Entscheidungsstichwort (Thema)

Soziales Entschädigungsrecht. Hinterbliebenenversorgung. Schadensausgleich. Berechnung der Ausgleichsrente. Einkommensanrechnung. Abzug von pauschalierten Werbungskosten bei Mieteinnahmen. Brutto-Berechnung. Günstigerprüfung. Stichtagsregelung. Verfassungsmäßigkeit. sechsmonatige Hilfebedürftigkeit vor dem Tod. Pflegezulage nach Stufe III. Erforderlichkeit einer Antragstellung zu Lebzeiten. Härteregelung. Erforderlichkeit eines besonderen Pflegeeinsatzes über einen längeren Zeitraum

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Stichtagsregelung des § 40a Abs 5 S 1 BVG ist verfassungsgemäß.

2. Die Gewährung einer Pflegezulage setzt voraus, dass nicht nur die tatbestandlichen Voraussetzungen dafür vorliegen, sondern auch ein entsprechender Antrag gestellt wird.

 

Orientierungssatz

1. Dass nach § 12 Abs 1 S 3 AusglV von den Mieteinnahmen nicht die tatsächlichen Werbungskosten, sondern aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität eine 50%ige Pauschale abzusetzen ist, entspricht der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage der AusglV in § 33 Abs 6 S 1 BVG und ist auch verfassungsgemäß (siehe LSG Stuttgart vom 19.4.2012 - L 6 VS 3196/09).

2. Allein das Vorliegen einer mindestens sechsmonatigen Hilfebedürftigkeit des Beschädigten vor seinem Tod reicht nicht aus, um nach § 89 BVG iVm § 43a Abs 3 BVG einen besonderen Härteausgleich für den Hinterbliebenen gewähren zu können. Vielmehr ist erforderlich, dass sich der Hinterbliebene durch ein langes, schweres Krankenlager des Beschädigten und dem dadurch verursachten besonderen Einsatz regelmäßig über einen längeren Zeitraum hinweg bei der außergewöhnlichen Pflege aufgeopfert hat (Abgrenzung zu BSG vom 2.10.1975 - 10 RV 145/75).

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 31. Mai 2011 wird zurückgewiesen.

Die Klagen gegen die Änderungs- und Anpassungs-Bescheide des Beklagten vom 29. Juni 2009, 8. Juni 2010, 20. Juni 2011, 20. Juni 2012, 20. Juni 2013 und 23. Januar 2014 werden abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten der Klägerin sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die am … 1948 geborene Klägerin ist die Witwe des verstorbenen Wehrdienstbeschädigten und begehrt die Gewährung höherer Ausgleichsrente sowie höheren Schadensausgleichs.

Der Wehrdienstbeschädigte erhielt vom Beklagten seit 01.03.1998 Leistungen wegen radarbedingter Gesundheitsschäden.

Beim Wehrdienstbeschädigten wurde am 05.09.2007, nachdem zunächst im Rahmen einer Anschlussheilbehandlung der Verdacht auf einen Schub einer Transplantat-Gegen-Wirt-Reaktion der Leber geäußert worden war, mittels einer explorativen Laparatomie und histologisch ein ausgedehntes inoperatives Pankreaskopfkarzinom festgestellt. Der postoperative Verlauf war unauffällig (Befundbericht des Prof. Dr. K., Ärztlicher Direktor am Universitätsklinikum T.). Es wurde sodann operativ eine palliative Gastroenterostomie durchgeführt und eine palliative Chemotherapie begonnen. Im Rahmen eines Neufeststellungsverfahrens holte der Beklagte das aufgrund einer am 15.11.2007 erfolgten ambulanten Untersuchung des Wehrdienstbeschädigten und am 07.12.2007 erstattete Gutachten des Arztes für Innere Medizin, Hämatologie und Internistische Onkologie PD Dr. V. ein. Im Rahmen der Anamneseerhebung klagte der Wehrdienstbeschädigte über Rückenschmerzen, seit der explorativen Laparatomie aufgetretene starke Probleme im Darm sowie Einschlafstörungen und zeigte sich durch die Diagnose des Pankreaskarzinoms und die eingeschränkten therapeutischen Möglichkeiten bedrückt, berichtete aber über einen guten Appetit bei einem Gewichtsverlust von 11 Kilogramm seit Juli 2007. Der Sachverständige beschrieb einen mittleren Allgemeinzustand und guten Ernährungszustand. Am 11.01.2008 teilte Dr. G.-B. telefonisch einen sehr schlechten Allgemeinzustand mit, da die Chemotherapie keinen Effekt gezeigt habe.

Mit Bescheid vom 22.04.2008 stellte der Beklagte als Schädigungsfolgen eine akute myeloische Leukämie im Zustand der kompletten Remission mit allogener Stammzelltransplantation nach Heilungsbewährung mit chronischen Abstoßreaktionen der Haut und an den Schleimhäuten und Sicca-Symptomatik, eine chronische Niereninsuffizienz, implantierte Hinterkammerlinsen an beiden Augen, eine belastungsabhängige Muskelschwäche, rezidivierende Muskelkrämpfe bei erniedrigtem Magnesiumspiegel, eine sensible Polyneuropathie, eine Post-Förster-Neuralgie seit 01.04.2003, eine Funktionsbehinderung beider Hüftgelenke nach Hüftkopfnekrose mit nachfolgender Hüftgelenkstotalendoprothesen-Implantation, einen Diabetes mellitus seit 01.01.2007, einen Bluthochdruck, eine Arthritis der Knie-, Hand- und Fingergelenke sowie eine Erkrankung der Bauchspeicheldrüse seit 01.09.2007 fest und bewilligte Grundrente nach einem Grad der Schädigungsfolgen (GdS) von 100 in Höhe von 624,00 €, Schwerstbeschädigtenzulage nach Stufe VI in Höhe von 444,00 €, Ausgleichsrente in Höhe von 197,00 €, Ehegattenzuschlag in Höhe von 68,00 € sowie Berufsschadensausgleich in Höhe von 1.955,00 €.

Am 15.05.2008 ...

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