Entscheidungsstichwort (Thema)

Auferlegung von Verschuldenskosten ausschließlich Beteiligten des sozialgerichtlichen Verfahrens

 

Orientierungssatz

1. Eine vom Sozialgericht nach § 192 SGG festgesetzte Missbrauchsgebühr ist Bestandteil der Kostenentscheidung. Sie kann nicht isoliert mit der Berufung oder mit der Beschwerde angefochten werden. Dies gilt dann nicht, wenn das Gericht durch einen gesonderten Beschluss Kosten nach § 192 SGG auferlegt hat.

2. Nach § 192 Abs. 1 S. 1 SGG können einem Beteiligten des Verfahrens Verschuldenskosten auferlegt werden. Bei der Regelung in § 192 Abs. 1 S. 2 SGG handelt es sich um eine Zurechnungsvorschrift für das tatbestandlich geforderte Verhalten eines Beteiligten.

3. Wer Beteiligter eines sozialgerichtlichen Verfahrens ist, regelt § 69 SGG abschließend. Zu den dort genannten Personen gehört der gesetzliche Vertreter eines Klägers bzw. Antragstellers nicht. Diesem können infolgedessen Verschuldenskosten nach § 192 SGG nicht auferlegt werden.

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 8. Juli 2019 insoweit aufgehoben, als mit diesem dem Beschwerdeführer Verschuldenskosten nach § 192 Sozialgerichtsgesetz auferlegt worden sind.

Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeführers hat die Staatskasse zu erstatten.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 150,00 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I.

Der Beschwerdeführer, gesetzlicher Vertreter der Antragstellerin, wendet sich gegen die Auferlegung von Verschuldenskosten.

Der Beschwerdeführer hat am 30. April 2019 als gesetzlicher Vertreter der Antragstellerin für diese beim Sozialgericht beantragt, den Antragsgegner im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der Antragstellerin Leistungen für die Teilnahme an einer Klassenfahrt in Höhe von 223,00 Euro zu zahlen. Mit Bescheid vom 14. Mai 2019 hat der Antragsgegner (nach bereits geleisteter Anzahlung in Höhe von 100,00 Euro durch die Antragstellerin) noch einen „Restbetrag“ von 50,00 Euro bewilligt und zur Auszahlung angewiesen und weiter verfügt, dass die bereits gezahlte Anzahlung in Höhe von 100,00 Euro nach Vorlage einer einzuholenden Stellungnahme angewiesen werde. Auf Anregung des Gerichts hat der Antragsgegner mit Bescheid vom 28. Mai 2019 weiteren 28,00 Euro für Fahrtkosten gewährt. Die Antragstellerin hat in der Folge über ihren gesetzlichen Vertreter einen weiterhin ungedeckten Bedarf in Höhe von 45,00 Euro für Verpflegung und in Höhe weiterer 100,00 Euro geltend gemacht.

Der Beschwerdeführer ist mit Schreiben des Kammervorsitzenden vom 20. Juni 2019 darauf hingewiesen worden, dass ein Festhalten an dem Rechtsschutzantrag mutwillig im Sinne des § 192 Abs. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG - sei und bei einem Festhalten an dem Antrag die Verhängung von Verschuldenskosten in Höhe von mindestens 184,00 Euro in Betracht komme.

Mit Beschluss vom 8. Juli 2019, der Antragstellerin über den Beschwerdeführer am 13. Juli 2019 zugestellt, hat das Sozialgericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt und dem Beschwerdeführer als gesetzlichem Vertreter der Antragstellerin Verschuldenskosten in Höhe von 150,00 Euro auferlegt.

Am 14. Juli 2019 hat der Beschwerdeführer Beschwerde gegen die Auferlegung von „Mutwillenskosten“ eingelegt und auf eine Erklärung vom 5. Juli 2019 verwiesen, aus der hervorgehe, dass der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht habe weiterverfolgt werden sollen. Das Faxschreiben sei am 5. Juli 2019 nicht erfolgreich, jedoch am 9. Juli 2019 dem Sozialgericht erfolgreich zugestellt worden. Die technisch bedingte Zustellungsverzögerung sei ihm nicht bekannt gewesen.

Der Beschwerdeführer beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 8. Juli 2019 insoweit aufzuheben, als ihm mit diesem Kosten nach § 192 Sozialgerichtsgesetz auferlegt worden sind.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte verwiesen, der bei der Entscheidung des Senats vorgelegen hat.

II.

Die Beschwerde des Beschwerdeführers ist zulässig.

Zwar ist grundsätzlich eine vom Sozialgericht auferlegte Missbrauchsgebühr Bestandteil der Kostenentscheidung, die nicht isoliert mit der Berufung oder mit der Beschwerde anfechtbar ist (vgl. BSG v. 19.10.2017 - B 3 KR 4/17 B - juris, m.w.N.). Ob in entsprechender Anwendung des § 144 Abs. 4 SGG auch eine isolierte Beschwerde gegen die Auferlegung von Kosten nach § 192 Abs. 1 Satz 1 SGG im einstweiligen Rechtsschutzverfahren generell ausgeschlossen ist, kann vorliegend dahinstehen (vgl. zum Meinungsstand: LSG Niedersachsen-Bremen v. 05.01.2016 - L 11 AS 1724/15 B ER - juris; LSG Sachsen v. 21.01.2013 - L 7 AS 413/12 B - juris; B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage 2017, § 192, Rn. 21; Krauß in Roos/Wahrendorf, SGG, § 192, Rn. 63; Breitkreuz in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Auflage 2014, § 192, Rn. 13; Lowe in Hintz/Lowe, SGG, § 192, Rn. 29). Jedenfalls dann, wenn d...

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