eintritt von Versicherungspflicht. Wirksamkeit. Nachweispflicht innerhalb der Zweimonatsfrist des § 178h Abs 2 S 1 VVG

 

Orientierungssatz

Die Wirksamkeit der Kündigung eines privaten Pflegeversicherungsvertrages nach § 178h Abs 2 S 1 VVG ist nicht vom Nachweis des Eintritts der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Pflegeversicherung abhängig.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten, ob der Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin Beiträge zur privaten Pflegepflichtversicherung für die Zeit vom 1. Januar 1999 bis 31. Mai 2000 zu zahlen.

Der Beklagte war bei der Klägerin seit 1. Dezember 1998 privat gegen das Risiko der Pflegebedürftigkeit pflichtversichert. Der Beitrag betrug 71,45 DM monatlich, ab 1. Januar 1999 56,97 DM monatlich. Grundlage dieses Vertrages waren die "Musterbedingungen für die private Pflegepflichtversicherung" - MB/PPV 1996 -. Es bestand außerdem eine freiwillige Krankenversicherung. Vom 19. Januar bis 3. Februar 1999 und ab 24. Februar 1999 war er gesetzlich bei der KKH versichert.

Mit einem bei der Klägerin am 22. Januar 1999 eingegangenen Schreiben kündigte der Beklagte unter der Überschrift "Versicherungsschein Nr. 51.007.754/1" "die mit Ihnen abgeschlossenen Versicherungen" "ab sofort". Er teilte mit, er sei ab 15. Januar 1999 wieder arbeitslos gemeldet und deshalb versicherungspflichtig. Er fügte eine Kopie der Abmeldung seines Gewerbes bei. Diese Kündigung wies die Klägerin mit dem Hinweis zurück, der Eintritt der Versicherungspflicht sei nicht nachgewiesen. In dem Schreiben heißt es weiter: "Die Pflegepflichtversicherung wurde bisher noch nicht von Ihnen gekündigt. Wenn Sie es wünschen, werden wird diese ebenfalls zum Termin der Krankenversicherung beenden.

Mit Mahnbescheid vom 16. Juni 1999 (zugestellt am 23. Juni 1999) verlangte die Klägerin Beiträge für die Zeit vom 1. Januar 1999 bis 30. Juni 1999 in Höhe von 341,82 DM zuzüglich Kosten von 25 DM. Der Kläger erhob dagegen am 6. Juli 1999 Widerspruch. Darauf gab das Amtsgericht die Sache an das Sozialgericht Berlin ab.

Die Klägerin bezieht sich auf ein Urteil des Amtsgerichts Lichtenberg vom 7. September 2000 bezüglich der Krankenversicherungsbeiträge des Klägers. Darin wird ausgeführt, die Kündigung des Krankenversicherungsvertrages werde erst mit dem Nachweis des Eintritts der Versicherungspflicht wirksam.

Mit Urteil vom 26. Juli 2001 hat das Sozialgericht den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 968,49 DM zu zahlen. Es hat ausgeführt, der Versicherungsvertrag habe bis Mai 2000 bestanden. Er sei zwar mit Schreiben des Beklagten vom 19. Januar 1999 gekündigt worden, der Beklagte habe aber nicht innerhalb von zwei Monaten den Nachweis des Eintritts der Versicherungspflicht erbracht. Zur weiteren Begründung werden auf das Urteil des Amtsgerichts Lichtenberg vom 7. September 2000 Bezug genommen.

Gegen das dem Beklagten am 24. November 2001 zugestellte Urteil richtet sich die am 5. Dezember 2001 eingelegte Berufung. Der Beklagte trägt vor, hinsichtlich der Pflegepflichtversicherung sei er niemals zum Nachweis des Eintritts einer Pflichtversicherung aufgefordert worden. Im Übrigen verweist er auf das Urteil des Senats vom 14. Februar 2001 (L 17 P 40/00).

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. Juli 2001 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Sie hält für zweifelhaft, ob der Kläger seine Pflegepflichtversicherung mit Schreiben vom 19. Januar 1999 gekündigt hat. Sehe man dieses Schreiben aber als ausreichend an, so beziehe sich auch die Anforderung eines Nachweises des Eintritts der Pflichtversicherung auf beide Versicherungen. Diesen Nachweis habe der Kläger bewusst nicht erbracht.

Das Sonderkündigungsrecht nach § 13 Abs. 1 MB-PVV, der mit § 178h Abs. 2 des Gesetzes über den Versicherungsvertrag - VVG - textgleich sei, bestehe nur, wenn der Eintritt der Versicherungspflicht nachgewiesen werde. Dies ergebe sich bereits aus dem Wortlaut der Bestimmungen. Dabei sei der Wortlaut nur der Ausgangspunkt der Auslegung. Bedeutsamer seien die systematische und teleologische Auslegung, wobei der Zweck des Gesetzes insbesondere an Hand der Entstehungsgeschichte zu ermitteln sei.

Bereits nach dem Wortlaut der Vorschrift hänge die Wirksamkeit der Kündigung vom Nachweis des Eintritts der Versicherungspflicht ab. Es sei nicht verständlich, dass sich die in § 178h Abs. 2 Satz 3 ausdrücklich erwähnte Nachweispflicht nicht auf die rückwirkende Kündigung nach Satz 1 beziehen solle.

Auch die Entstehungsgeschichte spreche für den Standpunkt der Klägerin. Bei der Fassung des § 178h VVG seien sich die Beteiligten darüber einig gewesen, dass der Nachweis des Eintritts der Versicherungspflicht Wirksamkeitsvoraussetzung der Kündigung sei. Das Recht des Versicherungsnehmers habe lediglich zeitlich ausgedehnt werden sollen.

Diese Auffassung werde auch in der maßgeblichen Kommentierung ...

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