Entscheidungsstichwort (Thema)

Absenkung des Arbeitslosengeldes 2

 

Orientierungssatz

1. Entscheidungen des SGB 2-Leistungsträgers über die Höhe der Leistung sind regelmäßig sofort vollziehbar. Eine Aussetzung der Vollziehung kommt nur in Betracht, wenn das öffentliche Vollzugsinteresse des Aussetzungsinteresse des Antragstellers deutlich überwiegt.

2. Das Arbeitslosengeld 2 wird um 30 % der Regelleistung abgesenkt, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige sich weigert, zumutbare Arbeit auszuführen. Dem Leistungsempfänger des SGB 2 sind auch Arbeiten zumutbar, für die kein Arbeitslohn, sondern nur eine Entschädigung für Mehraufwand gezahlt wird, wenn er keine andere Arbeit findet.

3. Ein wirksames Vermittlungsangebot liegt vor, wenn das Arbeitsangebot die vorgeschlagene Tätigkeit hinreichend deutlich beschreibt.

4. Eine in der Unterstützung einer gemeinnützigen Einrichtung des privaten Rechts bestehende Tätigkeit ist im öffentlichen Interesse liegende zusätzliche Arbeit. Verhindert der Leistungsempfänger trotz Rechtsfolgenbelehrung das Zustandekommen der Arbeitsgelegenheit, wird die Leistung nach § 31 SGB 2 abgesenkt.

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 9. Juni 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Streitig ist die Absenkung der an den Antragsteller für die Zeit vom 1. Mai 2006 bis zum 31. Juli 2006 zu zahlenden Leistungen.

Der 1958 geborene Antragsteller ist Kraftfahrer von Beruf. Vom 19. Januar 2004 bis 12. Juli 2005 bezog er Arbeitslosengeld. Der Antragsgegner gewährte dem Antragsteller die erstmals am 28. Februar 2005 beantragten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes gemäß dem Sozialgesetzbuch, Zweites Buch (SGB II), nach Auslaufen des Arbeitslosengeldes in Höhe des Regelsatzes.

Am 21. Februar 2006 sprach der Antragsteller auf Einladung bei dem Antragsgegner vor. Dort wurde die Möglichkeit erörtert, dass ihm eine Arbeitsgelegenheit gegen Mehraufwandsentschädigung (so genannter 1-Euro-Job) nachgewiesen wird. Am 4. März 2006 erhielt der Antragsteller vom Antragsgegner einen Vorschlag über eine “Arbeitsstelle„ als Hauswirtschaftshelfer. Für die Tätigkeit in einer Kleiderkammer in Berlin, die in Teilzeit 30 Stunden in der Woche vom 15. März 2006 bis 14. Dezember 2006 zu verrichten sei, würde 1,50 Euro Lohn/Gehalt gezahlt. Der Antragsteller wurde aufgefordert, bei dem angegebenen Arbeitgeber vorzusprechen. Das Schreiben enthielt eine Rechtsfolgenbelehrung, wonach das Arbeitslosengeld II in einer ersten Stufe um 30% der Regelleistung abgesenkt werde, wenn er nicht bereit sei, die angebotene Arbeit, Ausbildung oder Arbeitsgelegenheit aufzunehmen oder fortzuführen oder eine zumutbare Arbeit nach § 16 Abs. 3 Satz 2 SGB II auszuführen. Der Antragsteller reagierte nicht und erschien auch nicht zu der vom Antragsgegner auf den 3. April 2006 festgesetzten Erörterung des Ergebnisses des Vermittlungsvorschlages.

Durch Bescheide vom 5. April 2006 senkte der Antragsgegner das dem Antragsteller zustehende Arbeitslosengeld II für die Zeit vom 1. Mai 2006 bis 31. Juli 2006 um 30 vom Hundert der Regelleistung, da er das Zustandekommens einer Arbeitsgelegenheit als Hauswirtschaftshelfer vereitelt habe, und um weitere 10 vom Hundert der Regelleistung wegen Nichterscheinens zu dem Meldetermin am 3. April 2006. Der Antragsteller legte Widerspruch ein, mit dem er geltend machte, dass der Vorschlag nicht eine Arbeitsgelegenheit, sondern eine Arbeitsstelle beinhaltet habe. Für diese sei ein Entgelt von 1,50 Euro offenkundig unzumutbar gewesen. Im Übrigen sei das Schreiben unbestimmt und völlig unsubstanziiert gewesen. Für das Versäumen des Termins am 3. April 2006 habe er einen wichtigen Grund, da er am Morgen des Tages die Rettungsstelle der C aufgesucht habe.

Am 25. April 2006 hat der Antragsteller den Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Sozialgericht Berlin beantragt, mit der er die Weiterzahlung der Leistungen in ungekürzter Höhe erreichen will. Der Antragsgegner hat durch Bescheid vom 27. April 2006 die Absenkung der der Regelleistung um 10 vom Hundert wegen Nichterscheinens zum Erörterungstermin zurückgenommen. Im Übrigen hat er den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 25. April 2006 zurückgewiesen. Zur Begründung wird ausgeführt, dass der Antragsteller keine Verbindung mit der ihm in dem Vermittlungsvorschlag genannten Firma aufgenommen und so die Möglichkeit einer Aufnahme der Tätigkeit vereitelt habe. Die angebliche Sittenwidrigkeit der Vergütung stelle keinen wichtigen Grund zur Weigerung dar. Der Antragsteller hat gegen den Widerspruchsbescheid Klage erhoben und im Übrigen vorgetragen, dass er von der Sittenwidrigkeit der angebotenen Beschäftigung ausgegangen sei und sich deswegen nicht um die vom Antragsgegner angebotene Tätigkeit als Hauswirtschaftshelfer gekümmert habe. Im Vermittlungsvorschlag sei von einer Arbeitsstelle die Rede gewesen, ein Lohn von 1,50 Euro pro Stunde ...

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