Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Leistungsausschluss. Berufsausbildungsbeihilfeanspruch. Ausnahmeregelung. Arbeitslosengeld II. Förderungsfähigkeit einer Ausbildung. Abgrenzung berufsqualifizierender Abschluss – weiterführender Schulabschluss

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Auslegung der Ausnahmereglungen in § 7 Abs 6 Nr 1 und Nr 2 SGB 2.

 

Normenkette

SGG § 7 Abs. 6 Nrn. 1-2; BAföG § 2 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 1a

 

Tenor

Die Beschwerden gegen die Beschlüsse des Sozialgerichts Berlin vom 21. November 2007 werden zurückgewiesen.

Kosten für die Beschwerdeverfahren sind nicht zu erstatten.

Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

 

Gründe

I.

Die in B lebende, im J 1982 geborene Antragstellerin, deren Eltern in G/Niedersachsen wohnen, hat zum 27. August 2007 ein Vollzeitstudium an der 1. Staatlichen Fachschule für Sozialpädagogik B aufgenommen, das voraussichtlich im Juli 2010 endet und ihr einen Berufsabschluss als Erzieherin vermittelt. Sie hat eine Berufsausbildung bislang nicht abgeschlossen und ein Hochschulstudium nach 12 Semestern abgebrochen. Sie erhält Kindergeld in Höhe von 154 Euro. Weitere Einnahmen sind nicht ersichtlich. Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) sind abgelehnt worden, weil für den Abbruch des Studiums kein wichtiger Grund nach § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BAföG vorgelegen habe (Bescheid des Landkreises G vom 7. August 2007).

Ihr Antrag auf Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) vom 13. August 2007 blieb ohne Erfolg (Bescheid vom 4. September 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. September 2007); das gegen diese Entscheidungen des Antragsgegners gerichtete Klageverfahren ist noch beim Sozialgericht (SG) Berlin anhängig.

Die Antragstellerin hat beim SG Berlin einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt mit dem Ziel, ihr während der schulischen Ausbildung für die Dauer ihrer Hilfebedürftigkeit vorläufig Leistungen nach dem SGB II zu gewähren. Zudem hat sie Prozesskostenhilfe für dieses Antragsverfahren beantragt. Beide Anträge sind ohne Erfolg geblieben (Beschluss des SG Berlin vom 21. November 2007). Das SG hat im Einzelnen ausgeführt, dass ein Anordnungsanspruch im Sinne des § 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und damit eine Erfolgaussicht im Sinne der Vorschriften über die Prozesskostenhilfegewährung nicht bestehen. Die Antragstellerin werde vom Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II erfasst, so dass sie keine Leistungen nach dem SGB II erhalten könne. Ein Fall besonderer Härte nach Satz 2 der Vorschrift liege nicht vor. Sämtlichen Ausnahmeregelungen des § 7 Abs. 6 SGB II sei gemein, dass der Auszubildende im Haushalt der Eltern leben müsse, so dass sie ebenfalls nicht zur Anwendung kämen.

Mit den hiergegen gerichteten Beschwerden macht die Antragstellerin geltend, sie könne auch für den hypothetischen Fall, dass sie die persönlichen Förderungsvoraussetzungen erfülle, Leistungen nach dem BAföG nur auf Grundlage des § 12 Abs. 1 Nr. 1 BAföG (Leistungssatz in Höhe von 192,- Euro) beziehen. Eine entsprechende Bemessung würde auch diejenigen Auszubildenden treffen, die zwar nicht bei den Eltern wohnten, denen aber nach den Grundsätzen des § 2 Abs. 1 a BAföG ein Wohnen bei den Eltern zugemutet würde. Dies sei bei ihr der Fall, so dass sie die Voraussetzungen für eine höhere Unterstützung wegen § 12 Abs. 2 Satz 2 BAföG nicht erfülle. Wie bei Anwendung der Ausnahmeregelung des § 7 Abs. 6 Nr. 1 SGB II komme es nicht darauf an, dass BAföG (auch) aus Gründen, die in ihrer Person lägen, abgelehnt worden sei und ein Härtefall nach § 7 Abs. 5 SGB II nicht vorliege. Ein Verständnis dahin, dass es im Anwendungsbereich des § 7 Abs. 6 Nr. 2 SGB II anders als bei §7 Abs. 6 Nr. 1 SGB II auf den tatsächlichen Bezug von Leistungen nach dem BAföG ankomme, widerspreche dem Gleichheitsgrundsatz.

II.

Die Beschwerden, denen das SG nicht abgeholfen hat (§ 174 Sozialgerichtsgesetz [SGG]), sind zulässig (§§ 172, 173 SGG) aber unbegründet.

Der Senat nimmt zunächst Bezug auf die Gründe der angefochtene Entscheidung des Sozialgerichts, denen er sich nach eigener Überprüfung und Überzeugungsbildung in vollem Umfang anschließt (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG). Insbesondere zur Reichweite und Sinn und Zweck des Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 5 SGB II hat die Antragstellerin nichts vorgetragen, was gegen die Entscheidung des SG sprechen könnte. Es liegt entgegen ihrer Auffassung auch ein Ausnahmefall nach § 7 Abs. 6 SGB II nicht vor, der einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II begründen könnte.

§ 7 Abs. 6 Nr. 1 SGB II nimmt die Fälle in Bezug, in denen auf Grund von § 2 Abs. 1 a BAföG kein Anspruch auf Ausbildungsförderung besteht. Ein solcher Fall liegt nicht vor, denn bei der von der Antragstellerin besuchten Fachschule handelt es sich nicht um eine Fachschule im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 BAföG, was sie selbst einräumt. § 7 Abs. 6 Nr. 1 SGB II privilegiert lediglich Schüler einer...

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