Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung einer vom Kläger erklärten Beschränkung der Berufung auf die sozialgerichtliche Kostenentscheidung als Rücknahme der Berufung

 

Orientierungssatz

1. Die Rücknahme der Berufung als einseitige Prozesshandlung bewirkt gemäß § 156 Abs. 1 S. 1 SGG den Verlust des Rechtsmittels und erledigt den Rechtstreit in der Hauptsache.

2. Erklärt der Kläger im Gerichtstermin, er beschränke die Berufung auf die Kostenentscheidung des sozialgerichtlichen Urteils, so ist eine solche Erklärung als Rücknahme auszulegen.

3. Die Berufungsrücknahme ist als Prozesshandlung grundsätzlich unwiderruflich und nicht wegen Irrtums anfechtbar.

 

Tenor

Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit L 3 U 106/16 durch die teilweise Rücknahme der Berufung und durch den Beschluss vom 03. Dezember 2020 beendet ist.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird für das Feststellungsverfahren auf 359,35 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Frage, ob das vom Kläger unter dem Aktenzeichen L 3 U 106/16 geführte Berufungsverfahren beendet ist.

Der Kläger betreibt ein landwirtschaftliches Unternehmen als bäuerlicher Einzelbetrieb und eine Imkerei mit einer wechselnden Anzahl von Bienenvölkern. Er wird als Mitgliedsunternehmen der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin, der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft Mittel- und Ostdeutschland (LBG), seit dem 01. April 1994 zur Beitragsleistung herangezogen.

Die LBG setzte nach einer Änderung der maßgeblichen Beitragssatzung mit Bescheid vom 19. Mai 2011 für das Unternehmen des Klägers einen Beitrag für das Jahr 2010 in Höhe von 687,73 Euro fest. Unter Berücksichtigung des Anspruchs auf beitragsreduzierende Bundesmittel ergab sich ein Zahlbetrag von 488,06 Euro zuzüglich offener Mahngebühren. Hiergegen erhob der Kläger am 26. Mai 2011 Widerspruch mit der Begründung, dass die Einschätzung des Unfallrisikos anhand der angegebenen Ackerkultur im Rahmen der Agrarförderung nicht richtig sei, denn es handle sich um einen ökologisch und nicht konventionell arbeitenden Betrieb. Die Einordnung des Anbaus der Ackerkultur in Spezialkulturen sei falsch, da es sich um eine Bienenweide handle und diese nahezu ohne Unfallrisiko sei. Jedenfalls seien der tatsächliche Arbeitsaufwand für die Kulturpflege der Bienenweide und die Ernte und so auch das Unfallrisiko falsch bewertet worden. Nach Erlass des Berichtigungsbescheides vom 20. Juli 2011, mit dem die Mahngebühren aufgehoben wurden, wies die LBG mit Widerspruchsbescheid vom 09. August 2011, dem Kläger zugestellt am 16. August 2011, den Widerspruch zurück. Der Beitragsbescheid sei hinsichtlich des Unternehmensteils landwirtschaftliche Bodenbewirtschaftung rechtmäßig, da die Beitragsberechnung auf § 182 Abs. 2 und 6 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) i. V. m. ihrer rechtsgültigen Satzung beruhe. Im Hinblick auf den Unternehmensteil Imkerei sei der Beitragsbescheid rechtswidrig begünstigend.

Am 10. September 2011 hat der Kläger über das elektronische Gerichtspostfach ohne die erforderliche Signatur Klage vor dem Sozialgericht (SG) Potsdam erhoben. Er hat sich auf sein Widerspruchsvorbringen bezogen und die grobe Fehlzuordnung zur Solidargemeinschaft beklagt. Mit Bescheid vom 02. März 2012 hat die LBG unter erneuter Zugrundelegung der Produktionsverfahren aus dem Vorjahresbescheid sowie von 13 Bienenvölkern im Jahresdurchschnitt den Beitrag für das Umlagejahr 2011 mit 605,27 Euro festgesetzt, wobei sich wegen der Berücksichtigung des Anspruchs auf beitragsreduzierende Bundesmittel ein Zahlbetrag in Höhe von 416,06 Euro ergab. Den hiergegen gerichteten Widerspruch des Klägers wies die LBG mit Widerspruchsbescheid vom 10. Juli 2012 zurück, worauf der Kläger mit Schreiben vom 19. Juli 2012, eingegangen bei Gericht am 03. August 2012, seine Klage auf diesen Beitragsbescheid erweitert hat. Aufgrund richterlichen Hinweises hat die Beklagte mit Bescheid vom 30. April 2013 die Beitragsfestsetzungen für 2010 auf 202,67 Euro und für 2011 auf 156,68 Euro reduziert.

Das SG Potsdam hat sodann die Klage mit Urteil vom 29. Mai 2015 abgewiesen und unter Zugrundlegung von § 197 a Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ausgesprochen, dass der Kläger die Kosten des Verfahrens trägt. Die LBG habe in Anwendung der Bemessungsfaktoren ihrer Satzung rechtmäßig die Beiträge des Klägers für die Jahre 2010 und 2011 festgesetzt. In der Begründung der Kostenentscheidung hat das Gericht ein Versehen der Kammer eingeräumt, da die Beklagte dem Klagebegehren durch den Berichtigungsbescheid vom 30. April 2013 i.H.v. 60 Prozent entsprochen habe und daher auch 60 Prozent der Kosten des Verfahrens hätte tragen müssen. Weiter hat es ausgeführt, dass die Berufung gegen das Urteil nicht gegeben sei, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 750 Euro nicht übersteige und keine wiederkehrenden Leistungen für mehr als ein Jahr betroffen seien.

Auf das ihm am 15. Juli 2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 12. August...

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