Entscheidungsstichwort (Thema)

Berücksichtigung von Kindergeld bei Vorausleistung von Berufsausbildungsbeihilfe. Berechnung des Elterneinkommens bei Vorausleistungsantrag für BAB

 

Orientierungssatz

1. Die Vorausleistung von Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) wegen von den Eltern nicht geleistetem Unterhalt nach § 72 Abs. 1 SGB 3, die nur beansprucht werden kann, wenn unter Berücksichtigung des sonstigen Einkommens die Ausbildung gefährdet ist, kann nicht beansprucht werden, wenn diese Gefährdung unter Berücksichtigung von durch die Eltern weitergeleitetem Kindergeld nicht eintritt. Seit 2002 gilt Kindergeld zwar auf Grund der Streichung von BAföG § 21 Abs. 3 Nr. 3 nicht mehr als Einkommen, da es aber in Abs. 4 auch nicht als Einkommensart aufgeführt ist, die nicht als Einkommen gilt, muss es in die im Einzelfall zu treffende Prognoseentscheidung der Ausbildungsgefährdung einbezogen werden.

2. Zur Berechnung der Berufsausbildungsbeihilfe auf einen Aktualisierungsantrag nach § 71 Abs. 2 Satz 1 SGB 3 iVm § 24 Abs. 4 Satz 2 BAföG, mit dem erreicht werden soll, dass für die Anrechnung des Einkommens der Eltern nicht (nach § 24 Abs. 1 BAföG) auf die Einkommensverhältnisse im vorletzten Kalenderjahr vor Beginn des Bewilligungszeitraums, sondern auf diejenigen im Bewilligungszeitraum abgestellt wird. In der Entscheidung wird - wegen gleichem Ergebnis - offen gelassen, ob das Einkommen auf der Grundlage von Jahresbruttoarbeitslohn über das monatliche Durchschnittseinkommen im gesamten Bewilligungszeitraum oder monatsgetreu zu errechnen ist.

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 30. Mai 2006 geändert.

Die Klage wird in vollem Umfang abgewiesen.

Die Klage gegen den Bescheid vom 7. September 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Januar 2007 wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind im gesamten Verfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Höhe der der Klägerin bewilligten Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) für die Zeit vom 1. November 2005 bis 30. September 2006.

Die 1986 geborene Klägerin begann am 1. September 2004 eine dreijährige Ausbildung zur Floristin bei der E T B GmbH. Zum 1. April 2005 zog sie in eine eigene Wohnung, deren Warmmiete im streitbefangenen Zeitraum 339,34 € monatlich betrug. Das Kindergeld für die Klägerin wurde in diesem Zeitraum an die Mutter der Klägerin gezahlt und von dieser in voller Höhe an die Klägerin weitergeleitet. Die Ausbildungsvergütung betrug im ersten Lehrjahr 282,- € brutto, im zweiten Lehrjahr 296,10 € brutto und im dritten Lehrjahr 310,90 € brutto.

Mit Bescheid vom 21. April 2005 bewilligte die Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 1. April 2005 bis 30. September 2006 BAB in Höhe von 30,- € monatlich, wobei sie unter Berücksichtigung der elterlichen Einkommensverhältnisse des Kalenderjahres 2003 ein anzurechnendes monatliches Einkommen des Vaters der Klägerin in Höhe von 59,46 € und ihrer Mutter in Höhe von 181,67 € dem mit 564,50 € bemessenen Gesamtbedarf der Klägerin gegenüberstellte. Von April bis Oktober 2005 zahlte der Vater der Klägerin monatlich 60,- € an sie. Nachdem er nach ihren Angaben mit dem Monat November 2005 diese Zahlungen eingestellt hatte, weil er wegen Krankheit vorerst keinen Unterhalt mehr zahlen könne, stellte die Klägerin bei der Beklagten den Antrag, bei der Anrechnung des Einkommens ihres Vaters von den Einkommensverhältnissen im Bewilligungszeitraum auszugehen (im Folgenden als Aktualisierungsantrag bezeichnet). Außerdem beantragte die Klägerin die Vorausleistung des angerechneten Unterhaltsbetrags ihres Vaters nach § 72 Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung - (SGB III).

Mit - bindendem - Bescheid vom 13. Dezember 2005 lehnte die Beklagte die Vorausleistung mit der Begründung ab, der auf den Vater der Klägerin entfallende hälftige Kindergeldbetrag in Höhe von 77,- € monatlich sei höher als das bei ihm anzurechnende Einkommen. Mit Bescheid vom 26. Januar 2006 lehnte die Beklagte den Aktualisierungsantrag ab und führte aus: Die Voraussetzungen des § 24 Abs. 4 Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) lägen nicht vor. Die Einkommensverhältnisse des Vaters der Klägerin seien im Bewilligungszeitraum nicht wesentlich niedriger als diejenigen des Kalenderjahres 2003. Denn bei Berücksichtigung der Einkommensminderung, die im Wege der Vergleichsberechnung auf der Grundlage der überlassenen Einkommensunterlagen festgestellt worden sei, erhöhe sich der Förderungsbetrag nicht um mindestens 10,- €. Die Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 2. März 2006 zurück und führte u.a. aus: Dem Antrag auf Anrechnung des Einkommens des Vaters der Klägerin im Bewilligungszeitraum könne nicht entsprochen werden. Das Einkommen des Vaters sei nicht wesentlich geringer als im Kalenderjahr 2003 (unter Bezugnahme auf eine beigefügte Berechnung). Soweit der Vater der Klägerin keinen Unterhalt mehr zahle, werde darauf hingewiesen,...

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