Entscheidungsstichwort (Thema)

Isolierte Beschwerde gegen Kostenentscheidung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren. Rechtsschutzinteresse. Prozesskostenhilfe. Hinreichende Erfolgsaussicht

 

Leitsatz (redaktionell)

§ 144 Abs. 4 SGG gilt im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entsprechend.

 

Orientierungssatz

1. Wird im Beschwerdeschriftsatz die Hauptsache (hier: Herstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen einen Erstattungsbescheid im Rahmen des SGB 2) für erledigt erklärt, so ist die Beschwerde bezüglich der Kostenentscheidung unzulässig, weil es hierfür am Rechtsschutzinteresse fehlt.

2. Die isolierte Beschwerde gegen die Kostenentscheidung in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren ist entsprechend § 144 Abs. 4 SGG unstatthaft, obwohl diese Vorschrift in § 142 SGG, der die entsprechende Anwendung von Vorschriften für Beschlüsse regelt, nicht ausdrücklich aufgeführt ist.

3. Für das Gesuch auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für ein Verfahren auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs fehlt es am Rechtsschutzbedürfnis, wenn der Antragsgegner (hier: Job Center) zum Ausdruck gebracht hat, er gehe von der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs aus.

 

Normenkette

SGG §§ 73a, 183; ZPO § 114 S. 1

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 31. Juli 2007 wird als unzulässig verworfen, soweit sie sich gegen die Ablehnung des Antrages auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes und gegen den Kostentenor richtet. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten für das Beschwerdeverfahren sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 31. Juli 2007, mit dem das Gericht den Antrag der Antragstellerin vom 27. Juli 2007 abgelehnt hat, festzustellen, dass ihr Widerspruch vom 21. Juni 2007 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 15. Juni 2007 aufschiebende Wirkung hat, war zu verwerfen, weil sie nicht zulässig ist. Die Antragstellerin hat in ihrem Beschwerdeschriftsatz vom 5. September 2007 “die Hauptsache für erledigt erklärt„ und beantragt, über die Kosten zu entscheiden. Mit diesem Vorbringen hat sie zu erkennen gegeben, dass sie in der Sache keine Entscheidung des Gerichts mehr begehrt, sie also kein Rechtsschutzinteresse mehr an der weiteren Rechtsverfolgung hat. Dieses Rechtsschutzbedürfnis ist aber Voraussetzung einer Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫, 8. Auflage 2005, Vor § 51 RdNr. 16 ff.).

Das bloße Interesse der unterlegenen Partei an einer Änderung der für sie ungünstigen Kostenentscheidung kann in einem solchen Fall die weitere Inanspruchnahme der Gerichte regelmäßig nicht rechtfertigen (Urteil des Bundessozialgerichts ≪BSG≫ vom 21. Juni 1995 SozR 3-1500 § 131 Nr. 5 m. w. N.; a. A. Meyer-Ladewig in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a. a. O., Vor § 172 Rdnr. 6 und Vor § 143 Rdnr. 10a m. w. Nachw.). Der Senat folgt dieser Rechtsprechung (so bereits Beschluss des Senats vom 2. August 2007 - L 28 B 552/07 AS ER -, abrufbar unter www.sozialgerichtsbarkeit.de), so dass nicht entschieden werden musste, ob der Verfahrensweise der Antragstellerin, Rechtsmittel mit dem Ziel einzulegen, eine (übereinstimmende) Erledigungserklärung in nächster Instanz abzugeben und so eine Kostenentscheidung des Landessozialgerichts herbeizuführen (vgl. Meyer-Ladewig a .a. O.), die Rechtsprechung des 7 a. Senats des BSG entgegensteht, wonach die (einseitige) Erledigungserklärung dann, wenn - wie hier - entweder die Antragstellerin oder der Antragsgegner zum Kreis des § 183 SGG gehören, stets wie eine Klagerücknahme (bzw. eine Antragsrücknahme) anzusehen ist (vgl. Beschluss des BSG vom 29. Dezember 2005 - B 7 a AL 192/05 B -, zitiert nach juris, dort RdNr. 7).

Soweit die Beschwerde als isolierte Beschwerde gegen die Kostenentscheidung des Sozialgerichts zu verstehen ist, ist sie in entsprechender Anwendung des § 144 Abs. 4 SGG ebenfalls unstatthaft. Die Vorschrift gehört zwar nicht zu den Vorschriften, die in § 142 Abs. 1 SGG genannt sind und danach direkt auf Beschlüsse angewendet werden können. § 142 Abs. 1 SGG gibt indessen ebenso wie die entsprechenden Vorschriften in den anderen Verfahrensordnungen keine vollständige Aufzählung der auf Beschlüsse anwendbaren Vorschriften (vgl. Meyer-Ladewig, a. a. O., § 142 Rdnr. 3). Je nach Art der Beschlüsse kommen unterschiedliche Vorschriften in Betracht. Für Beschlüsse, die in ihrer Bedeutung den Urteilen nahe kommen, wie Beschlüsse über Anträge in einstweiligen Rechtsschutzverfahren, hält es der Senat für sachgerecht, auch § 144 Abs. 4 SGG entsprechend anzuwenden. Es handelt sich um ein dem Urteilsverfahren ähnliches Erkenntnisverfahren, in dem “zu einer Hauptsache„ (die in der Regelung des vorläufigen Zustandes besteht) endgültig durch eine (eingeschränkt) der Rechtskraft fähigen Entscheidung entschieden wird. Diese Nähe zum Urteilsverfahren r...

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