Entscheidungsstichwort (Thema)

Rentenzahlung nach dem Tod des Leistungsberechtigten. Rücküberweisungspflicht des Geldinstituts. anderweitige Verfügung

 

Orientierungssatz

Ein Geldinstitut ist über den Wortlaut des § 118 Abs 3 S 3 SGB 6 hinaus auch dann verpflichtet, die für einen Zeitraum nach dem Tod des Rentenempfängers überwiesene Rente zurückzuüberweisen, wenn es vor Eingang des Rückforderungsverlangens des Rentenversicherungsträgers in Kenntnis des Todes des Rentenempfängers eine anderweitige Verfügung ausgeführt hat (so auch LSG Berlin-Potsdam vom 5.9.2013 - L 4 R 496/08 sowie LSG Essen vom 24.1.2014 - L 14 R 1000/12; entgegen LSG Celle-Bremen vom 1.7.2014 - L 2/12 R 382/11).

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 24.02.2016; Aktenzeichen B 13 R 31/14 R)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 12. August 2013 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Rücküberweisung einer überzahlten Rentenleistung in Höhe von (iHv) 886,31 EUR.

Die Klägerin gewährte der Frau T M (Hinterbliebene) aus der Versicherung des 2006 verstorbenen Versicherten O M eine große Witwenrente. Diese wurde laufend auf das Konto der Hinterbliebenen bei der Beklagten (Nr.) gezahlt. Die Hinterbliebene verstarb 2011. Nach ihrem Tod wurden durch den Renten Service noch die Hinterbliebenenrente für die Monate Juni, Juli und August 2011 (jeweils zum Ende des Vormonats) iHv insgesamt 1.661,09 EUR gutgeschrieben (550,05 EUR, 555,52 EUR, 555,52 EUR). Zudem wurde über den Renten Service am 31. Mai 2011 die von der Versorgungsanstalt der Deutschen Post (VAP) gewährte Rente der Hinterbliebenen für den Monat Juli 2011 iHv 310,82 EUR gutgeschrieben. Die Beklagte erlangte Kenntnis von dem Tod der Hinterbliebenen am 20. Juni 2011. An diesem Tag ging bei ihr eine Rentenrückforderung bezüglich der VAP-Rente ein. Die Beklagte führte die Rücküberweisung noch am selben Tag aus. Die Rückforderung der Hinterbliebenenrente iHv 1.643,05 EUR (Schreiben des Renten Service vom 2. August 2011) ging am 8. August 2011 bei der Beklagten ein. Nachfolgend sind sämtliche Kontobewegungen zu dem Konto Nr. in der Zeit vom 1. Juni bis 31. August 2011 aufgeführt (siehe auch Kontoauszug vom 15. März 2013):

Buchtag

Wert   

Auszugstext/Verwendungszweck

Umsatz in €

 Saldo in €

31.05.2011

1208,75

01.06.2011

01.06.2011

Lastschrift U H GmbH

-17,90

07.06.2011

07.06.2011

Überw. SB-Terminal E Apotheke Rechnung 2000575

-3,76

07.06.2011

07.06.2011

Lastschrifteinzug D Versicherung

-13,06

17.06.2011

17.06.2011

Lastschrift Deutsche BKK West

-5,87

20.06.2011

20.06.2011

Überw. SB-Terminal Seniorenstift K

-587,29

20.06.2011

580,87

20.06.2011

20.06.2011

entgeltfr. Buchung Renten Service Rentenrueckforderung T M 06.2011

-310,82

24.06.2011

24.06.2011

Zahlungseingang T GmbH

1,57

30.06.2011

30.06.2011

Rente Renten Service RV-Rente 07.2011

555,52

30.06.2011

  827,14

01.07.2011

01.07.2011

Abrechnung Entgelte

-18,00

01.07.2011

01.07.2011

Lastschrift Rundfunkanstalt

-53,94

01.07.2011

01.07.2011

Lastschrift Eigenbetrieb Abfallwirtschaft

-25,60

18.07.2011

729,60

18.07.2011

18.07.2011

Überw. SB-Terminal Gemeinde H Rechnung 039 2011

-112,00

18.07.2011

18.07.2011

Überw. SB-Terminal A G Rechnung 11 075

-469,46

29.07.2011

29.07.2011

Rente Renten Service RV-Rente 08.2011

555,52

29.07.2011

703,66

01.08.2011

01.08.2011

Lastschrift V Lebensversicherungs-AG

-5,51

04.08.2011

698,15

08.08.2011

08.08.2011

entgeltfr. Buchung Renten Service Rentenrueckforderung Teilbetrag 06.-08.2011 T. M.

-716,15

15.08.2011

15.08.2011

Lastschrift Gemeinde H Wasser, Abwasser, Grundsteuer B

-52,17

25.08.2011

-70,17

31.08.2011

31.08.2011

Zahlungseingang M, U

100,00

31.08.2011

29,83

Die Beklagte leistete auf die Rückforderung 716,15 EUR und lehnte zuletzt mit Schreiben vom 1. Februar 2013 eine weitere Rücküberweisung ab mit der Begründung, dass eine Rückforderung der Hinterbliebenenrente erstmals am 8. August 2011 erfolgt sei. Die Klägerin habe es versäumt, ihr Rückforderungsbegehren rechtzeitig geltend zu machen.

Am 15. Februar 2013 hat die Klägerin bei dem Sozialgericht (SG) Berlin Klage erhoben mit dem Begehren, die Beklagte zu verurteilen, an sie 886,31 EUR zu zahlen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass sich die Überzahlung der Rente iHv insgesamt 1.661,09 EUR zunächst durch die in der Zeit nach dem Todestag (23. bis 31. Mai 2011) nicht mehr einzubehaltenden Kranken- und Pflegeversicherungsbeträge auf 1.643,05 EUR reduziere. In der Zeit vom 1. bis 17. Juni 2011 seien Verfügungen iHv insgesamt 40,59 EUR erfolgt. Auch diese reduzierten den Rückforderungsbetrag. Die Beklagte habe am 20. Juni 2011 Kenntnis von dem Tod der Hinterbliebenen erlangt und könne sich ab diesem Zeitpunkt hinsichtlich der danach ausgeführten Verfügungen nicht mehr auf “anderweitige Verfügungen„ berufen. Dies folge sowohl aus den Urteilen des Bundessozialgerichts (BSG) vom 22. April 2008 (B 5a/4 R 79/06 R) und 3. Juni 2009 (B 5 R 120/07 R) als auch...

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