Entscheidungsstichwort (Thema)

Rente wegen Todes aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Witwenrente. widerlegbare Vermutung. Versorgungsehe. kurze Ehedauer von 10 Tagen. Versorgungsabsicht. tödliche Erkrankung

 

Leitsatz (amtlich)

Wenn es bei über 7 Jahren Heiratsabsichten erst kurz vor dem Tod des Versicherten zur Eheschließung kommt, spricht das für eine Versorgungsehe.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt Witwenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung des am 18. April 2016 verstorbenen H H (im Folgenden: Versicherter).

Am 8. April 2016 schlossen die am 4. März 1943 geborene Klägerin und der am 21. Februar 1944 geborene Versicherte die Ehe, wobei die Eheschließung ursprünglich für den 14. April 2016 angemeldet worden war.

Beim Versicherten war für die Zeit ab 25. März 2012 ein durch Asbest verursachtes Mesotheliom als Berufskrankheit mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 100 anerkannt (Bescheid der Berufsgenossenschaft Holz und Metall - BGHM - vom 12. Juli 2012). Der Versicherte bezog von der BGHM deswegen eine Unfallrente von zuletzt 1.702,18 Euro. Von der Beklagten erhielt der Versicherte eine Regelaltersrente, zuletzt in Höhe eines monatlichen Zahlbetrages von 773,86 Euro.

Die Klägerin bezog von der Beklagten zum Zeitpunkt des Todes des Versicherten eine Altersrente mit einem Zahlbetrag von 1.345,62 Euro sowie von der BVV (Versicherungsverein des Bankgewerbes a. G., Pensionsfonds des Bankgewerbes AG) eine Betriebsrente in Höhe von monatlich 440,10 Euro.

Am 29. April 2016 beantragte die Klägerin bei der Beklagten (große) Witwenrente und gab an, den Versicherten 1963 als „erste große Liebe“ kennengelernt zu haben, wobei der Kontakt auch nach der nach 1 1/2 Jahren erfolgten Trennung, ihrem Wegzug ins Ausland (1969 nach L) und auch während der jeweiligen Ehen nie ganz abgebrochen sei. Im Juni 2006 hätten sie sich in B dann nach längerer Pause persönlich wieder getroffen und verliebt. Ende Juni 2006 sei der Versicherte zu ihr nach D-D gezogen. 2009 seien sie dann nach N, der Heimatstadt des Versicherten, verzogen, wo der Versicherte auch eine Tischlerwerkstatt besessen habe. Man habe sich „bald“ entschlossen, in N zu heiraten. Nach Ausbruch des „Asbest-Krebses“ des Versicherten im Jahre 2012 habe sich dann alles um die Erkrankung des Versicherten gedreht, wobei der Gedanke an eine baldige Hochzeit beiden viel Kraft gegeben habe. 2014 seien sie dann in eine Mietwohnung in B gezogen, da sich das Tumorzentrum, die Ärzte und die Kinder des Versicherten in B befunden hätten. Im Sommer und Herbst 2014 hätten beide eine Reha in H absolviert, wobei der Versicherte Fahrrad gefahren und als Therapie auch Reitunterricht genommen habe. Im Sommer 2015 hätten sich die Klägerin und der Versicherte mit einem Brief an die Beklagte gewandt und um Auskunft auch dazu gebeten, welche Rentenanteile nach dem Tod eines Ehepartners dem Hinterbliebenen ausbezahlt würden. Im ersten Quartal 2015 sei auch das Standesamt B kontaktiert worden: Es sei ein Informationsblatt ausgehändigt worden, aus dem sie hätten ersehen können, welche Unterlagen für eine Eheschließung verlangt würden. Wegen einer ab dem 16. März 2015 beginnenden Chemotherapie und deren Nebenwirkungen sei zwischen ihnen dann aber vereinbart worden, die Hochzeit zunächst zu verschieben. Am 2. September 2015 sei die Behandlung mit einer neuen Immuntherapie fortgesetzt worden. Mit der Hochzeit sollte jetzt aber nicht mehr länger gewartet werden. Im März 2016 sei die Klägerin hierzu wieder beim Standesamt C vorstellig geworden, wobei die Anmeldung durch sie allein erfolgt sei; diese Anmeldung hat der Versicherte unmittelbar vor der Trauung am 8. April durch eigenhändige Unterschrift abgezeichnet. Der Ernst der Lage sei ihnen Beiden bekannt gewesen. Bis zuletzt sei aber die Hoffnung auf eine erneute Besserung nicht aufgegeben worden. Sie habe fest daran geglaubt, eine Heirat könnte noch einmal ein Wunder bewirken und würde dem Versicherten neue Lebenskraft verleihen. Es habe so viele Höhen und Tiefen während des Verlaufs der Krankheit des Versicherten gegeben, die jeden Ausgang offengelassen habe. Die Möglichkeit, in einer gemeinsamen Wohnung eines betreuten Wohnheims nach dem Hospizaufenthalt des Versicherten (im Hospiz aufgenommen am 18. Februar 2016) wieder zusammenleben zu können, habe im Februar 2016 nochmals motiviert, endlich zu heiraten.

Mit Bescheid der Beklagten vom 29. September 2016 wurde der Antrag auf Witwenrente abgelehnt, da die Ehe kürzer als ein Jahr gedauert habe und die Vermutung einer Versorgungsehe im Sinne des § 46 Abs. 2 a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) nicht widerlegt worden sei, da erkennbar gewesen sei, dass die Erkrankung innerhalb eines Jahres zum Tod des Versicherten führen würde.

Den Widerspruch der Klägerin, mit dem vorgetragen wurde, dass die von der Versorgungsabsi...

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