Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsschutzbedürfnis einer Untätigkeitsbeschwerde als außergesetzlichem Rechtsbehelf gegen überlanges Verfahren. soziales Entschädigungsrecht. In-Kraft-Treten des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren

 

Orientierungssatz

Mit den Bestimmungen des GVG der §§ 198 bis 201 zum Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren wird dem Gebot des effektiven Rechtsschutzes gegen eine überlange Verfahrensdauer hinreichend Rechnung getragen, sodass eine Untätigkeitsbeschwerde mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig ist.

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Die Beschwerde des Klägers vom 2. April 2012, mit der er eine Untätigkeit des Sozialgerichts im Hinblick auf sein auf die Gewährung von Versorgungsleistungen nach §§ 30, 31 des Bundesversorgungsgesetzes gerichtetes Klagebegehren geltend macht, ist unzulässig. Dabei kann dahinstehen, ob eine Untätigkeitsbeschwerde, die weder das Sozialgerichtsgesetz (SGG) noch die Prozessordnungen der anderen Fachgerichtsbarkeiten und der ordentlichen Gerichtsbarkeit vorsehen, als außergesetzlicher Rechtsbehelf überhaupt statthaft sein kann (vgl. dazu u. a. Landessozialgericht - LSG - Baden-Württemberg, Beschluss vom 30. April 2012 - L 11 KR 1687/12 B - m. w. N., juris). Denn der Untätigkeitsbeschwerde fehlt jedenfalls das Rechtsschutzbedürfnis. Mit dem am 3. Dezember 2011 in Kraft getretenen Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren vom 24. November 2011 (BGBl. I Seite 2302) hat der Gesetzgeber das Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) geändert und diesem Gesetz den Siebzehnten Titel “Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren„ mit den §§ 198 bis 201 GVG neu angefügt (Artikel 1 des Gesetzes). Mit diesen Regelungen, die in der Sozialgerichtsbarkeit gemäß § 202 SGG in der Fassung von Artikel 7 Nr. 6 des Gesetzes vom 24. November 2011 entsprechend anzuwenden sind, wird eine Anspruchsgrundlage für die Geltendmachung eines Entschädigungsanspruchs wegen unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens oder strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens unter Normierung der tatbestandlichen Voraussetzungen geschaffen. Mit diesen Regelungen soll der Rechtsschutz bei überlanger Verfahrensdauer einheitlich und ausschließlich durch einen außerhalb des Ausgangsverfahrens zu verfolgenden Anspruch gewährt werden (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 1. Februar 2012 - L 19 AS 111/12 B -; Kammergericht Berlin, Beschluss vom 15. März 2012 - 8 W 17/12 -, juris; Gesetzesbegründung, Bundestags-Drucksache 17/3802 Seite 15 f.). Damit wird dem Gebot des effektiven Rechtsschutzes gegen eine überlange Verfahrensdauer hinreichend Rechnung getragen, sodass es insoweit jedenfalls nunmehr einer Untätigkeitsbeschwerde nicht mehr bedarf.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG analog.

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI3447173

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