Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohlverstandenes Interesse iS des § 53 Abs 2 Nr 2 SGB 1

 

Orientierungssatz

Zum Begriff des wohlverstandenen Interesses iS des § 53 Abs 2 Nr 2 SGB 1.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 24.01.2018; Aktenzeichen B 13 R 450/14 B)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 2. Juli 2009 wird zurückgewiesen.

Die im Berufungsverfahren erhobene Klage auf Auszahlung der in der Zeit vom 1. Dezember 1992 bis 31. Juli 2014 im Wege der Abtretung an die Beigeladene zu 1) gezahlten Rente wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 7. Januar 1993 über die Bejahung des wohlverstandenen Interesses der Klägerin an der Abtretung des nach Durchführung der Nachentrichtung bestehenden Anspruchs auf Versichertenrente und die (erneute) Zahlung des in der Zeit vom 1. Dezember 1992 bis 31. Juli 2014 abgetretenen Rententeils an die Klägerin.

Die 1929 in R geborene Klägerin wanderte 1973 nach I aus. Ihren Antrag auf Gewährung eines Altersruhegeldes nach § 25 Abs. 3 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) vom 29. Mai 1989 lehnte die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) als Rechtsvorgängerin der Beklagten mit Bescheid vom 19. Februar 1991 ab. Für die Erfüllung der Wartezeit seien keine Versicherungszeiten anzurechnen.

Am 17. Juli 1992 beantragte die Klägerin, vertreten durch Rechtsanwälte (RAe) , erneut die Gewährung einer Versichertenrente aus der deutschen Rentenversicherung. Die Beklagte ließ mit Bescheid vom 13. Oktober 1992 die Nachentrichtung von Beiträgen nach Art. 12 der Durchführungsvereinbarung zum deutsch-israelischen Sozialversicherungsabkommen (DV-I) für die Zeit vom 1. Januar 1956 bis 30. Juni 1980 in einem Gesamtbetrag von 61.938,- DM zu.

Am 18. Dezember 1992 reichte die Beigeladene zu 1) (im Folgenden: BGF) bei der Beklagten eine Abtretungsanzeige ein und beantragte die Feststellung des wohlverstandenen Interesses der Klägerin an der Rentenabtretung. Zugleich teilte die BGF mit, dass sie die Ansprüche an die Beigeladene zu 2) weiterabgetreten hat. Dem Schreiben beigefügt waren ein Abtretungsvertrag (u.a. Abtretung der laufenden Rente in Höhe von (iHv) 897,76 DM, jedoch höchsten iHv zwei Dritteln) und ein Darlehensantrag (Darlehensbetrag 59.097,14 DM, Gesamtdarlehen 60.291,58 DM). Beide Verträge waren von der Klägerin mit Datum vom 19. November 1992 unterschrieben und von der BGF am 10. Dezember 1992 angenommen worden. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Verträge Bezug genommen. Weiter wurde eine Zahlungserklärung der Klägerin vom 19. November 1992 vorgelegt, worin sie um Überweisung auf ihr Konto bei der F K-Bank GmbH bat. Mit Wertstellung vom 30. November 1992 wurden auf die Nachentrichtungssumme ein Betrag von 2.840,86 EUR durch die B-G A Limited (BGA) und ein weiterer Betrag von 59.097,14 DM durch die BGF bei der Beklagten eingezahlt.

Mit Bescheid vom 7. Januar 1993 bejahte die Beklagte das wohlverstandene Interesse der Klägerin iS von § 53 Abs. 2 Nr. 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) an der Abtretung des nach Durchführung der Nachentrichtung bestehenden Anspruchs auf Versichertenrenten in dem im Abtretungsvertrag vom 10. Dezember 1992 angegebenen Umfang. Zur Begründung führte sie aus, dass von einem wohlverstanden Interesse grundsätzlich ausgegangen werden könne, wenn sich der Berechtigte schutzwürdige - hier: wirtschaftliche - Vorteile verschafft habe, die höher einzuschätzen seien als die Innehabung des Zahlungsanspruchs. Soweit eine Beitragsnachentrichtung durch ein Darlehen finanziert werde, liege ein wohlverstandenes Interesse an einer darlehenssichernden Abtretung der Rente dann vor, wenn der Anspruch auf die Rentennachzahlung bis zu 48 Monatsraten sowie auf eine darüber hinaus gehende Nachzahlung und auf die laufende Zahlung iHv zwei Dritteln des Zahlbetrages der Rente im Monat des Rentenbeginns abgetreten werde. Der vorgelegte Abtretungsvertrag zwischen der Klägerin und der BGF erfülle diese Voraussetzungen. Inhaltlich identische Bescheide vom 7. Januar 1993 übersandte die Beklagte darüber hinaus an die BGF und die Beigeladene zu 2).

Die Beklagte bewilligte der Klägerin mit Bescheid vom 27. Januar 1993 Altersrente für Frauen ab 1. Dezember 1992 iHv monatlich 1.675,43 DM. In der Anlage 10 Seite 3 zum Rentenbescheid verlautbarte die Beklagte, dass die laufende Zahlung ab 1. April 1993 in geminderter Höhe von 777,67 DM gezahlt wird. Die Nachzahlung für die Zeit vom 1. Dezember 1992 bis 31. März 1993 iHv 6.701,72 wurde auf ein Konto der Klägerin bei der F K-Bank GmbH gezahlt. Von der laufenden Rente wurden 777,67 DM auf das Konto der Klägerin bei der F K-Bank GmbH und 897,76 DM auf das Konto der BGF bei der Beigeladenen zu 2) gezahlt.

Mit der direkt an die Klägerin gerichteten „Mitteilung zur Rentenzahlung“ vom 11. Februar 1993 informierte die Beklagte darüber, dass wegen ...

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