Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialversicherungspflicht. Gesellschafter-Geschäftsführer. Minderheitsgesellschafter. Änderung des Geschäftsführervertrages. Einstimmigkeitserfordernis. Weisungsabhängigkeit. abhängige Beschäftigung. selbstständige Tätigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Das Erfordernis, dass die Gesellschafterversammlung nur einstimmig über die Änderungen des Geschäftsführervertrags mit dem Minderheitsgesellschafter beschließen kann, verschafft diesem keine Sperrminorität oder eine dem gleichgestellte Rechtsmacht, Weisungen an sich zu verhindern.

2. Eine wirtschaftliche Überlegenheit in der GmbH ersetzt die rechtliche nicht.

 

Tenor

Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 18. Oktober 2018 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger zu 2) im Rahmen seiner Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin zu 1) seit dem 31. März 2017 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt.

Die Klägerin zu 1) ist eine Sgesellschaft in der Rechtsform einer GmbH. Gemäß ihrem Gesellschaftsvertrag verfügte sie 2017 über ein Stammkapital in Höhe von 150.000 €. Von den Gesellschaftsanteilen hielten im Januar 2017 der Kläger zu 2) 75.000 Euro (50 %), Herr J-G 37.500 Euro, Frau K 22.500 Euro sowie die ASgesellschaft mbH 15.000 €.

Der Kläger zu 2) verkaufte am 24. Februar 2017 an Herrn M insgesamt 30.000 Euro seiner Geschäftsanteile. Mit dem verbliebenen Anteil in Höhe von 45.000 Euro hielt er noch 30 % der Kapitalanteile. Die Abtretung des Teilgeschäftsanteils sollte zum 1. März 2017 erfolgen, nicht jedoch vor vollständiger Kaufpreiszahlung (Ziff. 2 des notariellen Kaufvertrags). Die vollständige Kaufpreiszahlung durch Herrn M erfolgte am 28. März 2017, die Eintragung der Anteilsübertragung ins Handelsregister erfolgte am 31. März 2017. Im Zuge einer Aufnahme eines weiteren Gesellschafters und der Erhöhung des Stammkapitals auf 180.000 Euro verringerte sich der prozentuale Gesellschaftsanteil des Klägers danach noch und liegt nunmehr bei 25 %.

Gemäß dem Gesellschaftsvertrag der Klägerin werden Beschlüsse der Gesellschafter mit einer Mehrheit von mindestens 55 % der abgegebenen Stimmen gefasst (§ 7 Abs. 4 Gesellschaftsvertrag). Gemäß § 7 Abs. 5 des Gesellschaftsvertrages sind Beschlüsse, die der Geschäftsführung die Unabhängigkeit und Freiheit zu pflichtgemäßem Handeln nehmen, unwirksam. Zur Ausübung von Gesellschafterrechten können nur Personen bevollmächtigt werden, die Steuerberater, Rechtsanwälte oder Wirtschaftsprüfer sind (§ 7 Abs. 6 Gesellschaftsvertrag). Gemäß § 7 Abs. 9 erfolgt die Abstimmung der Gesellschafter im Rahmen der gesetzlichen Regelung und nach Maßgabe der Regelung in § 7 Abs. 3 und Abs. 4. Abweichend davon bedarf es für folgende Entscheidungen eines einstimmigen Gesellschafterbeschlusses:

- Veräußerung des Geschäftsbetriebs im Ganzen;

- Festsetzung der Geschäftsführervergütung sowie Abschluss, Aufhebung und Änderung von Geschäftsführerverträgen;

- Auflösung der Gesellschaft;

- Errichtung und Auflösung von Zweigniederlassungen, bei der Auflösung von Zweigniederlassungen gilt der Vorbehalt nicht, wenn die Voraussetzung des § 34 Abs. 2 StBerG nicht erfüllt sind;

- Erwerb, Veräußerung oder Belastung von Grundstücken oder grundstücksgleichen Rechten;

- Erwerb, Veräußerung oder Belastung von Beteiligungen an Kapitalgesellschaften oder sonstigen Rechtsgeschäften über Beteiligungen;

Der Kläger zu 2) ist neben zwei weiteren Gesellschaftern zum Geschäftsführer für die Klägerin bestellt Er schloss am 28. Juli 2014 mit der Klägerin zu 1) mit sofortiger Wirkung einen Gesellschafter-Geschäftsführervertrag.

Dieser enthielt unter anderem folgende Bestimmungen

§ 2 Kündigung

1. Dieser Vertrag kann, soweit dem § 1 nicht entgegensteht, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Jahresende gekündigt werden.

2. Eine außerordentliche Kündigung ist aus wichtigem Grund möglich.

3. Die Kündigung hat durch eingeschriebenen Brief zu erfolgen.

§ 3 Aufgabengebiet

1. Der Gesellschafter-Geschäftsführer hat alle Geschäfte der GmbH mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes nach Maßgabe der einschlägigen Gesetze, des Gesellschaftsvertrages, der Geschäftsordnung und der Gesellschafterbeschlüsse durchzuführen. Er führt die Geschäfte der Gesellschaft nach eigenem Gutdünken und weisungsfrei im Hinblick auf Zeit, Dauer, Ort, Art und Umfang der Tätigkeit. Die Zuständigkeitsbereiche der Gesellschafter-Geschäftsführer werden in einem Geschäftsverteilungsplan festgelegt.

2. Jeder Gesellschafter-Geschäftsführer ist berechtigt, über die Annahme und Ablehnung eines Mandats selbstständig zu entscheiden, berufsrechtliche Bestimmungen sind dabei zu beachten. Die Gesellschafter-Geschäftsführer haben sich fortlaufend über neue Mandate zu unterrichten.

3. Ihm obliegen die gesetzlich und berufs...

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