Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozesskostenhilfe für eine Entschädigungsklage. keine hinreichende Erfolgsaussicht. überlanges Gerichtsverfahren. unangemessene Dauer. instanzenübergreifende Gesamtbetrachtung. Schwierigkeit und Bedeutung. Verneinung der Bedeutung bei offensichtlichem Fehlen von Erfolgsaussichten. Bejahung besonderer Komplexität bei vielen voneinander abzugrenzenden Streitgegenständen. unzureichende Eingrenzung und verzögerndes Prozessverhalten durch den Kläger. Verzögerungsrüge

 

Leitsatz (amtlich)

Die angemessene Dauer des Ausgangsverfahrens richtet sich nach dem Einzelfall. Bezugspunkt ist dabei das Gesamtverfahren (jedenfalls soweit es in die Haftungsverantwortung des in Anspruch genommen Rechtsträgers fällt).

Für die Frage der Bedeutung des Ausgangsverfahrens ist die Sicht eines verständigen Betroffenen maßgeblich.

Hat eine Klage offensichtlich keine Erfolgsaussichten, kann dem Ausgangsverfahren - unabhängig davon, welcher Anspruch verfolgt wird - keine Bedeutung zugesprochen werden.

Bescheidet eine im Ausgangsverfahren beklagte Behörde auf eine Untätigkeitsklage hin einen noch offenen Antrag oder Widerspruch zügig, lehnt der Kläger jedoch die Abgabe einer verfahrensbeendenden Erklärung ab, kann die Sache im Rahmen des Entschädigungsverfahrens keine besondere Bedeutung beigemessen werden, und dies unabhängig davon, was Inhalt des Antrages oder Widerspruchs war.

Komplexität der Sache ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn diverse nicht zusammenhängende Streitgegenstände zusammen anhängig gemacht werden, durch den Kläger eine nur unzureichende Eingrenzung erfolgt und sein Klageverhalten im Allgemeinen Überprüfungen auf doppelte Rechtshängigkeit erfordert.

 

Normenkette

GVG § 198; SGG § 73a; ZPO § 114

 

Tenor

Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

 

Gründe

I.

Der Kläger begehrt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Klage, die auf Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 3.100,00 € wegen überlanger Dauer eines vor dem Sozialgericht Berlin zuletzt unter dem Aktenzeichen S 200 AS 24154/09 geführten und inzwischen beim Landessozialgericht Berlin-Brandenburg unter dem Aktenzeichen L 5 AS 2543/12 anhängigen Verfahrens gerichtet ist. Dem Ausgangsverfahren liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Kläger bezieht seit 2005 Leistungen zur Grundsicherung nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) vom Jobcenter Berlin-Lichtenberg. Im März 2009 beantragte er dort die Gewährung eines Zuschusses zu den Fahrtkosten bzw. die Erstattung der Fahrtkosten zur Teilnahme an einer auf den 24. März 2009 anberaumten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Frankfurt/Main, in der es um die Feststellung seiner Eignung für die Zulassung als Energieberater ging. Weiter begehrte er eine Entschädigung für den Zeitaufwand und machte geltend, dass die Kosten für die Vorbereitung einer Existenzgründung entstünden. Mit Bescheid vom 09. April 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juni 2009 (W /09) lehnte das Jobcenter die Gewährung der begehrten Leistungen ab.

Mit Bescheid vom 15. Mai 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17. Juli 2009 (W /09) lehnte das Jobcenter die Erstattung von Fahrtkosten in Höhe von 12,60 €, die dem Kläger angeblich anlässlich der Teilnahme an den Berliner Energietagen vom 04. bis zum 06. Mai 2009 entstanden waren, ab.

Am 27. Juli 2009 erhob der Kläger daraufhin vor dem Sozialgericht Berlin Klage gegen die beiden vorgenannten Widerspruchsbescheide, die zunächst unter dem Aktenzeichen S 137 AS 24154/09 registriert wurde. Mit Blick auf den erstgenannten Widerspruchsbescheid machte der Kläger, der - seinen Ausführungen im Widerspruchsverfahren zufolge - tatsächlich nicht an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hatte, geltend, dass Kosten in Höhe von 234,80 € für Fahrkarten und 432,00 € für den Zeitaufwand anzusetzen seien. Weiter rügte er mit seiner Klage die Untätigkeit des Jobcenters im Hinblick auf die Bescheidung seiner im Schriftsatz vom 15. Januar 2009 aufgeführten - dreizehn - Anträge bzw. Widersprüche. Ferner begehrte er unter Bezugnahme auf zwölf Eilanträge und unter Benennung zahlreicher Aktenzeichen des Sozialgerichts Berlin und des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg "endgültige Klärung über alle Inhalte & Kosten seiner Eilanträge", da bisher nur eine vorläufige, nicht aber eine endgültige Klärung herbeigeführt sei.

Unter dem 31. Juli 2009 forderte der Kammervorsitzende zum einen den damaligen Beklagten zur Erwiderung und Aktenübersendung auf, zum anderen bestätigte er den Eingang der Sache und bat den Kläger unter Fristsetzung bis zum 24. August 2009 einige seiner Anträge kurz zu erläutern. Mit am 24. August 2009 eingegangenem Schriftsatz erklärte der Kläger, dass er die Aufforderung als Beleidigung, Unterlassung von Diensthandlungen und als Wucher im schweren Falle werte und es weitere Erläuterungen nur bei einem Kostenvorschuss von 100,00 € gebe. Unter dem 02. und 23. Oktober sowie 13. November 2009 wurde der damalige Beklagte erinne...

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