Entscheidungsstichwort (Thema)

Versagung von Prozesskostenhilfe im gerichtskostenfreien Verfahren bei fehlender Benennung eines beizuordnenden Rechtsanwalts

 

Orientierungssatz

In Verfahren, in denen Gerichtskosten nicht erhoben werden, ist ausschließliches Ziel des Antrags auf Bewilligung von PKH die Beiordnung eines Rechtsanwalts. Wegen der Gerichtskostenfreiheit entstehen dem Antragsteller Kosten der Prozessführung in der Regel nur in Form der Anwaltskosten. Hat der Verfahrensbeteiligte einen beizuordnenden Anwalt noch nicht benannt, so sind ihm Kosten der Prozessführung noch nicht entstanden, noch drohen sie ihm. Infolgedessen ist der Antrag auf Bewilligung ohne Beiordnung eines Rechtsanwalts - sog. Blanko-PKH-Bewilligung - in einem solchen Verfahren zurückzuweisen.

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 4. Juni 2013 wird zurückgewiesen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Die form- und fristgerecht erhobene Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Berlin vom 4. Juni 2013 (zugestellt am 12. Juni 2013) über die Ablehnung des Antrags vom 9. April 2013 auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das Klageverfahren ist nicht begründet.

Der Antrag auf Bewilligung von PKH ohne Beiordnung eines Rechtsanwalts hat keinen Erfolg. Der Kläger begehrt eine “Blanko-PKH-Bewilligung„ (siehe Seite 3 der Beschwerdeschrift).

Gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 114 ff Zivilprozessordnung (ZPO) ist PKH zu gewähren, wenn ein Beteiligter eines Rechtsstreits nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann und die Rechtsverfolgung hinreichend Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Hiervon ausgehend kommt eine Bewilligung von PKH ohne Beiordnung eines Rechtsanwalts nicht in Betracht. Denn in Verfahren, in denen Gerichtskosten nicht erhoben werden, ist ausschließliches Ziel des Antrags auf Bewilligung von PKH die Beiordnung eines Rechtsanwalts (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, § 73a Rn. 9). Wegen der Gerichtskostenfreiheit (§ 183 Satz 1 SGG) entstehen dem PKH beantragenden Leistungsempfänger Kosten der Prozessführung in der Regel nur in Form der Anwaltskosten (vgl. Sächsisches LSG, Beschluss vom 16. März 2009, L 7 AS 63/09 B-ER; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 17. November 2008, L 7 AS 2588/08 B PKH; beide juris). Da der Kläger bisher weder einen Bevollmächtigten beauftragt, noch einen beizuordnenden Rechtsanwalt benannt oder einen Antrag nach § 73a Abs. 1 Satz 2 SGG (Auswahl des beizuordnenden Rechtsanwalts durch das Gericht) gestellt hat, sind ihm Kosten der Prozessführung bislang weder entstanden noch drohen sie auch nur. In dieser Situation ist die Bewilligung von PKH ohne Beiordnung eines Rechtsanwalts weder geboten noch erforderlich. Insbesondere liegt kein Verstoß gegen das Gebot effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (dazu BVerfG, Beschluss vom 9. September 2013, 2 BvR 533/13, juris) vor. Denn dem Kläger steht es frei, jederzeit einen neuen Antrag auf Bewilligung von PKH unter Beiordnung eines von ihm benannten Rechtsanwalts oder eines vom Gericht auszuwählenden Rechtsanwalts zu stellen. Eine vorherige Beauftragung des Rechtsanwalts ist dazu nicht erforderlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG, 127 Abs. 4 ZPO.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht (BSG) angefochten werden (§ 177 SGG). Eine Zulassung der Beschwerde an das BSG (siehe Beschwerdeschrift aE) sieht die Prozessordnung in PKH-Beschwerdeverfahren nicht vor. Lediglich ergänzend sei angemerkt, dass der Senat nicht von der vom Kläger zitierten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 28. Januar 2004, 6 PKH 15/03, juris) abweicht. In dieser Entscheidung werden die aus § 183 Satz 1 SGG resultierenden Besonderheiten für das sozialgerichtliche Verfahren nicht berücksichtigt.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI6428301

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