Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Versorgung. Abrechnungsprüfung. sachlich-rechnerische Richtigstellung bezgl einzelner Gebührenordnungspositionen (GOP). kein Vertrauensschutz für eine spätere, dasselbe Quartal betreffende Richtigstellung bezgl anderer GOP. sozialgerichtliches Verfahren. kurzfristig gestellter Terminsaufhebungsantrag. Darlegung des Verhinderungsgrundes

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei kurzfristig gestellten Terminsaufhebungsanträgen muss der Verhinderungsgrund so dargelegt und untermauert sein, dass das Gericht ohne weitere Nachforschungen selbst beurteilen kann, ob Verhandlungs- bzw Reiseunfähigkeit besteht.

2. Eine sachlich-rechnerische Richtigstellung bezüglich einzelner Gebührenordnungspositionen - hier: aus Bereich "Früherkennung von Krankheiten bei Erwachsenen" - begründet keinen Vertrauensschutz für eine spätere, dasselbe Quartal betreffende sachlich-rechnerische Richtigstellung bezüglich ganz anderer Gebührenordnungspositionen - hier: Substitutionsbehandlung bei Drogenabhängigkeit -.

 

Orientierungssatz

Zu Leitsatz 1 vgl BSG vom 13.10.2010 - B 6 KA 2/10 B = SozR 4-1500 § 110 Nr 1.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 03.04.2019; Aktenzeichen B 6 KA 30/18 B)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 18. September 2013 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger und die Beklagte jeweils zur Hälfte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen eine Honorarkürzung für die Quartale I/07 bis IV/07 infolge einer Plausibilitätsprüfung.

Der Kläger nimmt seit 1994 in B-R an der vertragsärztlichen Versorgung (hausärztlicher Bereich) teil. Ihm wurde die Genehmigung zur Durchführung von Substitutionsbehandlungen erteilt (Bescheid vom 24. Juni 1996). Mit Schreiben vom 15. April 2004 wies ihn die Beklagte darauf hin, dass er gegen vertragsärztliche Pflichten verstoße, weil er aktuell bei 68 Patienten eine Substitutionsbehandlung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) durchführe und damit die in § 10 Abs. 4 der Richtlinie des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen zur substitutionsgestützten Behandlung Opiatabhängiger festgelegte Patientenhöchstzahl von 50 Versicherten deutlich überschreite. Die Qualitätssicherungskommission der Beklagten - so dieses Schreiben weiter - empfehle ihm, mit Hilfe der bei der Beklagten gebildeten Arbeitsgruppe Substitution Patienten an einen anderen berechtigten Vertragsarzt zu vermitteln, und mache zugleich darauf aufmerksam, dass bei einer weiteren Überschreitung der Patientenhöchstzahl von 50 Versicherten der Vorstand der Beklagten hierüber informiert und ggf. geeignete Maßnahmen (Entzug der Genehmigung und Honorarrückforderung) einleiten werde.

Für die streitgegenständlichen Quartale bewilligte die Beklagte dem Kläger Honorare (nach Abzug der Praxisgebühr) zwischen rund 87.200 und 90.800 Euro. Mit Widerspruchsbescheid vom 19. August 2008 wies die Beklagte die trotz Aufforderung nicht begründeten Widersprüche des Klägers gegen die Honorarfestsetzungsbescheide für die Quartale II/06 bis III/07 bestandskräftig zurück. Die Prüfungsstelle lehnte in vier Bescheiden vom 20. November 2008 im Zusammenhang mit der arztbezogenen Prüfung auf der Grundlage von Durchschnittskosten je definierter Dosiereinheit für jedes Quartal des Jahres 2007 die Festsetzung von Maßnahmen ab. Auf Antrag zweier Krankenkassen kürzte die Beklagte im Hinblick auf zu Unrecht abgerechnete Leistungen der Gebührenordnungspositionen (GOP) 01730, 01731 und 01732 (bzw. deren Vorgängerregelung) des einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM) das Honorar des Klägers wie folgt:

Bescheid

vom

Krankenkasse

betroffener Zeitraum

Kürzungsbetrag

(abzüglich

Verwaltungskosten)

06.11.2008

BARMER

I/04 bis IV/07

152,56 Euro

03.06.2009

KKH     

II/05 bis I/08

25,51 Euro

Im Rahmen der im März 2011 eingeleiteten Plausibilitätsprüfung des Klägers für das Jahr 2007 stellte die Beklagte u.a. folgende Daten fest:

Quartal

Fallzahl

Kläger

durchschnittliche Fallzahl

der Fachgruppe

der praktischen Ärzte /

Allgemeinmediziner

abgerechnete

Leistungszeit

Leistungszeit

ohne Wochenende /

Feiertage

I/07   

1.223 

722     

56.756 Min.

50.112 Min.

II/07 

1.156 

685     

54.708 Min.

46.616 Min.

III/07

1.194 

688     

57.447 Min.

49.853 Min.

IV/07 

1.251 

745     

56.709 Min.

50.820 Min.

Quartal

Substitutionsgestützte

Behandlung (GOP 01950)

Zuschlag zur Nr. 01950 für das

therapeutische Gespräch (GOP 01952)

Anzahl

Zeit   

Anzahl

Zeit   

I/07   

4.501 

300:04 h

238     

39:40 h

II/07 

4.760 

317:20 h

247     

41:10 h

III/07

5.070 

338:00 h

243     

40:30 h

IV/07 

3.740 

249:20 h

257     

42:50 h

Sie ging dabei davon aus, dass die Leistung nach der GOP 01950 vier Minuten und nach der GOP 01952 zehn Minuten in Anspruch nimmt.

Nachdem die Beklagte dem Kläger Gelegenheit gegeben hatte, sich zur Überschreitung der Obergrenze für die Quartalsleistungszeiten (u.a.) der Quartale I/07 bis IV/07 zu äußern (Schreiben vom 11. März 2011), ließ d...

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