Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Heranziehung von höheren Beiträgen zur freiwilligen Versicherung. Abschaffung der gesonderten Beitragsbemessungsgrenze für neue Bundesländer verstößt nicht gegen Verfassungsrecht

 

Orientierungssatz

Die Vorschriften des Art 1 Nr 1 und 2 des Gesetzes zur Rechtsangleichung in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 22.12.1999, wonach die gesonderte Beitragsbemessungsgrenze für die neuen Bundesländer abgeschafft worden ist, verstößt nicht gegen Art 3 Abs 1 GG.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 07.03.2007; Aktenzeichen B 12 KR 33/06 R)

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zu höheren Versicherungsbeiträgen zu ihrer freiwilligen Versicherung bei der Beklagten ab 1. Januar 2001. Sie ist Richterin im Land Brandenburg und erhält eine Besoldung nach der Zweiten Verordnung über besoldungsrechtliche Übergangsregelungen nach Herstellung der Einheit Deutschlands (“Ostbesoldung„).

Mit Schreiben vom 8.12.2000 teilte die Beklagte ihr die Beitragshöhe ab dem 01.01.2001 mit. Die Klägerin erhob Widerspruch. Eine gleiche Bemessungsgrenze für Ost und West sei rechtswidrig. Mit Widerspruchsbescheid vom 16.09.2004 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Der Gesetzgeber habe die Trennung der Rechtskreise in der gesetzlichen Krankenversicherung zum 01.01.2001 aufgehoben. Deshalb entspreche die Beitragsbemessung den gesetzlichen Vorgaben.

Hiergegen richtet sich die Klage. Die Klägerin hat zur Begründung ausgeführt, sie werde im Vergleich zu Kollegen in den alten Bundesländern benachteiligt. Es gelte die gleiche Beitragsbemessungsgrenze, obwohl das Gehalt niedriger sei.

Das Sozialgericht Potsdam (SG) hat die Klage mit Urteil vom 15. September 2005 als unbegründet abgewiesen. Die Beklagte habe in den angefochtenen Bescheiden die Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung in rechtmäßiger Höhe festgesetzt. Die Beitragshöhe ergebe sich aus § 240 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) in Verbindung mit § 19 Abs. 5 der Satzung der Beklagten. Danach gelte grundsätzlich der Betrag der jeweils maßgebenden Beitragsbemessungsgrenze in der Krankenversicherung als monatlicher Beitragswert. Das Gehalt der Klägerin habe über der Beitragsbemessungsgrenze gelegen, sodass die Beiträge nach dieser zu berechnen gewesen seien. Die Abschaffung einer (niedrigeren) Beitragsbemessungsgrenze im Beitrittsgebiet aufgrund des Gesetzes zur Rechtsangleichung in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 22. Dezember 1999 sei verfassungsgemäß. Der Gesetzgeber habe die Trennung in der gesetzlichen Krankenversicherung in West und Ost aufheben können, obwohl im öffentlichen Dienst noch - verfassungsgemäß - eine unterschiedliche Besoldung vorgenommen werde. Es liege auch keine Verletzung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes vor. Es gebe keine Gruppen mit solchen Unterschieden, die eine Ungleichbehandlung der mit der Klägerin vergleichbaren Personengruppen geböte.

Hiergegen wendet sich die Klägerin in ihrer Berufung. Das im Schnitt niedrigere Einkommen der Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen in den neuen Bundesländern benachteilige diese bei gleich hoher Beitragsbemessungsgrenze. Hingegen erhöhe sich das schon höhere Nettoeinkommen der Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen in den alten Bundesländern. Sie vergleiche sich mit Richtern im Justizdienst der alten Bundesländer. Verglichen mit einem Versicherten, der das zu erwartende Westgehalt der Klägerin verdiene, stehe die Klägerin schlechter. Die Beitragsbemessungsgrenze sei nicht auf Westniveau angehoben worden, sondern es sei ein einheitliches Niveau geschaffen worden. Deshalb könnten auch die Gründe des Bundessozialgerichts (BSG), in der Entscheidung vom 30. März 2000 - B 12 KR 13/99 R - zur einheitlichen Regelung in Berlin nicht übertragen werden. In Berlin habe es nämlich bereits ein einheitliches -hohes - Einkommensniveau gegeben.

Die Abschaffung der Beitragsbemessungsgrenze Ost verbessere zudem die finanzielle Situation der gesetzlichen Krankenkasse nicht durchgreifend. Lediglich die Krankenkassen in den neuen Bundesländern hätten Vorteile, weil einer verbesserten Einnahmeseite die nach wie vor niedrigeren Ausgaben gegenüber stünden. Auch erfolge in anderen Sparten der Sozialversicherung noch immer eine Unterscheidung der Beitragsbemessungsgrenzen. Die Klägerin müsse schließlich den Beitrag zur Gänze alleine tragen und habe kein Recht auf einen Zuschuss.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 15. September 2005 und den Bescheid vom 8. Dezember 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. September 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, bei der Beitragsberechnung ab 1. Januar 2001 weiterhin von der Beitragsbemessungsgrenze Ost auszugehen,

hilfsweise festzustellen, dass für die Klägerin ab 1. Januar 2001 bei der Festsetzung ihrer Beiträge bei der Be...

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